Ajatollah Ali Chamenei hat Schuldige für die sich ausweitenden Proteste im Iran ausgemacht: Israel und Amerika. Der »oberste Führer« des Landes sprach am Montag von einer Verschwörung der USA, Israels sowie der »iranischen Verräter im Ausland«.
»Eine junge Frau ist ums Leben gekommen, und das war sehr bitter und bedauerlich«, sagte Chamenei. Er war seine erste Reaktion auf den Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini und die seit Wochen anhaltenden Proteste gegen das islamistische Regime. Es sei weder normal noch akzeptabel, aus diesem Grund Korane, Moscheen, Autos und Banken zu verbrennen und den Frauen die Schleier vom Kopf zu reißen, sagte Chamenei.
kopftuchzwang »Diese Randale sind eine von den USA, dem zionistischen Regime und iranischen Verrätern im Ausland programmierte Operation, um die Sicherheit des Landes zu torpedieren«, sagte der Kleriker. Es gehe den USA und dem Westen weder um die im Polizeigewahrsam gestorbene Amini noch um den Kopftuchzwang im Iran.
»Keiner in den USA trauert um die gestorbene Frau. Hier geht es lediglich um die Unabhängigkeit der islamischen Republik und ihren Widerstand«, sagte Chamenei im staatlichen Fernsehen. Die Amerikaner und die Feinde des Iran wollten den Iran erneut vom Westen abhängig machen. Chamenei hat laut Verfassung das letzte Wort in allen wichtigen politischen und militärischen Belangen des Landes.
SITTENPOLIZEI Mahsa Amini war Mitte September wegen eines angeblich »unislamischen Outfits« von der Sittenpolizei festgenommen worden und starb kurze Zeit später. Was genau mit Amini geschah, ist weiterhin unklar. Die Frau fiel in ein Koma und starb am 16. September in einem Krankenhaus. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe entschieden zurück.
Seit dem Tod der jungen Frau demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung und der Sicherheitskräfte sowie gegen das islamische System. Frauen verbrannten ihre Kopfbedeckungen und schnitten sich als Zeichen des Protests die Haare ab. Die iranischen Behörden gehen hart gegen die Demonstranten vor. Mehrere Menschen sind in den letzten Tagen bei Protesten ums Leben gekommen.
Im Westen wurde das Durchgreifen des Regimes scharf kritisiert. US-Präsident Joe Biden sagte, er sei »zutiefst besorgt« über Berichte über das »zunehmende gewaltsame Vorgehen gegen friedliche Demonstranten«. Letztere stünden für »gerechte und universelle Prinzipien« ein und seien eine Inspiration für die Welt, sagte Biden am Montag
EU-SANKTIONEN Unterdessen werden innerhalb der Europäischen Union Sanktionen gegen den Iran in Erwägung gezogen. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hatte in einer Rede vor dem Bundestag vergangene Woche angekündigt, sie werde darauf drängen, dass Angehörige des Regimes, die in die Niederschlagung der Proteste involviert seien, mit Sanktionen belegt würden.
Auf Twitter schrieb Baerbock am Montag, es sei »kaum zu ertragen«, was gerade im Iran passiere. »Der Mut der Iraner*innen ist unglaublich. Und die rohe Gewalt des Regimes Ausdruck der puren Angst vor der Kraft von Bildung und Freiheit«, so die Grünen-Politikerin. Sie fügte an: »Schwer zu ertragen auch, dass unsere außenpolitischen Möglichkeiten begrenzt sind. Aber wir können ihre Stimme verstärken, Öffentlichkeit schaffen, anklagen und sanktionieren. Und das tun wir.«
Neben Deutschland fordern Berichten zufolge auch Dänemark, Frankreich, Italien, Spanien und Tschechien restriktive Maßnahmen der EU gegen den Iran. dpa/mth