Sachsen

»Zwischen Deutschen und Juden«: Kritik an Kretschmer

Sachsens Regierungschef Michael Kretschmer findet, dass sich einige bei seinem Land entschuldigen müssen. Foto: IMAGO/Metodi Popow

Michael Kretschmer zögerte nicht lange. Die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Leipzig, dass die Ermittlungen im Fall Gil Ofarim jetzt abgeschlossen seien und gegen den deutsch-israelischen Künstler Anklage erhoben werde wegen mutmaßlich falscher Verdächtigungen sowie Verleumdung von Angestellten des »Westin«-Hotels in Leipzig, nahm der sächsische Ministerpräsident zum Anlass, in den sozialen Netzwerken zu reagieren.

Scharf ging der CDU-Politiker mit der Hauptperson des Vorfalls ins Gericht. »Gil Ofarim hat nicht nur den Mitarbeiter, das Hotel, die Stadt und Sachsen in Misskredit gebracht, sondern auch Schaden an der jüdischen Gemeinschaft angerichtet. Das Mindeste, was man nun erwarten kann, ist eine Entschuldigung, auch von denen, die vorschnell ihre Schlüsse gezogen und vorverurteilt haben«, schrieb Kretschmer auf seiner Facebook-Seite.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Jetzt bestehe »die Möglichkeit, dass diejenigen, die da völlig zu Unrecht im Verdacht des Vorwurfes standen, ihre Ehre zurückbekommen können«. Allerdings klangen das Statement und auch Tweets, die der Ministerpräsident am Donnerstag absetzte, selbst wie eine Vorverurteilung.

kritik Und Kretschmer erntete nicht nur deshalb scharfe Kritik, sondern auch, weil er in seiner Reaktion auf den Fall Ofarim zwischen »Deutschen« und »Juden« unterschied. »Das Schlimmste ist, jemanden als Antisemit zu bezeichnen. Dies für Falschaussagen und Verleumdung zu missbrauchen, ist schockierend und zutiefst verachtenswert. In den vergangenen Jahrzehnten ist ein großes Vertrauen zwischen Deutschen und Juden gewachsen. Das war und ist, vor allem mit Blick auf unsere Geschichte, nicht selbstverständlich. Es ist ein hohes und wertvolles Gut, ein Wert, den wir uns nicht zerstören lassen«, so der sächsische Ministerpräsident.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Doch das Kind war da schon in den Brunnen gefallen. Richard C. Schneider fragte Kretschmer auf Twitter: »Lieber Herr Ministerpräsident. Mit Ihren Worten: Juden sind also keine Deutsche. ›Deutsche und Juden‹… wirklich?« Der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume twitterte: »Sehr viele Jüdinnen & Juden in Deutschland sind Deutsche. Wie die meisten Sächsinnen & Sachsen auch. Das Eine schließt das Andere nicht aus.«

TWITTER-REAKTION Der Dresdner Rechtsanwalt und Grünen-Politiker Wolf-Georg Winkler schrieb, ebenfalls auf Twitter: »Jemanden in der Öffentlichkeit der Falschaussage und Verleumdung zu bezichtigen, bevor dieser Vorwurf vor Gericht bewiesen wurde, stellt eine erstaunliche intellektuelle Fehlleistung dar.«

Auch Julian Reichelt, der ehemalige Chefredakteur der »Bild«, kritisierte Kretschmer mit Verweis auf dessen Haltung zu Russland und dem dortigen Staatschef Wladimir Putin scharf. »Angriffskriege in Europa schönreden, mörderische Despoten hofieren und dann in Deutschland zwischen Deutschen und Juden unterscheiden. Kretschmer ist Partei-Vize. Was hat sich da für ein Geist in der CDU-Spitze ausgebreitet?«

KLARSTELLUNG Selbst in den eigenen Reihen erntete der sächsische Ministerpräsident Spott. Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radkte twitterte: »Wenn man sieht, dass Kretschmer trendet, hält man mittlerweile als Christdemokrat die Luft an.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Am Donnerstagabend reagierte Kretschmer auf die Kritik und versuchte, sich auf Twitter zu erklären. »Zur Klarstellung: Deutschland steht zurecht in einer besonderen historischen Verantwortung gegenüber dem jüdischen Volk. Heute gibt es zum Glück wieder ein vielfältiges jüdisches Leben in Deutschland und eine große Zahl deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens.« mth

Den Haag

Erste Entscheidung in Klage gegen Deutschland am Dienstag

Im Verfahren Nicaragua gegen Deutschland will der Internationale Gerichtshof am Dienstag seinen Beschluss zu einstweiligen Maßnahmen verkünden

 26.04.2024

Meinung

Steinmeier auf Kuschelkurs mit einem Terrorfreund

Der Bundespräsident untergräbt mit seiner Schmeichelei gegenüber Recep Tayyip Erdogan einmal mehr Deutschlands Staatsräson

von Nils Kottmann  26.04.2024

Berlin

»Menschen haben nach dem 7. Oktober ihr wahres Gesicht gezeigt«

Ahmad Mansour wundert sich nicht über die Schließung zweier Jugendzentren in Berlin

von Sophie Albers Ben Chamo  26.04.2024

Diplomatie

USA, Großbritannien und Kanada verhängen Sanktionen gegen Iran

Es handelt sich um eine Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel

 26.04.2024

USA

Antiisraelische Proteste an Unis: Abschlussfeier abgesagt

An der Ostküste werden mehr als hundert Festnahmen gemeldet

 26.04.2024

Berlin

Polizei verbietet antiisraelisches »Palästina-Protestcamp«

Die Teilnehmer hätten Straftaten begangen, darunter auch Volksverhetzung, sagt die Polizei

 26.04.2024

Köln

Wallraff-Preis für israelische und palästinensische Initiativen

Mit gemeinsamen Aktionen setzen sich »Women of the Sun« und »Women Wage Peace« für Frieden ein

 26.04.2024

Berlin/Gaza

Brief an Hersh Goldberg-Polin

Lieber Hersh, wir kennen uns nicht – und doch sind unsere Lebenswege verbunden ...

von Ruben Gerczikow  26.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert deutsche UNRWA-Politik

Josef Schuster: »Die Bundesregierung tut sich mit dieser Entscheidung keinen Gefallen«

 26.04.2024