Nahostkonflikt

»Stimmungsmache gegen Israel«

Auf einer Demonstration von Amnesty International in Berlin, Juli 2013 Foto: picture alliance / dpa

Der Zentralrat der Juden in Deutschland und die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) verurteilen den sogenannten Briefmarathon der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI). Zum wiederholten Mal betreibe AI »auf eklatante Weise Hetze gegen Israel«, erklärte die DIG. Statt der unparteiische Sachwalter allgemeiner Menschenrechte zu sein, übernehme Amnesty International »kritiklos die Argumentation von Terroristen«.

Bei aller Wertschätzung für die wichtige Arbeit von AI sei diese Aktion »eine regelrechte Stimmungsmache gegen Israel«, erklärte die DIG. »Wer Israel auf eine Stufe mit Weißrussland stellt und die israelische Armee als gewalttätige Unterdrücker beschreibt, die im Westjordanland Kinder tötet, betreibt nichts anderes als Hetze gegen Israel. Hier findet Propaganda im Stil von Hamas und Co. statt und keine ausgewogene Aufklärungsarbeit.«

zentralrat »Gut gemeint ist oft das Gegenteil von gut gemacht«, kritisiert der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, die Aktion. Sicherlich wolle Amnesty International mit seinem Briefmarathon zu einer Verbesserung der Menschenrechtslage im Nahen Osten beitragen. Doch leider bediene die Organisation »das antisemitische Narrativ, das Israel als alleinigen Täter« darstelle, so Schuster. »Altersgerechte Erläuterungen über die Lage im Westjordanland, die den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern objektiv einordnen, fehlen hingegen völlig.«

Die Amnesty-Aktion könne daher dazu beitragen, israelbezogenen Antisemitismus zu verstärken, der ohnehin an vielen Schulen vorhanden sei. Schuster äußerte die Hoffnung, dass sich die Schulen ihrer Verantwortung bewusst seien und die Kampagne nicht an ihre Schüler herantragen oder sie kritisch hinterfragen.

Amnesty International hat den Vorwurf des Zentralrats zurückgewiesen, antisemitische Vorurteile zu schüren. Die Menschenrechtsorganisation sei sich des Risikos einer Instrumentalisierung der Arbeit zu Israel und den palästinensischen Gebieten bewusst, sagte Amnesty-Sprecher Hyun-Ho Cha am Mittwoch in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Organisation begegne dieser Gefahr «durch eine klare Abgrenzung von jeder Form von Antisemitismus».

PETITION In der AI-Petition heißt es: »Janna Jihad wünscht sich eine ganz normale Jugend. Doch die 15-Jährige lebt in dem von Israel besetzten Westjordanland, wo systematische Diskriminierung und Unterdrückung Alltag sind.« Jihad dokumentiere »die Unterdrückung und Gewalt der israelischen Armee gegenüber der palästinensischen Bevölkerung, einschließlich der Minderjährigen, die regelmäßig zu Todesopfern führt«.

Israel habe »zwar das UN-Übereinkommen über die Rechte des Kindes unterzeichnet, die Schutzmaßnahmen gelten bisher aber nicht für die palästinensischen Kinder und Jugendlichen im Westjordanland. Weil Janna weiterhin engagierten Journalismus betreibt, wird sie schikaniert und mit dem Tode bedroht«.

In den Hintergrundinformationen zur Petition schreibt AI auf ihrer Webseite, Jihad berichte »mit journalistischen Mitteln über ihren Alltag im Westjordanland«. Als sie sieben Jahre alt war, habe die israelische Armee ihren Onkel getötet. »Etwa zu dieser Zeit beginnt sie ihre Arbeit als Reporterin: Mit einem Handy zeichnet Janna Repressionen auf, Tötungen und Kollektivstrafen, die sie und ihre Gemeinschaft erleben. Über ihre Social-Media-Kanäle zeigt sie der Welt, wie das Leben in den besetzten Gebieten ist.«

WARNUNG »Ich verurteile diese Form des institutionellen Israelhasses«, betont der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG), Uwe Becker. »Ich kann nur jeder Schule den Rat geben, vorsichtig im Umgang mit dieser Aktion zu sein und zumindest das Fallbeispiel der jungen Palästinenserin Janna nicht einfach im Unterricht zu nutzen. Hier wird der Nahostkonflikt zum Israelproblem gemacht und völlig ohne Zusammenhang gegen das Land und seine Verteidigungskräfte gehetzt. Eine solch einseitige und parteiische Aktion schürt nur den Hass junger Menschen gegen Israel und sollte keine Verwendung an Schulen in Deutschland finden«, so DIG-Präsident Uwe Becker weiter.

Die Aktion könne »leider dazu beitragen, den israelbezogenen Antisemitismus zu verstärken, mit dem wir es ohnehin in vielen Schulen zu tun haben«, kritisiert Zentralratspräsident Schuster. Er hofft, »dass sich die Schulen ihrer Verantwortung bewusst sind und diese Kampagne nicht an ihre Schüler herantragen oder sie kritisch hinterfragen«. ja

Jubiläum

Stimme der Demokratie

Vor 75 Jahren wurde der Zentralrat der Juden in Deutschland gegründet. Heute hat das Gremium vielfältige Aufgaben und ist unverzichtbarer Teil dieses Landes

von Detlef David Kauschke  17.09.2025

Europäische Union

Wie die EU-Kommission Israel sanktionieren will

Ursula von der Leyens Kommission will Israel alle Handelsvergünstigungen streichen. Doch eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten ist (noch) nicht in Sicht. Die Hintergründe

von Michael Thaidigsmann  17.09.2025

Meinung

Sánchez missbraucht ein Radrennen für seine Israelpolitik

Dass Spaniens Regierungschef die Störer der Vuelta lobte, ist demokratieschwächend und gehört zu seinem Kalkül, Israel weltweit zu isolieren

von Nicole Dreyfus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

Zentralrat

Schuster: Zwei-Staaten-Lösung nach Friedensverhandlungen mit Israel

Ein jeweils selbstständiger Staat Israel und Palästina - dafür spricht sich auch der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland aus. Unter bestimmten Voraussetzungen

von Leticia Witte  17.09.2025

Köln

Antisemitische Ausschreitungen bei Kreisliga-Spiel

Spieler des Vereins Makkabi wurden offenbar beschimpft, bespuckt und körperlich attackiert

 17.09.2025

Antisemitismus

Berliner Treitschkestraße wird am 1. Oktober umbenannt

Der Straßenname erinnert künftig an die im KZ Theresienstadt gestorbene ehemalige Direktorin des früheren jüdischen Blindenheims von Steglitz, Betty Katz (1872-1944)

 17.09.2025

Kritik

Toni Krahl hat »kein Verständnis« für israelfeindliche Demonstrationen

Was in der Region um Israel passiere, sei ein Drama, das sich über Jahrzehnte entwickelt habe, sagte Krahl

 17.09.2025

Berlin

Ahmetovic: Berlin muss Weg für Israel-Sanktionen freimachen

Der SPD-Politiker fordert, dass die schwarz-rote Koalition ihre »Blockadehaltung« beendet und die Vorschläge von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen für konkrete Maßnahmen gegen den jüdischen Staat unterstützt

 17.09.2025