Ludwigsburg

Straffreiheit für die letzten Täter?

Denkmal für die Opfer des Massakers von Babi Jar in Kiew Foto: dpa

Fast drei Jahre nach Beginn von Vorermittlungen zu Verbrechen der NS-Einsatzgruppen untersucht die Zentrale Stelle zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg immer noch Vorwürfe gegen drei mutmaßliche Angehörige der Waffen-SS, die an dem berüchtigten Massaker von Babi Jar im Herbst 1941 in der Ukraine beteiligt gewesen sein könnten.

Bei dem Massenmord hatten Mitglieder der sogenannten Einsatzgruppe C am 29. und 30. September in einer Schlucht in der Nähe von Kiew mehr als 30.000 Juden, erschossen, unter ihnen viele ältere Menschen, Frauen und Kinder.

Der Leiter der Zentralen Stelle in Ludwigsburg und Leitende Oberstaatsanwalt Jens Rommel sagte der Jüdischen Allgemeinen, bei den Betroffenen handele es sich um einen 94-Jährigen und zwei 95 Jahre alte Männer. Alle drei leben in Deutschland und wurden bisher strafrechtlich nicht zur Verantwortung gezogen.

interviews Das ARD-Politmagazin Kontraste hatte für einen am vergangenen Donnerstag ausgestrahlten Beitrag zwei Männer im Alter von 94 und 95 Jahren interviewt. Beide wollten sich in den Interviews nicht äußern oder bestritten eine Tatbeteiligung an dem Massenmord in Babi Jar.

Mit mobilen und stationären Einheiten hatten die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD im Zweiten Weltkrieg Hunderttausende von Menschen in von Deutschland besetzten Gebieten ermordet. Die Einsatzgruppe C war für den Massenmord an Juden in der Ukraine zuständig.

Die Vorermittlungen der Zentralen Stelle in Ludwigsburg beruhen auf einer Liste von mutmaßlichen Mitgliedern der Einsatzgruppen, die das Simon Wiesenthal Center bereits im September 2014 an das Bundesjustizministerium übermittelt hatte. Von insgesamt 79 Männern seien 71 verstorben, sagte der Leiter der Zentralen Stelle, Jens Rommel.

einsatzgruppe Zu acht Personen dauerten die Vorermittlungen an. Neben den drei Männern, die der Einsatzgruppe C angehört haben sollen, geht es um fünf Männer, die als Mitglieder der Einsatzgruppe A im Baltikum an NS-Verbrechen beteiligt gewesen sein sollen. Gegen einen dieser Männer werde das Verfahren voraussichtlich eingestellt, da eine deutsche Staatsanwaltschaft bereits zuvor ihre Ermittlungen gegen den Betroffenen eingestellt habe, so Rommel. Im Falle der anderen vier werde weiter ermittelt.

Efraim Zuroff, Leiter des Simon Wiesenthal Center, hatte in dem Kontraste-Beitrag scharfe Kritik an den schleppenden Verfahren geübt. »Worauf warten sie? Darauf, dass sie sterben? Dass sie krank werden und nicht mehr vor Gericht gestellt werden können?«, sagte er.

Oberstaatsanwalt Rommel bestätigte, dass seiner Behörde insgesamt acht Ermittler zur Verfügung stünden. Aus ermittlungstechnischen Gründen habe seine Behörde die Ressourcen vor allem gegen Täter eingesetzt, die in NS-Konzentrationslagern an Morden beteiligt gewesen sein sollen. Derzeit laufen in Ludwigsburg noch Vorermittlungen gegen mutmaßliche Täter aus den Konzentrationslagern Auschwitz, Bergen-Belsen, Buchenwald, Mauthausen, Mittelbau-Dora, Neuengamme, Ravensbrück und Stutthof.

anklage Die Mitglieder der Einsatzgruppen seien in der Regel älter gewesen – und ihre Täterschaft auch deshalb schwerer nachzuweisen, weil die Einsatzgruppen ihre Morde »mobil«, an mehreren Orten, verübt hätten, erklärte Rommel. Für eine Anklage wegen der Verbrechen in Babi Jar sei es nicht nötig, Tätern nachzuweisen, dass sie einzelne Menschen bei dem Massaker getötet hätten. Es genüge zur Strafbarkeit aber auch nicht, allein ihre Mitgliedschaft in der Einsatzgruppe C zu belegen.

Notwendig sei es vielmehr, zu beweisen, dass die Männer tatsächlich im Sommer 1941 einer bestimmten Untereinheit (3. Kompanie des Bataillons der Waffen-SS zur besonderen Verwendung) angehört hätten, und dass diese Untereinheit wie das Sonderkommando 4a der Einsatzgruppe C an dem Massaker in Babi Jar beteiligt war. Bis zu welchem Zeitpunkt seine Behörde diese Fragen klären wird, konnte Rommel nicht sagen.

Düsseldorf

Wolfgang Rolshoven mit Josef-Neuberger-Medaille geehrt

Mit der Auszeichnung würdigte die Jüdische Gemeinde Rolshovens jahrzehntelanges Engagement für jüdisches Leben und seinen entschlossenen Einsatz gegen Judenhass

 31.10.2025

Berlin/München

Nach Terror-Skandal beim ZDF: ARD überprüft Mitarbeiter in Gaza

Alle in Gaza tätigen Mitarbeiter hätten versichert, keinerlei Nähe zu Terrororganisationen zu haben, sagt der zuständige Bayerische Rundfunk

 31.10.2025

Nürnberg

»Nie wieder darf Hass die Oberhand gewinnen«

Kongressabgeordnete aus Washington D.C., Touristen aus China und Geschichtsinteressierte aus Franken: Das Interesse an den Nürnberger Prozessen ist 80 Jahre nach dem Start des historischen Justizereignisses ungebrochen

von Michael Donhauser  31.10.2025

Ankara

Offene Konfrontation zwischen Erdogan und Merz über Israel und Gaza

Eigentlich wollte der Bundeskanzler bei seinem Antrittsbesuch neue Harmonie in die deutsch-türkischen Beziehungen bringen. Bei einer Pressekonferenz mit mit türkischen Präsidenten kommt es stattdessen zur offenen Konfrontation

von Anne Pollmann, Michael Fischer, Mirjam Schmitt  31.10.2025

Jerusalem/Düsseldorf

Yad Vashem will beim Standort in Deutschland eine schnelle Entscheidung

In Nordrhein-Westfalen, Bayern oder Sachsen soll erstmals außerhalb Israels ein Bildungszentrum zum Holocaust entstehen. Die Entscheidung soll zügig fallen

 31.10.2025

Meinung

Ich kann euch nicht hören

Während im Sudan die schwerste humanitäre Krise der Welt tobt, schweigen die selbst ernannten Menschenrechts-Demonstranten in Europa und auf der Welt

von Sophie Albers Ben Chamo  31.10.2025

Halle

»Hetze gegen Israel«: Rektorin der Uni Halle gibt Fehler zu 

Die Veranstaltung an der (MLU) fand unter dem Titel »Völkermord in Gaza« statt

 30.10.2025

Bayern

Jüdischer Landesverband kritisiert Dehler-Preis für Imam Idriz scharf

Kritisch äußert sich der Verbandspräsident Josef Schuster insbesondere zu Äußerungen des Imams in Zusammenhang mit dem Krieg in Gaza

 30.10.2025

Russland

Moskaus Kalkül

Warum der Kreml wenig Interesse daran hat, dass der US-Friedensplan für den Gazastreifen funktioniert

von Alexander Friedman  30.10.2025