Berlin

Studie: Judenhass unter Muslimen weiter verbreitet als bei Deutschen ohne Migrationshintergrund

Foto: Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V./dpa

Musliminnen und Muslime in Deutschland stimmen laut einer Untersuchung häufiger klassisch antisemitischen Aussagen zu als Menschen anderer Religionszugehörigkeit. Das trifft auch auf israelbezogene Judenfeindschaft zu, wie aus der Ausarbeitung des Mediendienstes Integration hervorgeht, die am Mittwoch online vorgestellt wurde. Sie beleuchtet nicht nur Antisemitismus unter Menschen muslimischen Glaubens, sondern auch mit Migrationshintergrund.

Auch bei diesen ist demnach Antisemitismus in Bezug zum Staat Israel weiter verbreitet als bei Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte. So sei in einigen Herkunftsländern vor allem des Nahen Ostens Antisemitismus weiter verbreitet als in Deutschland oder sogar Teil »staatlicher Propaganda«. Ein nicht eindeutiges Bild ergebe sich beim klassischen Antisemitismus: Dort fänden Studien aus den vergangenen Jahren mal höhere, mal niedrigere Zustimmungswerte.

Die Leugnung des Holocaust oder eine Täter-Opfer-Umkehr, der »sekundäre Antisemitismus«, sei dagegen unter Menschen mit Migrationshintergrund weniger weit verbreitet als bei denen ohne Zuwanderungsgeschichte. Zwischen Musliminnen und Muslimen und Angehörigen anderer Religionen gebe es kaum Unterschiede. Da es auch um eine Auseinandersetzung mit der eigenen Familiengeschichte und der deutschen Identität gehe, sei dies weniger relevant für Deutsche mit Migrationshintergrund - »und für Menschen ohne deutschen Pass umso weniger«.

Die Untersuchung betont jedoch zugleich, dass Antisemitismus unter Musliminnen und Muslimen oft eher eine Folge konservativ-autoritärer Einstellungen sei als der Religion an sich. Das gehe etwa aus dem »Berlin-Monitor« von 2019 hervor, der Zustimmungswerte unter Musliminnen und Muslimen mit denen von AfD-Wählern vergleiche.

Auch gebe es Hinweise, dass regionale beziehungsweise nationale Diskurse - im Fall von Migrantinnen und Migranten etwa im Herkunftsland - einen stärkeren Einfluss auf negative Einstellungen gegenüber Jüdinnen und Juden hätten als religiöse Zugehörigkeit. Hinzu kämen unterschiedliche Einstellungen innerhalb der Glaubensrichtungen des Islams. Und es gebe auch Menschen christlichen Glaubens, die Ressentiments zeigten.

Einschränkungen gebe es bei der Kategorie »Migrationshintergrund«, die nur bedingt aussagekräftig sei: »Wichtige Faktoren für antisemitische Einstellungen sind, wie lange die jeweiligen Personen bereits in Deutschland leben, ob sie eingebürgert wurden und aus welchem Herkunftsland sie kommen«, heißt es. So schwinde etwa eine höhere Zustimmung zu antisemitischen Aussagen, je länger Migrantinnen und Migranten in Deutschland lebten.

Das Bundeskriminalamt hatte für 2021 einen Höchststand von bundesweit 3027 antisemitisch motivierten Straftaten verzeichnet. Die Mehrheit wurde dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet.

Die neue Untersuchung hält fest: »In der gesamten Gesellschaft ist Antisemitismus weit verbreitet.« Dafür wurden Studien von 2017 bis 2022 ausgewertet. Autorin ist Sina Arnold vom Zentrum für Antisemitismusforschung an der Technischen Universität Berlin. Der Mediendienst Integration versteht sich als ein Informationsservice für Journalistinnen und Journalisten zu den Themen Flucht, Migration und Diskriminierung.

Deutschland

Bildungszentrum von Yad Vashem soll Leerstelle füllen

Das in Deutschland geplante Bildungszentrum der Gedenkstätte Yad Vashem soll ein größeres Bild in den Dialog der Erinnerungskultur bringen

 31.12.2025

Rohstoffe

Wandel durch Handel

Der Erdgasdeal zwischen Israel und Ägypten hat auch eine sicherheitspolitische Dimension

von Sabine Brandes  31.12.2025

Arlington (Virginia)

USA genehmigen Milliardenauftrag: Neue F-15-Kampfjets für Israel

Der Vertrag umfasst die Entwicklung, Integration, Erprobung, Produktion und Lieferung von zunächst 25 neuen Maschinen

 30.12.2025

Terror

Warum?

Die nichtjüdische Deutsche Carolin Bohl wurde am 7. Oktober 2023 von der Hamas brutal ermordet. Hier nimmt ihre Mutter Abschied von der geliebten Tochter

von Sonja Bohl-Dencker  30.12.2025

Einspruch

Solidarität mit Somaliland

Sabine Brandes findet Israels Anerkennung der Demokratie am Horn von Afrika nicht nur verblüffend, sondern erfrischend

von Sabine Brandes  30.12.2025

Meinung

Für mich heißt Neujahr Nowy God

Das Neujahrsfest hat mit dem Judentum eigentlich nichts zu tun. Trotzdem habe ich warme Erinnerungen an diesen Feiertag

von Jan Feldmann  30.12.2025

London

Vorwurf gegen Facebook: Beiträge feiern Mord an Juden und bleiben online

»Die Beiträge, die den Anschlag von Bondi feiern, sind schlicht widerwärtig«, sagt Dave Rich von der jüdischen Organisation CST in England

 30.12.2025

Berlin

Tagung »Digitale Horizonte«: Wie sich Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter wandelt

Wie verändert die Digitalisierung das kollektive Erinnern? Welche Chancen eröffnen neue Technologien – und wo liegen ihre Grenzen? Mit diesen Fragen beschäftigt sich die Konferenz

 30.12.2025

Deutschland

Shahak Shapira »superverbittert« über Antisemitismus

Shahak Shapira spricht offen über seinen Frust angesichts von Antisemitismus in Deutschland – und wie er mit politischer Comedy darauf reagiert

 29.12.2025