Einspruch

Wir sind lebende Geschichte

»Ich habe nicht gesehen, wie meine Nachbarn abgeholt wurden.« Solche Aussagen beleidigen die Toten wie die Überlebenden des Holocaust und machen mich einfach nur sprachlos und wütend. Denn genau das ist meiner Familie passiert. Als mein damals 14-jähriger Großvater Bolek von der Arbeit kam, waren alle fort. Vater, Mutter, Großeltern, Geschwister – einfach weg. Sie wurden in Sobibor vergast.

Ganz alleine hatte sich mein Großvater den Partisanen angeschlossen und konnte in den Wäldern überleben.
Seine Geschichte ist bei uns zu Hause allgegenwärtig: egal ob ich unseren Kühlschrank sehe, der so gefüllt ist, als würde morgen ein Krieg ausbrechen, oder meinen hebräischen Namen, der meine Urgroßmutter unvergessen machen soll. Bei Familienfesten wird uns immer wieder schmerzlich klar, wie wenige wir sind und wie viele wir hätten sein können.

holocaust Geschichte prägt unsere Zeit, und es gibt immer weniger, die sie erzählen können. Unser Alltag wird immer wieder durchdrungen von Halbwahrheiten über die Geschichte des Holocaust, jüngst sogar aus dem Weißen Haus, als es hieß, Hitler habe kein Gas im Krieg benutzt – der Zyklon-B-Einsatz in Auschwitz wurde schlicht vergessen. Durch genau solches Halbwissen kann Rechtspopulismus leichter überzeugen.

Da man bis heute nicht in der Lage ist, sich die Brutalität, die Unmenschlichkeit und das Ausmaß an Grausamkeit vorzustellen, klammern sich viele an andere Erklärungen, um der Wahrheit nicht ins Gesicht blicken zu müssen. Deswegen ist es unsere Aufgabe, die Geschichte unserer Vorfahren am Leben zu erhalten. Meine Generation ist lebende Geschichte: Wir leben, weil unsere Vorfahren überlebt haben.

Wir können am »March of the Living« teilnehmen, um die Geschichte unserer Vorfahren zu erzählen und ein Stück weit nachzuerleben. Das bin ich nicht nur ihnen, sondern auch meinen Kindern und Kindeskindern schuldig, damit sie in einer sicheren Welt aufwachsen können.

Die Autorin nimmt am »March of the Living« teil, der am Sonntag beginnt.

Essay

All die potenziellen Schüsse

In diesem Herbst liest man fast täglich von vereitelten Anschlägen auf Juden. Was die ständige Bedrohung mit uns macht

von Mascha Malburg  20.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

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Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

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Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

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Kommentar

Danke, Berlin!

Die Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025

Internet

Expertin: Islamisten ködern Jugendliche über Lifestyle

Durch weibliche Stimmen werden auch Mädchen von Islamistinnen verstärkt angesprochen. Worauf Eltern achten sollten

 19.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025