Prozess

Verteidigung fordert Freispruch

Die Nationalsozialisten ermordeten im Konzentrationslager Stutthof nahe Danzig mehr als 65.000 Menschen. Foto: dpa

Im Prozess gegen den ehemaligen SS-Wachmann Bruno D. hat die Verteidigung am Montag Freispruch gefordert. Sein Mandant habe damals seinen Dienst als SS-Wachmann nicht als Teilnahme an einem Verbrechen erkannt, sagte Rechtsanwalt Stefan Waterkamp vor dem Hamburger Landgericht. Zudem sei 1944/45 Widerstand gegen den Staat etwas anderes gewesen als heute.

Der Angeklagte muss sich wegen seiner früheren Tätigkeit als SS-Wachmann im KZ Stutthof (bei Danzig) verantworten. Ihm wird Beihilfe zum Mord in 5230 Fällen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft fordert drei Jahre Haft nach dem Jugendstrafgesetz, weil D. zu dieser Zeit 17 und 18 alt war. Das Urteil soll am Donnerstag gesprochen werden.

statement D. selbst nutzte die Möglichkeit des letzten Wortes und entschuldigte sich in einem kurzen Statement bei allen, »die durch diese Hölle des Wahnsinns gegangen sind«, und ihren Angehörigen. »So was darf niemals wiederholt werden.« Die Zeit, in der er Dienst auf dem Wachturm tun musste, belaste ihn noch heute sehr. Hätte er damals eine Möglichkeit gesehen, dem zu entgehen, hätte er sie genutzt. Er habe sich niemals freiwillig für den Dienst auf dem Wachturm gemeldet – »und erst recht nicht im KZ«. Erst durch den Prozess habe er das ganze Ausmaß dessen, was in Stutthof an Grausamkeiten geschah, erkannt.

Sein Verteidiger sagte, man könne nicht die heutige Sicht und die heutigen Kenntnisse zugrunde legen, sondern müsse die damalige Situation betrachten. Es sei nicht klar, ob D. damals in der Lage gewesen sei, zu erkennen, dass der Befehl ein verbrecherischer war.

Nach seinem moralischen Verständnis habe er sich mit der Ausführung des Wachdienstes nicht an den Grausamkeiten im Lager beteiligt. »Eine Befehlsverweigerung gab es damals einfach nicht«, sagte Waterkamp. Wie hätte ein 18-Jähriger in dieser Zeit aus dieser Gesellschaft ausbrechen sollen?, fragte er.

einzelgänger Sein Mandant sei in einer »Welt der Befehlshörigkeit« aufgewachsen, er sei es gewohnt gewesen, einem Vorgesetzten zu gehorchen. Seine Eltern hätten ihn zudem »zum Raushalten erzogen«. D. sei auf einem Hof mit eingeschränkten Möglichkeiten zur Information aufgewachsen und habe sich »zum Einzelgänger« entwickelt. »Ihm war nicht bewusst, dass er etwas Verbotenes tat. So etwas war in seinem Erfahrungshorizont bisher nicht vorgekommen.« Gewisse Merkmale von Unreife habe ein Gutachter im Rahmen des Prozesses bescheinigt. Damit sei D. freizusprechen.

Sein Mandant habe keine nationalsozialistische Gesinnung gehabt, betonte Waterkamp. Die Gefangenen hätten ihm leidgetan. Während des Prozesses sei seine Familie für D. der notwendige Anker gewesen, um diesen durchzustehen. Dies wäre im Fall einer Haft nicht mehr gegeben. Der Verurteilte müsse eine Chance haben, die Haftzeit zu überleben, sagte der Verteidiger mit Hinweis auf das hohe Alter.

Zudem sollte das Gericht von der Forderung der Staatsanwaltschaft nach Zahlung der Prozesskosten absehen. Das würde seinen Mandanten wirtschaftlich ruinieren und wäre eine zweite Strafe. epd

Potsdam

Brandenburg: Ja zum Existenzrecht Israels künftig Bedingung zur Einbürgerung

Die Entscheidung der Landesregierung gilt seit Juni dieses Jahres

 18.07.2025

Berlin

Wo die Intifada globalisiert und gegen Zionisten gehetzt wird

Ein Augenzeugenbericht über einen merkwürdigen Abend an der Freien Universität, der mit einem Hausverbot endete

von Alon David  18.07.2025

Meinung

Kein Mensch interessiert sich für den AStA, aber vielleicht sollte man es

An der FU Berlin berieten Studenten darüber, wie man die Intifada globalisieren könnte. Darüber kann man lachen, doch den radikalen Israelfeinden steht der Marsch durch die Institutionen noch bevor

von Noam Petri  18.07.2025

Medien

»Besonders perfide«

Israels Botschafter wirft ARD-Korrespondentin Sophie von der Tann Aktivismus vor. Die Hintergründe

 18.07.2025

Analyse

Inszenierung des angeblich Unpolitischen

Im Prozess von Lahav Shapira gegen Burak Y. versuchte die Verteidigung, so zu tun, als hätte die Nötigung des jüdischen Studenten nichts mit dem Nahost-Konflikt zu tun. Doch Burak Y. selbst unterlief diese Strategie

von Ruben Gerczikow  18.07.2025

Berlin

Israelisches Restaurant verschiebt wegen israelfeindlicher Proteste Eröffnung

»Ein Restaurant zu eröffnen, sollte eine fröhliche Feier sein«, so die Betreiber. Unter den aktuellen Umständen sei es »kaum möglich, diese Freude zu spüren«

 18.07.2025

Washington D.C.

Trump will Veröffentlichung einiger Epstein-Unterlagen

Der amerikanische Präsident lässt sich selten unter Druck setzen. Doch im Fall Epstein reagiert er nun. Ob das seinen Anhängern reicht?

 18.07.2025

Flandern

Gericht verbietet Transit von Militärgut für Israel

Der Hafen in Antwerpen ist einer der größten Europas. Einer Gerichtsentscheidung zufolge dürfen Schiffe, die von dort aus in den einzigen jüdischen Staat fahren, kein Militärgut mehr mitnehmen

 18.07.2025

Regierung

Warum Friedrich Merz Angela Merkel erst zum 100. Geburtstag öffentlich gratulieren will

Alte Rivalität rostet nicht? Als der Bundeskanzler in Großbritannien auf das Verhältnis zu seiner Vorvorgängerin angesprochen wird, reagiert er schlagfertig

 17.07.2025