Martin Krauß

Wenn Medien eskalieren

Martin Krauss Foto: Stephan Pramme

Martin Krauß

Wenn Medien eskalieren

Deutsche Zeitungen offenbaren mangelnde Empathie, wenn es um Israel geht

von Martin Krauss  09.05.2019 08:27 Uhr

Wenn eine Grundregel des Journalismus lautet, nicht »Hund beißt Mann« sei eine Nachricht, sondern nur eine ungewöhnliche Meldung à la »Mann beißt Hund« dürfe ins Blatt, so stellen sich nach den jüngsten Schlagzeilen, die hiesige Medien über die hundertfachen Raketenangriffe aus Gaza auf israelische Orte produzierten, doch einige Fragen.

Wenn Spiegel Online etwa titelt »Israel beschießt Ziele in Gaza – vier tote Zivilisten«, will die Redaktion damit auf etwas Ungewöhnliches hinweisen, etwas, womit ihre Leser nie und nimmer gerechnet hätten?

»eskalation« Leider nein. Medien, die von einer »Eskalation« künden und die eine anscheinend sehr ähnliche »Gewalt auf beiden Seiten« beklagen, sind erfolgreicher als Medien, die sachlich berichten: dass es nämlich Raketenangriffe aus Gaza gab, dass es in Israel zu Verletzten und Toten kam, dass die israelische Armee mit Gegenangriffen reagiert hat, die sich gezielt gegen Urheber des Terrors richteten.

Es dürfte nicht allzu überinterpretiert sein, dass sich in der medialen Behandlung des Nahostthemas bis heute mangelnde Aufarbeitung von Schoa und NS-Geschichte ausdrückt.

Die Rede von der »Eskalation« oder »Gewaltspirale« mag nicht unbedingt antiisraelisch oder gar antisemitisch motiviert sein, aber sie ist doch von Empathielosigkeit geprägt: Dass Menschen in Angst vor ständigem Raketenbeschluss aus einem benachbarten Gebiet leben müssen, mag hierzulande niemand jucken.

aufarbeitung Es dürfte nicht allzu überinterpretiert sein, dass sich in der medialen Behandlung des Nahostthemas bis heute mangelnde Aufarbeitung von Schoa und NS-Geschichte ausdrückt. Zu Juden, deren Leben bedroht ist, verhält man sich hierzulande lieber »neutral«: besser nichts wissen.

Doch so gerne man wegschauen würde, so wenig gelingt dies. Zur distanziert-sachlichen Pose gesellt sich ja unübersehbar ein enormes Interesse: Keine Gegend der Erde ist derart dicht mit Korrespondenten, auch deutschen, besiedelt, und an Nahostexperten, die ungefragt mitteilen, wer was zu tun hat, mangelt es auch nicht gerade.

Was das mit der genannten Grundregel der Blattmacher zu tun hat? Nichts. Journalismus ist das nämlich nicht.

Kommentar

Macron und die Palästinafrage: Durchquerung der Wüste

Viele Franzosen hat Emmanuel Macron mit seinem Kurs enttäuscht. Ständig ändert der Präsident zu wichtigen Themen seine Meinung. Auch beim Thema Nahost geht er so vor, sagt Haim Musicant

von Haim Musicant  25.07.2025

Baden-Württemberg

Hakenkreuz-Skandal im Landtag: SPD-Politiker tritt zurück

Landtagsvize-Präsident Daniel Born gab zu, bei einer Abstimmung sein Kreuz mit dem verfassungsfeindlichen Symbol gemacht zu haben

 25.07.2025

Brandenburg

AfD zieht Antrag gegen Einstufung als gesichert extremistisch zurück

AfD-Landeschef René Springer will damit die Veröffentlichung des Verfassungsschutzvermerkes ermöglichen

 25.07.2025

Berlin

Deutschland will Palästina nicht kurzfristig anerkennen

Für die Bundesregierung ist die Anerkennung Palästinas als eigener Staat »einer der abschließenden Schritte« auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung

 25.07.2025

Großbritannien

Corbyns Comeback

Der wegen Antisemitismusskandalen umstrittene Ex-Labour-Chef gründet eine neue Partei. Ein zentraler Programmpunkt ist die Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  25.07.2025

Diplomatie

»Ein solcher Schritt belohnt Terror«

Israel und die USA kritisieren Präsident Emmanuel Macron scharf für dessen Ankündigung, Frankreich werde Palästina im September anerkennen

 25.07.2025

Verhandlungen

USA: Die Hamas will keine Waffenruhe

Washington zieht sein Verhandlungsteam aus Doha ab

 24.07.2025

Paris

Frankreich will Palästina im September anerkennen

Präsident Emmanuel Macron hat Mahmud Abbas zugesichert, sein Land werde in ein paar Wochen einen palästinensischen Staat offiziell anerkennen

 24.07.2025

SPD-Nahostpolitik

Sanktionen gegen Israel und kein Wort zur Hamas

Die SPD-Außenpolitiker Mützenich und Ahmetovic verlangen Strafmaßnahmen gegen Israel. Unklar bleibt aber, ob die eigene Fraktion hinter ihren Forderungen steht

von Michael Thaidigsmann  24.07.2025