Mit scharfer Kritik haben jüdische Vertreter in den USA auf die drastisch verschärfte Flüchtlings- und Einreisepolitik des amerikanischen Präsidenten Donald Trump reagiert. Der Erlass sei »widerwärtig und abscheulich«, sagte der Präsident des jüdischen Hilfsverbandes HIAS, Mark Hetfield.
Mehr als 1700 Rabbiner in den USA forderten von Trump, »Amerikas Türen offenzuhalten«. In Erinnerung an Einreisebeschränkungen in den 30er-Jahren klagten die Rabbiner, schon einmal habe »Fremdenfeindlichkeit die Kapazität unserer Nation für Mitleid überwältigt«.
konfession Heftige Kritik rief der Einreisestopp für Muslime und Flüchtlinge auch bei der ehemaligen US-Außenministerin Madeleine Albright hervor. Die Politikerin, deren Eltern während der Schoa in die Vereinigten Staaten geflüchtet waren, sagte, dass die US-Einwanderungsgesetze für jeden Menschen gelten – unabhängig von Konfession und Ethnie.
Die demokratische Politikerin Kamala Harris hob hervor, dass Donald Trump den Beschluss ausgerechnet am Schoa-Gedenktag unterzeichnet hat. »Während des Holocausts haben wir Flüchtlinge wie Anne Frank nicht in unser Land gelassen. Wir dürfen nicht zulassen, dass sich Geschichte wiederholt«, sagte die kalifornische Senatorin.
Entschiedene Kritik an der umstrittenen Maßnahme von Donald Trump äußerten auch Chuck Schumer, Fraktionsführer der Demokraten im US-Senat, und der prominente demokratische Politiker Jerry Nadler. Der New Yorker eilte nach dem Erlass Trumps zum Flughafen John F. Kennedy, um seine Solidarität mit abgewiesenen arabischstämmigen Reisenden zu demonstrieren.
herzlos Die Anti-Defamation-League (ADL), die gegen die Diskriminierung und Diffamierung von Juden eintritt, verurteilte das Einreiseverbot ebenfalls. »Die Geschichte wird auf Trumps herzlosen Angriff auf Flüchtlinge mit Unverständnis reagieren«, sagte ADL-Vorsitzender Jonathan Greenblatt.
Nach den heftigen weltweiten Protesten erzielten die Trump-Gegner am Samstagabend (Ortszeit) inzwischen einen ersten Teilerfolg: Bundesrichterin Ann Donnelly in New York ordnete an, dass Menschen, die nach dem Erlass Trumps trotz gültiger Visa bei der Einreise auf US-Flughäfen festgenommen worden waren, vorläufig nicht in ihre Herkunftsländer abgeschoben werden dürften.
Diesen Menschen drohe ansonsten »nicht wieder gutzumachender Schaden«, so Donnelly. Die Bundesrichterin schrieb in ihrem dreiseitigen Urteil, die Reisenden hätten »sehr gute Chancen« mit ihrer Klage, das Einreiseverbot sei verfassungswidrig. Donnelly äußerte sich jedoch nicht zu weiteren Aspekten des Erlasses.
terroristen US-Präsident Donald Trump hatte am Freitagabend (Ortszeit) das US-Programm zur Aufnahme von Flüchtlingen für vier Monate ausgesetzt, bis auf weiteres einen Aufnahmestopp für Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien verhängt und die Einreisebedingungen für viele Muslime deutlich verschärft.
In den kommenden 90 Tagen werden Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern keine Einreisevisa bekommen, heißt es in dem von Trump unterzeichneten Erlass mit dem Titel »Schutz der Nation vor der Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten«. Das gilt nach Medienberichten für Irak, Syrien, Iran, Libyen, Somalia, Sudan und Jemen.
Mit dem Aussetzen des US-Flüchtlingsprogramms für 120 Tage will Trump »radikale islamische Terroristen« fern halten. Zudem reduziert er im Namen der nationalen Sicherheit die Zahl aller aufzunehmenden Flüchtlinge auf 50.000 im Jahr. Im Haushaltsjahr 2016 haben die USA rund 85.000 Flüchtlinge aufgenommen, darunter nach Angaben des »Pew Research Center« knapp 39.000 Muslime, vornehmlich aus Syrien (rund 12.600), Somalia, Irak, Burma und Afghanistan.
christen Bevorzugt werden sollen künftig Menschen, die als Minderheit wegen ihrer Religionszugehörigkeit verfolgt werden, heißt es in dem Erlass. Im Fernsehsender »Christian Broadcasting Network« sagte Trump, damit meine er Christen aus dem Nahen Osten.
Die Vereinten Nationen reagierten zurückhaltend auf Donald Trumps Flüchtlings- und Einreisepolitik. »Religion, Nationalität oder Ethnie« von Flüchtlingen dürften keine Rolle spielen, teilten das Flüchtlingshilfswerks UNHCR und die Internationale Organisation für Migration (IOM) am Samstag in Genf mit.
Zugleich forderten die beiden Organisationen die USA auf, eine globale Führungsrolle beim Schutz und der Aufnahme von Vertriebenen zu spielen. Eine direkte Kritik an Trump findet sich nicht. Die USA stellen einen Großteil der Finanzen für das UNHCR und die IOM.
Der internationale Generalsekretär von Amnesty International, Salil Shetty, erklärte am Samstag, die »schlimmsten Befürchtungen über Trump« hätten sich bereits bestätigt. epd/ppe