Solingen

»Wir müssen diese Gefahr ernst nehmen«

Politiker und Vertreter jüdischer Organisationen diskutieren nach dem Messerattentat über den Umgang mit Islamisten

von Michael Thaidigsmann  31.08.2024 21:43 Uhr

Trauer nach dem Anschlag in Solingen Foto: picture alliance / epd-bild

Politiker und Vertreter jüdischer Organisationen diskutieren nach dem Messerattentat über den Umgang mit Islamisten

von Michael Thaidigsmann  31.08.2024 21:43 Uhr

Drei Menschenleben kostete der Messerangriff eines Mannes im nordrhein-westfälischen Solingen am Freitag vergangener Woche. Acht weitere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Die Tat löste auch bei jüdischen Gemeinden und Organisationen in Deutschland und international Bestürzung aus. Und sie hat Deutschland erneut eine hitzige Debatte um die Zuwanderung, vor allem der aus muslimischen Ländern, beschert.

Denn der mutmaßliche Täter, der sich der Polizei stellte, ist ein 26-jähriger Syrer, der ausreisepflichtig war und nicht mehr in Deutschland hätte sein sollen. Die deutschen Sicherheitsbehörden hatten ihn allerdings nicht auf dem Radar.

In einer am Samstag veröffentlichten Botschaft reklamierte die Terrororganisation »Islamischer Staat« (IS) das Attentat von Solingen für sich. Es sei die »Rache für Muslime in Palästina und überall«. Noch sind sich die Ermittler allerdings nicht sicher, dass der Messerstecher tatsächlich im Auftrag des IS unterwegs war. Der Generalbundesanwalt hat die Ermittlungen an sich gezogen.

Gestiegene Gefahr durch Islamisten

Der Terrorismusexperte Peter Neumann sieht eine deutlich gestiegene Gefahr durch Dschihadisten. Es seien in den vergangenen elf Monaten sieben dschihadistische Terroranschläge gezählt und knapp zwei Dutzend weitere vereitelt worden, sagte der am Londoner King’s College tätige Forscher der Deutschen Presse-Agentur. Man müsse das Thema jetzt wieder priorisieren und Prozesse der Radikalisierung vor allem junger Männer stärker in den Blick nehmen.

»Die islamistische Ideologie will unsere Art zu leben zerstören.«

zentralratspräsident josef schuster

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte, der Anschlag von Solingen richte sich »gegen den Kern unserer Gesellschaft«. Die Entwicklungen der vergangenen Monate seien alarmierend. »Die islamistische Ideologie will unsere Art zu leben zerstören. Islamismus ist eine reale Bedrohung unserer offenen Gesellschaften. Wir müssen diese Gefahr ernst nehmen«, so Schuster.

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, Präsident der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER), erklärte, »der radikale Islam, der vom Iran, dem IS, der Hamas und anderen unterstützt und praktiziert wird, ist für die Zukunft Europas nicht weniger bedrohlich als die russische Aggression gegen die Ukraine«.

Bundeskanzler will verstärkt abschieben

Bundeskanzler Olaf Scholz bezeichnete den Anschlag als »Terrorismus gegen uns alle, der unser Leben, unser Miteinander bedroht«, und versprach verstärkte Abschiebungen sowie eine Verschärfung des Waffenrechts. Dennoch hat die Opposition den Druck auf die Bundesregierung erhöht, vor allem die irreguläre Zuwanderung weiter zu beschneiden.

Der CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz forderte Änderungen beim Aufenthaltsrecht und beim Asylbewerberleistungsgesetz. Merz denkt sogar über die Ausrufung einer »nationalen Notlage« nach, um so die Zuwanderung zu beschränken. Zudem will er die Befugnisse der Polizei ausweiten.

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert lehnte den Vorstoß des Unionschefs ab. Die Antwort auf die Bluttat von Solingen könne »nicht sein, dass wir unter anderem Menschen, die selber vor Islamisten fliehen, die Tür vor der Nase zuschlagen«, so Kühnert. Stattdessen müsse man die Radikalisierung und den Hass im Netz bekämpfen.

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