Bundesländer

Thüringen erwägt Berufung eines Antisemitismusbeauftragten

Der Landtag in Erfurt Foto: dpa

Thüringens rot-rot-grüne Landesregierung denkt über einen Antisemitismusbeauftragten für den Freistaat nach. Man befinde sich derzeit in Gesprächen mit der Landesregierung von Rheinland-Pfalz, um Erfahrungen auszutauschen, sagte Regierungssprecher Günter Kolodziej der in Weimar erscheinenden Mitteldeutschen Kirchenzeitung »Glaube + Heimat«.

Eine Entscheidung soll aber erst im kommenden Jahr fallen, heißt es aus der Staatskanzlei. In Rheinland-Pfalz haben wie in Hessen, Baden-Württemberg und Bayern sowie auf Bundesebene Antisemitismusbeauftragte ihre Arbeit aufgenommen. Zuletzt hatte der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet (CDU), angekündigt, in Kürze einen Antisemitismusbeauftragten zu berufen.

rückblick Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte sich zuletzt im Mai gegen einen Antisemitismusbeauftragten auf Landesebene ausgesprochen. Thüringen habe seit dem Brandanschlag auf die Erfurter Synagoge im Jahr 2001 mit dem »Thüringen Monitor« institutionell ein Instrument geschaffen, um sich permanent mit dem Thema Antisemitismus zu befassen, sagte Ramelow damals in einem Interview. »Das ist nach meinem Verständnis besser und sinnvoller, als nur eine Person zu beauftragen.«

Einmal im Jahr gebe es dazu eine Regierungserklärung und der Landtag nehme sich viel Zeit für die Debatte. »Auch die Enquete-Kommission des Landtags zu ›Ursachen und Formen von Rassismus und Diskriminierungen in Thüringen‹ beschäftigt sich intensiv mit dem Thema«, teilte Ramelow damals mit und ergänzte: »Da haben andere Bundesländer noch ziemlichen Nachholbedarf.«

Er setze im Kampf gegen Antisemitismus zudem auf »kulturelle Erfahrungen mit der Vielfalt«, so Ramelow weiter. Dazu gehörten in seinem Land die Jüdisch-Israelischen Kulturtage und das Festival »Achava«. Zudem werde der interreligiöse Dialog in Thüringen »auf sehr konstante Art gelebt und gepflegt. Gerade weil Antisemitismus weder neu noch harmlos ist, müssen wir das Berührende in den Religionen greifbar machen«.

kontakte Auch Sachsen-Anhalt hat bislang keinen Antisemitismusbeauftragten. Die Bekämpfung des Antisemitismus und ein gutes Verhältnis zum Staat Israel seien Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) wichtige Anliegen, sagte Sachsen-Anhalts Regierungssprecher Matthias Schuppe der Kirchenzeitung. Haseloff pflege dazu umfangreiche Kontakte zu jüdischen Bürgern und Organisationen.

In ostdeutschen Bundesländern lag die Zahl judenfeindlicher Straftaten in den Jahren 2010 bis 2018 deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Im Durchschnitt waren es in Thüringen pro 100.000 Einwohner 29,8 Delikte, in Sachsen-Anhalt 23,8 und in Brandenburg 28,7.

Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen wurden seit 2010 insgesamt 2272 antisemitische Straftaten begangen. Damit lag die Zahl der Delikte bezogen auf die Einwohnerzahl mit 12,7 unter dem Bundesdurchschnitt. Am niedrigsten hingegen ist die Zahl der Straftaten je 100.000 Einwohner in südlichen Bundesländern wie Bayern (9,4), Baden-Württemberg (8,8) und Rheinland-Pfalz (8,3). epd/ja

Interview

»Wir müssen viel mehr für die Rückführung von Antisemiten tun«

Der Bundestagsabgeordnete Johannes Volkmann (CDU) über den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland, die zögerliche Reaktion der Politik und Abschiebungen als Gefahrenabwehr

von Joshua Schultheis  13.11.2025

Berlin

Wegner setzt im Fördermittelstreit auf Aufklärung

»Es sind Vorwürfe im Raum, die muss man sich genau anschauen. Und dann werden wir gegebenenfalls, wenn es notwendig ist, die richtigen Konsequenzen ziehen«, betont der Regierende Bürgermeister

 12.11.2025

Deutschland

Waffen für Anschläge besorgt: Weiteres Hamas-Mitglied festgenommen

Der Mann soll ein Sturmgewehr, mehrere Pistolen und Munition für Anschläge auf jüdische und israelische Einrichtungen besorgt haben

 12.11.2025

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Einmischung

Trump fordert Begnadigung Netanjahus

Israels Regierungschef Netanjahu steht wegen Betrugs, Bestechung und anderer Vorwürfe vor Gericht. Israels Präsident müsse ihn begnadigen, forderte nun US-Präsident Trump - damit er das Land vereinen könne

 12.11.2025

Sabine Brandes

Wie Donald Trump Israels Demokratie angreift

Der US-Präsident hat angekündigt, in den Korruptionsprozess gegen Israels Premierminister Benjamin Netanjahu eingreifen zu wollen. Damit geht der Amerikaner eindeutig zu weit

von Sabine Brandes  12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Verhandlung über Waffenlieferungen an Israel

Insgesamt sechs Kläger wollen vor dem Berliner Verwaltungsgericht in zwei Fällen feststellen lassen, dass der Export deutscher Rüstungsgüter an Israel rechtswidrig war. Eine Entscheidung wird noch für Mittwoch erwartet

 12.11.2025