Gemeindetag

Warten auf das NPD-Urteil

Workshop »Nach dem NPD-Verfahren: Wie geht es weiter?« beim Gemeindetag in Berlin Foto: Marco Limberg

Gemeindetag

Warten auf das NPD-Urteil

Experten diskutierten Vor- und Nachteile des Verbotsverfahrens

von Katharina Schmidt-Hirschfelder  12.12.2016 18:16 Uhr

Wie geht es nach dem NPD-Verbotsverfahren weiter? Was passiert, wenn es wieder scheitert, wie schon 2003? Welche Argumente sprechen für, welche gegen ein Verbot der rechtsextremen Partei? Derzeit prüfen die Karlsruher Richter auf Antrag des Bundesrates ein Verbot der NPD. Kommen sie zu dem Schluss, dass die rund 5200 Mitglieder starke Partei verfassungswidrig ist, muss sie sich auflösen. Am 17. Januar will das Bundesverfassungsgericht sein Urteil verkünden.

Bis jetzt halte das Gericht »dicht«, sagte Christian Waldhoff. Er ist einer der Juristen und Prozessbevollmächtigten, die den Antrag federführend erarbeitet haben. Auf dem Gemeindetag in der vergangenen Woche in Berlin war er Referent zum Thema »Nach dem NPD-Verfahren: Wie geht es weiter?«.

diskurs Der Staatsrechtler wollte nicht über das bevorstehende Urteil spekulieren, erhofft sich aber vom Verfahrensausgang »wichtige Maßstäbe für den weiteren politischen Prozess in Deutschland und dafür, was im politischen Diskurs noch erlaubt ist und was nicht«.

Mit Waldhoff diskutierten die SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl sowie die Journalisten Olaf Sundermeyer und Frank Jansen. Beide recherchieren seit Jahren zum Thema Rechtsextremismus.

Sundermeyer betrachtet das Verfahren als »Spiegelfechterei«: Die NPD sei eine »maßlos überschätzte Partei ohne politische Wirkungsmacht« – derzeit ist sie in keinem einzigen Landtag mehr vertreten. »Diejenigen, die früher die NPD gewählt haben, geben heute ihre Stimme der AfD«, warnte Sundermeyer deshalb und meinte: »Ein Verbot dieser zutiefst antisemitischen Partei würde nicht im Entferntesten die Probleme des Rechtsextremismus lösen.«

rechtsextremismus Im Gegenteil: Die AfD hätte nach seiner Einschätzung bei einem NPD-Verbot »einen Freifahrtschein«. Ein Verbot sieht der Journalist demzufolge als »riesigen Fehler«. Dem widersprach die SPD-Politikerin Högl entschieden. Das Verfahren sei vielmehr »ein demokratisches Instrument, das die Politik nutzen« wolle. Auch nach einem Verbot der NPD fange die Arbeit gegen Rechtsextremismus erst richtig an.

Das sahen die Gemeindetagsteilnehmer ähnlich. Auch sie diskutierten Für und Wider eines NPD-Verbots kontrovers. Michael Gutmann aus Rostock etwa sieht das ganze Verbotsverfahren skeptisch. Aus Sicht des 22-Jährigen hat es »nur symbolische Bedeutung«, denn es beseitige »keine Ursachen von Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit«, so der Gemeindetagsteilnehmer. Da seien Politik und Zivilgesellschaft gefragt.

Esther Georgi aus Frankfurt hingegen baut auf die Signalwirkung eines Verbots. Sie stimmte Christian Waldhoff zu, der sagte, der Aggressivität der völkischen NS-Ideologie, die offen im »genuin rassistischen NPD-Parteiprogramm verankert« sei, müsse die Justiz endlich eine klare Grenze setzen.

Parteien

Justiz prüft Äußerungen nach Neugründung von AfD-Jugend 

Nach einer Rede beim AfD-Jugendtreffen prüft die Staatsanwaltschaft Gießen mögliche Straftatbestände

von 
janet Ben Hassin  10.12.2025

Debatte

Merz, Trump und die Kritik an der Migration

Deutschlands Bundeskanzler reagiert auf die Vorwürfe des US-Präsidenten

von Jörg Blank  10.12.2025

Debatte

Wie umgehen mit Xavier Naidoo?

Der Sänger kehrt auf die großen Bühnen zurück. Ausverkaufte Hallen treffen auf Antisemitismus-Vorfälle, anhängige Verfahren und eine umstrittene Entschuldigung - und auf die Frage, wie man heute dazu steht

von Stefanie Järkel, Jonas-Erik Schmidt  10.12.2025

Initiative

Bayerns Landtag will Yad-Vashem-Bildungszentrum in Freistaat holen

Die Idee hatte die Ampel-Koalition von Olaf Scholz: Eine Außenstelle der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem in Deutschland. Der Bayerische Landtag hat sich nun für einen Standort im Freistaat ausgesprochen

von Barbara Just  10.12.2025

Paris/Brüssel

EU-Gaza-Hilfe: Französischer Politiker hat »große Bedenken«

Benjamin Haddad, Frankreichs Staatssekretär für Europafragen, hat die Europäische Kommission aufgefordert, ihre Zahlungen an NGOs, die im Gazastreifen operieren, besser zu überwachen

 10.12.2025

Aufarbeitung

Französische Entnazifizierungs-Dokumente erstmals online abrufbar

Neue Hinweise zu Leni Riefenstahl und Martin Heidegger in der NS-Zeit: Künftig können Forscher online auf französische Akten zugreifen. Experten erwarten neue Erkenntnisse

von Volker Hasenauer  10.12.2025

Deutschland

Wegen Antisemitismus und AfD: Schauspiellegende Armin Mueller-Stahl (95) denkt ans auswandern

Armin Mueller-Stahl spricht offen über seine Gelassenheit gegenüber dem Tod – und warum aktuelle Entwicklungen ihn dazu bringen, übers Auswandern nachzudenken

 10.12.2025

Justiz

Mutmaßlicher Entführer: Chef eines israelischen Sicherheitsunternehmens packt aus

Die Hintergründe

 10.12.2025

Fußball

Sorge vor Maccabi-Spiel in Stuttgart

Tausende Polizisten, Metalldetektoren beim Einlass, Sorge vor Gewalt: Warum der Besuch von Maccabi Tel Aviv in der Europa League beim VfB aufgrund der politischen Lage kein sportlicher Alltag ist.

 10.12.2025