Religion

»Das Maximum geben«

Rabbiner Avichai Apel Foto: Marco Limberg

Rabbiner Apel, Schawuot war das erste große Fest, an dem Synagogen in Deutschland wieder geöffnet waren. Wie sind die G’ttesdienste verlaufen?
In Frankfurt hat der Tikkun, das gemeinsame Lernen, nicht die ganze Nacht gedauert, weil wir auf eine Mahlzeit und den gemeinsamen Kaffee verzichten mussten. Eis gab es nur aus der Packung, wir hatten keine Veranstaltung für Kinder und haben schon um 23 Uhr Schluss gemacht. Trotzdem haben wir Tora gelernt. Wir versuchen, unser Maximum zu geben und dennoch dafür zu sorgen, dass die Menschen gesund bleiben. Wir Rabbiner der Orthodoxen Rabbinerkonferenz waren auch froh, zu sehen, dass wir in der Nacht vor Schawuot mit 13 Online-Schiurim etwa 260 Personen erreicht haben. Viele sind durstig nach Lehre und Tradition. Leider gab es dieses Jahr nicht überall Lernmöglichkeiten.

In den USA werden zahlreiche Gebete und Minjamin wegen der Pandemie im Freien anstatt in den Synagogen organisiert. Sollten wir uns daran ein Beispiel nehmen?
Wir Rabbiner in Deutschland stehen in engem Austausch mit unseren Kollegen in den USA, aber zum Glück ist bei uns die Situation nicht so schlimm wie dort, wo die Rabbiner ständig mit Beerdigungen zu tun haben. In Deutschland ist, G’tt sei Dank, alles sicherer und disziplinierter. Deshalb sehe ich hier keine zwingende Notwendigkeit, genauso vorzugehen.

Infolge eines G’ttesdienstes in einer Frankfurter Baptistengemeinde gab es mehr als 200 Corona-Infizierte. Wie können wir dies in Synagogen vermeiden?
In der Frankfurter Westend-Synagoge tragen alle Beter freiwillig ihre Masken, und wir verzichten komplett auf Gesang. Sogar der Kantor darf nicht singen, und er steht weit entfernt von den Betern.

Haben Sie schon Planungen für Rosch Haschana und Jom Kippur?
Wir fangen jetzt nach Schawuot mit den Vorbereitungen an. Wir hoffen, dass die Gebete nicht nur in den Synagogen stattfinden werden, sondern auch in weiteren Sälen der Gemeinde, damit unter Wahrung der Abstandsregeln alle Beterinnen und Beter teilnehmen können. An Schawuot reichte die Westend-Synagoge für alle, die kommen wollten, aus. An den Hohen Feiertagen wird das anders sein. Das ist natürlich eine Herausforderung, weil viele an den Hohen Feiertagen ihre angestammten Plätze haben möchten. Manche Menschen sitzen seit 50 Jahren auf demselben Platz. Viele kommen für das pure Gebet, aber viele kommen auch wegen der Tradition. Und wir wollen, dass sich alle auch unter neuen Umständen wohlfühlen.

Kann sich ein Rabbiner in Corona-Zeiten denn freuen, wenn seine Synagoge voll ist?
Ein Rabbiner freut sich, wenn seine Gemeinde an Leib und Seele gesund ist. Und wir tun dafür alles, was wir können.

Mit dem Frankfurter Gemeinderab­biner und Mitglied des Vorstands der
Orthodoxen Rabbinerkonferenz Deutschland (ORD) sprach Ayala Goldmann.

Meinung

Die Kirche schafft sich ab

Jetzt soll ausgerechnet der Antizionismus helfen, den gesellschaftlichen Niedergang der Kirche zu stoppen

von Josias Terschüren  08.07.2025

Nahost

»Öl ins Feuer des anwachsenden Antisemitismus«

Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt wirft der evangelischen Kirche moralisches Versagen vor und kritisiert eine Erklärung des Weltkirchenrats, in der Israel »dämonisiert« werde

 05.07.2025

Chukat

Ein Tier, das Reinheit schafft

Wir können die Mizwa der Roten Kuh nicht verstehen – aber ihre Bedeutung erahnen

von Rabbiner Salomon Almekias-Siegl  04.07.2025

Talmudisches

Die weibliche Idee hinter König David

Was Kabbalisten über Eschet Chajil, die tüchtige Frau, lehren

von Vyacheslav Dobrovych  04.07.2025

Jerusalem

Das falsche Grab

Das Buch der Könige gibt Auskunft darüber, wo David wirklich begraben wurde

von Rabbiner Igor Mendel Itkin  03.07.2025

Interview

»Inhalte statt Konflikte produzieren«

Rabbinerin Elisa Klapheck will in ihrer zweiten Amtszeit als Vorsitzende der Allgemeinen Rabbinerkonferenz zusammenführen

von Mascha Malburg  03.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Essay

Der Weltkirchenrat auf Abwegen

Die Organisation mit mehr als 350 meist protestantischen Kirchen stimmt in den Chor all derer ein, die ein antiisraelisches Lied nach dem anderen singen. Immer lauter. Immer wütender. Immer obsessiver

von Daniel Neumann  29.06.2025

Talmudisches

Beten gegen das Böse

Was unsere Weisen über den freien Willen und moralische Entscheidungen lehrten

von Vyacheslav Dobrovych  27.06.2025