Extremismus

»Unerträglich und würdelos«

»So sieht die Partei hinter bürgerlicher Maske aus«: Gauland am Samstag beim Bundeskongress der Jungen Alternative für Deutschland Foto: dpa

Äußerungen von AfD-Chef Alexander Gauland zur NS-Zeit sind bei Holocaust-Überlebenden auf Entsetzen und Empörung gestoßen. Der Exekutiv-Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, Christoph Heubner, dankte zugleich am späten Samstagabend Politikern aller demokratischen Parteien dafür, dass sie diese »unerträglichen und würdelosen Äußerungen« Gaulands massiv verurteilt und zurückgewiesen haben.

Gauland hatte am Samstag auf dem Bundeskongress der Jungen Alternative für Deutschland im thüringischen Seebach gesprochen. Medien zitierten ihn mit den Worten: »Hitler und die Nazis sind nur ein Vogelschiss in über 1000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte.« Der von den Delegierten gefeierte Satz fiel demnach nach einem Bekenntnis Gaulands zur Verantwortung der Deutschen für den Nationalsozialismus von 1933 bis 1945.

auschwitz-komitee Christoph Heubner vom Internationalen Auschwitz Komitee sagte, Gauland habe bewusst die Bühne der AfD-Jugend genutzt, um die Tür der Partei »noch weiter ins Rechtsextreme zu öffnen und Herrn Höcke und dessen Wunsch nach einer totalen Abkehr von der deutschen Erinnerungspolitik seine Unterstützung zu erweisen«. Für Auschwitz-Überlebende wirkten «die kühl kalkulierten und hetzerischen Äußerungen« Gaulands nur noch widerlich.

Klare Worte findet auch der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zu den Äußerungen von AfD-Chef Gauland. »Der Holocaust, die systematische und industriell organisierte Vernichtung von über sechs Millionen Menschen, stellt ein bis dahin in der Weltgeschichte präzedenzloses Verbrechen dar«, sagte Klein der Tageszeitung »Die Welt«.

Deutschland habe nach seinem verlorenen Angriffskrieg in Schutt und Asche gelegen, fügte Klein hinzu: »Er kostete etwa 60 Millionen Menschen, darunter viele Millionen Deutsche, das Leben. Diese Bilanz der NS-Zeit als ›Vogelschiss‹ zu bezeichnen, empört mich zutiefst.«

verharmlosung Auch Spitzenpolitiker von CDU, SPD und Grünen zeigten sich entsetzt. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil sagte, der AfD-Chef lasse mit einer solchen Aussage jegliche Fassade fallen. »Das ist eine erschreckende Verharmlosung des Nationalsozialismus. Es ist eine Schande, dass solche Typen im Deutschen Bundestag sitzen«, fügte Klingbeil hinzu.

CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer schrieb im Kurznachrichtendienst Twitter: »50 Mio. Kriegsopfer, Holocaust und totaler Krieg für AfD und Gauland nur ein ›Vogelschiss‹! So sieht die Partei hinter bürgerlicher Maske aus.«

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt nannte Gaulands Äußerungen gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe einen »unfassbaren Schlag ins Gesicht von allen Überlebenden des Holocaust, ihren Nachfahren und Angehörigen«. Sie fügte hinzu: »Unsere deutsche Geschichte hat gezeigt, wie Nationalismus, Hass und Hetze in den Abgrund führen. Es ist erschreckend, zu welcher Verrohrung die AfD mit solchen Äußerungen beiträgt.« epd

Berlin/Jerusalem/Tel Aviv

60 Jahre diplomatische Beziehungen: Deutsch-israelischer Buchmesse-Pavillion abgesagt

Regierungsbeamte in Israel sind enttäuscht. Die Bundesregierung sieht die Sache anders

 12.12.2024

Meinung

Wenn Social Media zur Gefahr für die Demokratie wird

Politik und Plattformbetreiber müssen konsequent gegen Desinformation und Hetze vorgehen

von Anna Staroselski  12.12.2024

Berlin

Roth: Israelische Angriffe auf syrische Waffenlager verständlich

Israels Luftwaffe bombardiert seit dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad massiv militärische Einrichtungen in Syrien. Der SPD-Politiker zeigt dafür zum Teil Verständnis

 12.12.2024

Nach Eklat

Vatikan entfernt Jesus-Kind mit Keffiyeh

Nach tagelanger Kritik hat die katholische Kirche nun reagiert, auch wenn sie sich öffentlich nicht äußert

von Nils Kottmann  12.12.2024

Baden-Württemberg

Nach antisemitischen Anfeindungen: Innenminister will Pfarrer schützen

Ein evangelischer Pastor in Langenau bei Ulm wird seit Monaten wegen seiner Kritik an den Hamas-Massakern angefeindet

 12.12.2024

Berlin

Was die Bundesregierung gegen Antisemitismus tun will

Mehr Beauftragte, mehr Programme - und trotzdem mehr Judenhass. Der neue Bericht der Bundesregierung zeigt Fortschritte und Lücken bei der Bekämpfung von Antisemitismus auf. Eine Bilanz der vergangenen vier Jahre

 12.12.2024

Leitartikel

Islamisten als Befreier?

Nach dem Sturz der blutigen Assad-Diktatur atmet die Welt auf. Was die Umwälzungen für den Nahen Osten bedeuten – und für Israels Sicherheit

von Peter R. Neumann  12.12.2024

Europa

Kniefall in Warschau - Söder gedenkt Polens Kriegsopfern

In Warschau legt Markus Söder einen Opferkranz nieder und kündigt polnische Hinweisschilder für Bayerns Gedenkstätten an. Im Gespräch mit dem Regierungschef geht es um einen aktuellen Krieg

 11.12.2024

Meinung

Syrien: Warum machen wir immer wieder den gleichen Fehler?

Der Westen sollte keinem Mann vertrauen, der bislang als Terrorist gesucht wurde

von Jacques Abramowicz  11.12.2024