Interview

»Würdig und glaubwürdig«

Dieter Graumann Foto: Das Portrait

Herr Graumann, Sie haben den Bundespräsidenten nach Israel begleitet. Was war für Sie persönlich der Höhepunkt der Reise?
Das war unmittelbar nach der Ankunft in Jerusalem, als er mit mir zum Grab von Ignatz Bubis gefahren ist. Dies war ihm ein besonderes Bedürfnis. Und ich stand dort an der Seite des Bundespräsidenten, Hand in Hand, am Grab meines Mentors und politischen Lehrmeisters. Ein Moment, den ich bestimmt nicht vergessen werde.

Besondere Symbolkraft hatte der Besuch in Yad Vashem. Wie haben Sie den Bundespräsidenten dort erlebt?
Er war sichtlich bewegt und hat ins Gästebuch eingetragen, dass man niemals vergessen dürfe und gleichzeitig immer an Israels Seite stehen müsse. Ich glaube, das ist eine emotionale Aussage, aber durchaus auch eine politische Ansage.

Frühere Bundespräsidenten – beispielsweise Johannes Rau – hatten eine sehr enge Beziehung zum jüdischen Staat. Gilt das auch für Joachim Gauck?
Ich glaube schon. Er hat davon gesprochen, dass ihm der Besuch eine Herzensangelegenheit sei. Der Bundespräsident hat sogar in Yad Vashem Beifall von anderen Besuchern erhalten. Ich habe selten erlebt, dass ein deutscher Repräsentant in Israel so positiv empfangen wurde. Es ist schön, zu sehen, dass er uns würdig und glaubwürdig vertritt. Auch dies ist ein wichtiges Zeichen, dass sich vieles in eine gute Richtung bewegt.

Weniger gut ist die Richtung, in die eine aktuelle Umfrage weist, nach der das Ansehen Israels bei den Deutschen dramatisch gesunken ist. Kann der Besuch die Stimmung positiv beeinflussen?
Das wünsche ich mir sehr. Das Ergebnis der Umfrage stimmt mich natürlich auch traurig. Ich hoffe, der Bundespräsident kann dazu beitragen, das Bild zurechtzurücken. Aber Joachim Gauck ist ein Mensch, dessen Lebensthema die Freiheit ist. Und Israel ist die Oase der Freiheit in der Nahost-Region. Dieser Besuch ist auch eine Gelegenheit, zu vermitteln, dass uns in Deutschland sehr viel mit Israel verbindet – das Wissen von Freiheit sowie die Werte von Toleranz und Demokratie –, und dass das Gemeinsame zukünftig vielleicht stärker betont werden sollte.

Kurzfristig ins Programm aufgenommen hat der Bundespräsident eine Verabredung mit Überlebenden des Attentats auf israelische Sportler bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Welcher Impuls geht davon aus?
Es ist ein gutes, ein richtiges Signal. Ich setze mich dafür ein, dass man bei den Olympischen Spielen in London eine Gedenkminute anlässlich des 40. Jahrestages des Attentates einlegen möge. Das IOC hat das bisher gefühlskalt und schroff abgelehnt. Bei dem Treffen hat der Bundespräsident betont, dass er die Kritik teilt. Er hat aber auch gesagt, dass er nicht viel tun könne, jedoch auf jeden Fall den IOC-Präsidenten fragen wolle, wie er zu seiner Entscheidung gekommen ist.

Mit dem Präsidenten des Zentralrats der Juden sprach Detlef David Kauschke.

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025