EMG

Unser Sommermärchen

Die 14. European Maccabi Games sind am Dienstagabend in der Berliner Waldbühne feierlich eröffnet worden. Foto: Gregor Zielke

Die 14. European Maccabi Games 2015 in Berlin haben begonnen. Eine spektakuläre Eröffnungsfeier in der Waldbühne bildete den Auftakt zu einer Veranstaltung, deren Wirkungskraft weit über das Sportliche hinausgeht.

Mehr als 2100 jüdische Sportlerinnen und Sportler aus 38 Ländern sind zu Gast in Berlin. Und Makkabi Deutschland stellt mit 365 Teilnehmern die größte Delegation, die größte in seiner 50-jährigen Geschichte. Hunderte jüngere und ältere Sportler, die sich freuen, Freunde aus der ganzen Welt in ihrer Hauptstadt willkommen zu heißen und ein Zeichen zu setzen für ein natürliches und selbstbewusstes jüdisches Leben in Deutschland.

Sieg Dass wir Juden uns 70 Jahre nach der Schoa dort zu sportlichen Wettkämpfen treffen, wo die Nazis 1936 ihre gigantische Propagandashow rund um die Olympischen Sommerspiele veranstalteten, ist ein Sieg über die Geschichte. Zentralratspräsident Josef Schuster sprach sogar von einem Sommernachtstraum.

Sommernachtstraum? Da werden Erinnerungen an das Sommermärchen des Jahres 2006 wach, als Deutschland Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft war. 31 Tage lang war das Land in einem Fußballrausch. Und das hat das Bild Deutschlands in der Welt nachhaltig verändert.

Wir stehen aber immer noch vor großen Herausforderungen in Deutschland und Europa, besonders in dieser Zeit. Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religion leben nicht immer friedlich mit- und nebeneinander. Flüchtlinge werden angegriffen, Asylbewerberheime in Brand gesteckt, der islamistische Terror wird zunehmend zur Gefahr, die Zahl rechtsextremistischer Straftaten erreicht ein Rekordhoch. Wir sind als Juden direkt davon betroffen, antisemitische Übergriffe nehmen immer mehr zu. Davor darf man die Augen auch während der EMG nicht verschließen.

Dennoch: Gerade der Sport vermag mit seiner ganz besonderen Faszination und Kraft eine Botschaft zu vermitteln, einem Gefühl Ausdruck zu verleihen, das bei diesen EMG unser Sommermärchen ausmachen könnte.

Fußball Diese Spiele zeigen einmal mehr die besondere Fähigkeit des Sports, Menschen zusammenzubringen. Sport verbindet. Makkabi-Deutschland-Präsident Alon Meyer hat zu Recht darauf hingewiesen, dass wir in einer globalisierten Welt leben, die gleiche Musik hören, die gleichen Filme sehen und den gleichen Fußball schauen. Auch im vergangenen Jahr, anlässlich der WM in Brasilien, trugen die Leute am Strand von Tel Aviv die Trikots von Özil oder Müller, so wie in Berlin oder Istanbul.

Ein Großteil der Menschen in Israel hat der Mannschaft von Jogi Löw bei der WM die Daumen gedrückt. Wie auch schon im Juli 2006. Und damals lautete das Motto in Deutschland: »Die Welt zu Gast bei Freunden«. Nun können und wollen wir die EMG nicht mit der Fußball-WM vergleichen. Doch neun Jahre später dürfen wir das Motto etwas abgewandelt nochmals aufgreifen: »Die jüdische Welt zu Gast bei Freunden«.

Entsprechend haben die EMG schon am Montag begonnen – in unserem Berliner Hotel, in dem sich wie in einem Olympischen Dorf Sportler aus aller Welt begegnen. Das ging weiter bei unserer Eröffnungsfeier, als Vertreter von 38 verschiedenen Nationen mit ihren Fahnen in die Waldbühne einliefen. Auch mit der schwarz-rot-goldenen.

Und an diesem Abend schloss sich auch für mich persönlich ein Kreis. Mein Großvater hat als Einziger seiner Familie das Konzentrationslager überlebt, ist nach der Schoa in Deutschland geblieben. Wenn damals die deutsche Nationalmannschaft spielte, war er stets aufseiten der Gegner. Mein Vater ist in diesem Land geboren, er hat vielleicht schon als kleiner Junge klammheimlich den deutschen Kickern die Daumen gedrückt, aber es nie zugegeben. Und 1969, als sich noch kein anderer Jude aus Deutschland traute, war er dann der erste schwarz-rot-goldene Fahnenträger bei der Maccabiah in Israel. Heftig umstritten, viel diskutiert. Ich bin nun, Jahrgang ’83, mit der gesamten Delegation voller Freude, Deutschland bei den EMG 2015 repräsentieren zu dürfen.

Gemeinschaft Wir wollen als Gastgeber zeigen, dass wir ein natürlicher und selbstverständlicher Teil der deutschen Gesellschaft sind. Das ist eine Botschaft nach innen. Aber sie richtet sich auch nach außen, an die jüdische Gemeinschaft in aller Welt – von Israel bis Amerika: Wir zeigen, dass hier wieder eine selbstbewusste jüdische Gemeinschaft wächst. Wir stehen für ein neues, offenes und frisches Judentum in Deutschland.

Vergessen wir dabei die Geschichte? Ganz im Gegenteil. Mit den Gedenkzeremonien vor der EMG-Eröffnungsfeier haben wir im Sinne unserer jüdischen Tradition deutlich gemacht, dass wir auch in den glücklichsten Momenten an die schwierigsten und traurigsten Stunden der Vergangenheit denken. Die Vergangenheit wird uns immer begleiten. Doch sagen wir jetzt auch, dass die Zeit reif ist für ein neues jüdisches Leben; dass wir stolz sein können, als Juden in Deutschland zu leben. Und das ist doch eine wunderbare Entwicklung, die wir während des Sommermärchens der EMG 2015 feiern können.

Der Autor ist Beisitzer im Präsidium von Makkabi Deutschland.

Israel

Netanjahu warnt Türkei

Israel will die Zusammenarbeit mit Griechenland und Zypern stärken. Gleichzeitig richtet der Premier scharfe Worte an Ankara

 23.12.2025

New York

Mitglieder von Mamdanis Team haben Verbindungen zu »antizionistischen« Gruppen

Laut ADL haben mehr als 80 Nominierte entsprechende Kontakte oder eine dokumentierte Vorgeschichte mit israelfeindlichen Äußerungen

 23.12.2025

Düsseldorf

Reul: Bei einer Zusammenarbeit mit der AfD wäre ich weg aus der CDU

Die CDU hat jede koalitionsähnliche Zusammenarbeit mit der AfD strikt ausgeschlossen. Sollte sich daran jemals etwas ändern, will Nordrhein-Westfalens Innenminister persönliche Konsequenzen ziehen

 23.12.2025

Interview

»Diskrepanzen zwischen warmen Worten und konkreten Maßnahmen«

Nach dem Massaker von Sydney fragen sich nicht nur viele Juden: Wie kann es sein, dass es immer wieder zu Anschlägen kommt? Auch der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sieht Defizite

von Leticia Witte  22.12.2025

Washington D.C.

Kritik an fehlenden Epstein-Dateien: Minister erklärt sich

Am Freitag begann das US-Justizministerium mit der Veröffentlichung von Epstein-Akten. Keine 24 Stunden später fehlen plötzlich mehrere Dateien - angeblich aus einem bestimmten Grund

von Khang Mischke  22.12.2025

Australien

Behörden entfernen Blumenmeer für die Opfer von Bondi Beach

Die Regierung von New South Wales erklärt, man habe sich vor dem Abtransport der Blumen eng mit der jüdischen Gemeinde abgestimmt

 22.12.2025

Sydney

Attentäter warfen Sprengsätze auf Teilnehmer der Chanukka-Feier

Die mutmaßlichen Attentäter Naveed und Sajid Akram bereiteten sich auf das Massaker vor. Ihre Bomben explodierten nicht

 22.12.2025

New York

Tucker Carlson ist »Antisemit des Jahres«

Die Organisation StopAntisemitism erklärt, ausschlaggebend seien Beiträge, in denen er erklärten Judenhassern, Holocaustleugnern und extremistischen Ideologen eine große Bühne geboten habe

 22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025