Debatte

Warum wir Juden in Thüringen die Absage an Omri Boehm richtig finden

Nichtjüdischen Autoren wie Sonja Zekri in der »Süddeutschen Zeitung« fällt es leichter als mir, sich zu unterschiedlichen jüdischen Meinungen anlässlich der Thüringer Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Befreiung von Buchenwald zu äußern. Meine Betroffenheit verunsichert mich auch noch eineinhalb Jahre nach dem Pogrom vom 7. Oktober 2023, wenn ich als Thüringer Jude am 6. April an den Thüringer Gedenkfeiern in Weimar und Buchenwald teilnehmen werde.

Die Absage von Omri Boehm als Redner bringt mir Erleichterung. Boehm ist – wie auch Meron Mendel, Deborah Feldman und andere jüdische Intellektuelle – sehr öffentlichkeitswirksam engagiert, wenn es darum geht, Lösungen für den Nahostkonflikt und damit auch für die in- und ausländische  jüdische Gemeinschaft vorzuschlagen. Sie erhalten wichtige Preise oder sind in Talkshows gefragt.

Lesen Sie auch

Auch unsere Jüdische Landesgemeinde Thüringen organisiert Veranstaltungen, um die Meinungsvielfalt in der jüdischen Gemeinschaft zu verdeutlichen. Sicherlich könnte in Thüringen auch außerhalb unserer Landesgemeinde zum Beispiel an der Friedrich-Schiller-Universität Jena unter Leitung von Jens-Christian Wagner ein wissenschaftliches Kolloquium organisiert werden, wo selbst äußerst unterschiedliche jüdische Visionen zur Zukunft Israels zur Sprache kommen.

Aber sollte auch nur teilweise ein solches Ziel im Rahmen der Thüringer Gedenkfeiern zum 80. Jahrestag der Befreiung von Buchenwald am 6. April angestrebt werden?

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Diese werden einvernehmlich organisiert  von der Thüringer Staatskanzlei und den Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, deren Leiter ebenfalls Jens-Christian Wagner ist. Ich denke, die Gedenkrede in der Weimarhalle muss einen anderen Schwerpunkt besitzen! Die Festrede in der Weimarhalle an Omri Boehm zu übertragen, war falsch. Dass nun diese Rede von dem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gehalten wird, ist eine richtige Korrektur.

Boehm hätte beim Gedenken nicht das Hauptanliegen unserer Opfer und Überlebenden von Buchenwald in den Mittelpunkt gerückt

Die Gedenkfeiern gelten allen Opfern und Überlebenden von Buchenwald, natürlich auch den jüdischen. Für unsere jüdische Gemeinschaft muss die Gedenkrede in Weimar und Buchenwald nach dem 7. Oktober 2023 mit dem Hamas-Pogrom in Israel und mit dem ungestörten Freudentaumel muslimischer Antisemiten auf Berlins Straßen anlässlich der Ermordung von mehr als 1000 Juden auch in Weimar und Buchenwald aufrütteln. Sie muss dem am 7. Oktober gescheiterten »Nie wieder!« mit aller Kraft begegnen, ohne dabei nichtjüdisches Leid zu ignorieren.

Aufgrund der letztjährigen Rede in Wien und den Veröffentlichungen von Omri Boehm gehe ich davon aus, dass Boehm in der Gedenkfeier nicht das Hauptanliegen unserer Opfer und Überlebenden von Buchenwald in den Mittelpunkt gerückt hätte: Ehrung, Gedenken und Scheitern des »Nie wieder!«.

Diesen Vorwurf mache ich auch dem »Spiegel«, der »Zeit« und der »Süddeutschen Zeitung«, nachdem sie zur Absage der Rede Boehms bereits reagiert haben. Dass die israelische Botschaft sich sehr kritisch geäußert hat, verstehe ich, denn die Gedenkrede in die Hand von Omri Boehm zu legen, widerspricht den Ansichten von sehr vielen Juden im In- und Ausland – und schmerzt.

Der Autor ist Vorsitzender der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen.

Krieg

»Manipulierte Daten«: Israel fordert Rücknahme von Bericht über Hungersnot in Gaza 

Israel kritisiert den IPC-Bericht über eine Hungersnot in Teilen Gazas scharf und fordert dessen sofortige Rücknahme

von Robert Messer  27.08.2025

Frankfurt am Main

Versammlungsbehörde verbietet israelfeindliche Demonstration

Die Stadt befürchtet eine »Eskalationsspirale« und untersagt die Kundgebung »United4Gaza – Stoppt den Völkermord jetzt!«

 27.08.2025 Aktualisiert

Sachbuch

Die Gruppe 47, Günter Grass und die ersten »Shitbürger«

»WELT«-Herausgeber Ulf Poschardt rechnet in seinem neuen Bestseller »Shitbürgertum« auch mit der Kontinuität des deutschen Judenhasses ab. Ein exklusiver Auszug

von Ulf Poschardt  27.08.2025

Meinung

Muss erst ein australischer Jude sterben?

Wie nun bekannt wurde, steckt der Iran hinter zwei Anschlägen auf jüdische Einrichtungen in Australien. Doch auch ohne Hilfe aus dem Ausland wächst der Antisemitismus im Land ins Unermessliche

von Amie Liebowitz  27.08.2025

Iran

Snapback: Jetzt oder nie?

Bis Oktober können die Signatarstaaten des Atomabkommens mit der Islamischen Republik, darunter Deutschland, noch den Sanktionsmechanismus auslösen. Möglicherweise fällt die Entscheidung bereits diesen Donnerstag

von Michael Thaidigsmann  27.08.2025 Aktualisiert

Frankreich

Zwei Jugendliche wegen geplanter Anschläge auf Synagogen angeklagt

Die beiden Jungen im Alter von 15 und 17 Jahren teilten laut Ermittlern eine »Faszination« für den sogenannten Islamischen Staat

 27.08.2025

Meinung

Warum Leon de Winter in Osnabrück lesen soll

Die Positionen des Schriftstellers zur AfD sind streitwürdig. Canceln hingegen ist langweilig und kontraproduktiv, findet unsere Redakteurin

von Ayala Goldmann  27.08.2025

Washington D.C.

Treffen im Weißen Haus zu umfassendem Plan für Gaza

»Wir werden das ein für alle Mal regeln, sicherlich noch vor Ende dieses Jahres«, sagt Vermittler Steve Witkoff

 27.08.2025

Israel

Rabbiner verhindert Anschlag auf Generalstaatsanwältin

Ein Mann hatte den früheren Oberrabbiner Jitzchak Josef um dessen religiöse Zustimmung zur »Tötung eines Aggressors« ersucht. Die Hintergründe

 26.08.2025 Aktualisiert