Tachles Arena

»Wer schweigt, stimmt zu«

Wie steht die FDP zu Themen, die Juden in Deutschland bewegen? Mit dieser Frage war am vergangenen Sonntag die »Tachles Arena« überschrieben, die weiterhin online zu sehen ist. Der Spitzenkandidat der Liberalen, Christian Lindner, stellte sich dem Gespräch im Talkformat des Zentralrats, das alle Spitzenkandidaten der demokratischen Parteien einlädt.

Einblicke über den Menschen Christian Lindner gaben eingangs die persönlichen Fragen von Zentralratsvizepräsident Mark Dainow. So bedauerte Christian Lindner, in seiner Jugend »beklagenswert wenig Kontakt im Alltag zum jüdischen Leben« gehabt zu haben. Dies habe sich deutlich geändert. Heute erfahre er Vielfalt jüdischen Lebens »durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Freunde mit jüdischem Glauben«.

SCHOA Gleich zu Beginn forderte er – auch rückblickend auf seine eigene Biografie, wo das nicht gewährleistet war –, dass jede Schülerin und jeder Schüler einmal konfrontiert werden müsse »mit der deutschen Geschichte der Schoa« und dass »ein Besuch eines Konzentrationslagers ins Curriculum aufgenommen« werden müsse.

Den Hauptteil des knapp einstündigen Gesprächs übernahm die Journalistin Ilanit Spinner vom Bayerischen Rundfunk. Sie hakte bei dem liberalen Spitzenkandidaten bezüglich des Parteiprogramms der FDP nach. Christian Lindner betonte, es sei ein wichtiges Anliegen für seine Partei, eine feste Solidarität zum Staat Israel zu bekunden. Fair nach Israel zu blicken, sei seiner Partei wichtig – »aus Verantwortung vor unserer Geschichte, der Schoa und weil Israel die einzige Demokratie in der Region ist«.

Der FDP-Politiker forderte eine »robuste Sicherheit«, die die Behörden leisten müssten.

»Wir wollen die einseitige Kritik am Staat Israel in den Vereinten Nationen überwinden«, betonte Christian Lindner. Und er ergänzte an anderer Stelle des Gesprächs, er persönlich finde beim Blick auf Israel und jüdisches Leben viele Übereinstimmungen mit Armin Laschet, dem nächsten Gesprächsgast am 19. September.

SCHUTZ Angesichts der bald beginnenden Makkabi-Spiele in Düsseldorf berichtete ein Fußballer von TuS Makkabi Berlin in einem Einspieler von antisemitischen Bedrohungen und aggressiven Erfahrungen in der Sportwelt. Zum Konzept der Tachles Arena gehört, dass auch Fragen von außen, aus den Gemeinden, gestellt werden können.

Was tun für den Schutz gegen Antisemitismus? Der FDP-Politiker forderte eine »robuste Sicherheit«, die die Behörden leisten müssten, mehr Schutz für jüdische Einrichtungen und jüdisches Leben sowie Aufklärung und offenen Diskurs über Vorurteile und Stereotypen. »Wer schweigt, stimmt zu«, fasste Christian Lindner seine Ansicht zusammen. Man müsse widersprechen, auch in den Online-Medien aktiv werden.

Dass die FDP sich im April bei der Abstimmung im Deutschen Bundestag zum Gesetz gegen Hass im Netz enthalten habe, begründete Christian Lindner mit der Ablehnung privater Zensur und gleichzeitig dem Verweis auf den Strafrechtsanspruch. Es gehe nicht darum, dass ein Provider einen Post lösche; Zugang der FDP sei es, über Strafrecht und Strafverfolgungsbehörden vorzugehen.

TOLERANZ Gefragt nach der Alterssicherung jüdischer Einwanderer, hob Christian Lindner hervor, es sei eine Frage der Gesetzgebung, »jüdische Einwanderinnen und Einwanderer gleichzustellen mit Spätaussiedlern«. Die bisherige Ungleichbehandlung sollte man auflösen.

Zum Schluss der Zweier-Talk-Konstellation antwortete Christian Lindner auf die Frage, was er den jüdischen Menschen in Deutschland bei einer Regierungsbeteiligung versprechen könne, etwas verallgemeinernd, dafür sehr bestimmt: »Fürs ganze Land Freiheit und Toleranz – und das sind zugleich Werte, die Wehrhaftigkeit erfordern.«

Berlin-Neukölln

Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung

Judenfeindliche und den Terror verherrlichende Plakate rufen die Behörden auf den Plan

 08.06.2023

Schleswig-Holstein

Karin Prien wehrt sich gegen Rassismusvorwurf

Die schleswig-holsteinische Ministerin steht wegen einer Äußerung über ihre Kabinettskollegin Aminata Touré in der Kritik

 08.06.2023 Aktualisiert

Populismus

Aus Protest?

Viele Erklärungen für das Umfragehoch der AfD greifen zu kurz. Wer die Partei wählt, weiß meist genau, was er tut

von Marcel Lewandowsky  08.06.2023

Interview

»Riesenschritt nach vorn«

Makkabi-Kapitän Doron Bruck über den Einzug des Berliner Oberligisten in den DFB-Pokal

von Michael Thaidigsmann  08.06.2023

Einspruch

Die Mutter aller Dialoge

Dmitrij Belkin freut sich auf die christlich-jüdischen Gespräche beim Evangelischen Kirchentag in Nürnberg

von Dmitrij Belkin  08.06.2023

Sicherheit

Anastasia-Bewegung in Brandenburg rechtsextremer Verdachtsfall

Innenministerium: In Teilen völkische, rassistische und antisemitische Ideologie

 07.06.2023

Debatte

CDU-Politikerin Prien in Kritik wegen Äußerung über Touré

Hintergrund ist die Diskussion über die Festlegung sicherer Herkunftsländer in der Asylpolitik

 07.06.2023

Berlin

Neukölln: Anzeige wegen antisemitischer Plakate

Poster der Gruppe Samidoun sorgen für Empörung. DIG-Präsident Volker Beck erstattet Anzeige

von Imanuel Marcus  07.06.2023 Aktualisiert

Judenhass

USA verurteilen Roger Waters

Laut dem US-Außenministerium enthielt sein Berliner Konzert »Bilder, die den Holocaust heruntergespielt haben«

von Imanuel Marcus  07.06.2023