Belgien

»Wir fanden es halt komisch«

Christoph D’Haese (2.v.l.), Bürgermeister der Stadt Aalst Foto: Getty Images / istock

So viel Aufmerksamkeit hatte der Straßenkarneval, der am vergangenen Sonntag in der belgischen Kleinstadt Aalst stattfand, wohl noch nie erfahren. Denn ein Motivwagen hatte es in sich: Zu sehen waren zwei als besonders abstoßend gezeichnete rosafarbene Figuren, die auf Goldmünzen stehen.

Sie waren aufgrund ihrer Strejmel und Schläfenlocken eindeutig als orthodoxe Juden markiert. Einer der beiden raucht, grinst und steckt mit einer Hand Geld ein, eine weiße Ratte sitzt auf seiner Schulter. Auch eine Mesusa ist zu erkennen. Geschaffen wurden diese Figuren, wie die zuständige Karnevalsgruppe Vismooil’n mitteilte, um gegen die steigenden Preise in Belgien zu protestieren.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

VORURTEILE Weil der Motivwagen so ziemlich alle Klischees aus dem Lehrbuch des Antisemitismus auf sich vereinte, hagelte es Kritik aus der ganzen Welt. Darauf hat der Bürgermeister der Stadt Aalst, Christoph D’Haese, von der flämisch‐nationalistischen Partei Nieuw‐Vlaamse Alliantie (N‐VA) nun reagiert.

Der Zeitung »Het Laatste Nieuws« sagte er, »dass es nicht zu den Aufgaben eines Bürgermeister gehöre, so etwas zu verbieten«. Auch hätten die Teilnehmer des Umzugs gewiss »keine schlechten Absichten gehabt«. Die Initiatoren des Motivwagens verstehen die ganze Aufregung ebenfalls nicht. »Wir fanden es halt komisch, rosa Juden auf dem Umzug zu haben, die auf einem Safe sitzen, der das Geld enthält, das wir sparen«, erklärten sie gegenüber derselben Zeitung.

Die Initiatoren des Motivwagens verstehen die ganze »Aufregung« nicht.

Der Straßenkarneval von Aalst gehört aufgrund seiner über 600 Jahre alten Tradition seit 2010 zum sogenannten Immateriellen Kulturerbe der UNESCO. Die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur fand den Motivwagen jedoch gar nicht lustig und verurteilte ihn am Mittwoch als »rassistisch und antisemitisch«.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

SCHOA Nicht nur jüdische Organisationen in aller Welt waren der gleichen Auffassung und kommentierten den Karnevalsumzug entsprechend kritisch. Auch Margaritis Schinas, Sprecher der EU-Kommission, meldete sich nun zu Wort: »Ja, die Geschichte ist uns nicht entgangen. Und es sollte eigentlich jedem einleuchten, dass es absolut undenkbar ist, dass solche Bilder heutzutage in Europa bei einer Parade zur Schau getragen werden, 74 Jahre nach der Schoa.«

Die EU-Kommission und die UNESCO verurteilen die antisemitischen Klischees beim Karneval.

Margaritis Schinas zitierte in diesem Kontext den EU-Kommissionsvorsitzenden Jean-Claude Juncker: »Unser Union wurde errichtet auf der Asche des Holocaust. Sich daran zu erinnern und Antisemitismus zu bekämpfen, ist unsere Pflicht der jüdischen Gemeinschaft gegenüber.«

Israel/Gaza

Freude, Erleichterung und bange blicke in die Zukunft

Am 471. Tag des Gaza-Krieges sind drei israelische Geiseln freigelassen worden. Zudem ist eine Waffenruhe in Kraft getreten. Frieden ist aber noch lange nicht in Sicht

 19.01.2025

Abkommen

Hamas: Die nächsten vier Geiseln sollen am Samstag freikommen

Wie belastbar die Aussage der palästinensischen Terroristen ist, ist schwer abschätzbar

 19.01.2025

Kommentar

Bleibt stark, Emily, Romi und Doron!

Die drei jungen Frauen sind endlich in Israel. Emily Damari gab nach ihrer Freilassung ein Zeichen, das ihren Schmerz zeigt – aber viel mehr noch ihre Kraft

von Katrin Richter  19.01.2025

Schoa-Gedenken

Scholz: »Jüdisches Leben, das ist Deutschland«

Bei einer Gedenkveranstaltung in der Jüdischen Gemeinde Frankfurt sagt der Bundeskanzler 80 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz: »Ich trete jedem Schlussstrich entgegen«

 19.01.2025

USA

Biden: Geiselfreilassung wichtiger Schritt, mehr Einsatz nötig

Der US-Präsident begrüßt die Freilassung von israelischen Geiseln – und mahnt, dass der Friedensprozess langwierig bleibt

 19.01.2025

Gedenken

Kinos erinnern bundesweit an Befreiung von Auschwitz

»Holocaust« und »Schindlers Liste«, »Die Ermittlung« oder »Aus einem deutschen Leben« - viel Filme behandeln die Vernichtung der Juden in KZs wie Auschwitz. Und können auch beitragen, Geschichte nie zu vergessen

 19.01.2025

Dokumentation

»Was bedeutet Auschwitz heute noch für Deutschland?«

Am Sonntag gedachte die Jüdische Gemeinde Frankfurt am Main des 80. Jahrestages der Befreiung des KZ Auschwitz. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, hielt eine Gastrede

 19.01.2025

Berlin

Scholz nach Freilassung erster Geiseln: »Tag der Freude«

Der Kanzler und die Außenministerin reagieren erleichtert auf die Freilassung der ersten drei Geiseln durch die Terrororganisation Hamas

 19.01.2025

BSW

Lüdersʼ Märchen

Der vermeintliche Nahostexperte Michael Lüders könnte bald für das Bündnis Sahra Wagenknecht im Bundestag sitzen. Wofür steht er?

von Ralf Balke  19.01.2025