Schuldzuweisung

Stellvertreter-Krieg

Palästinenser demonstrieren Foto: dpa

Wenn Nachrichten wie die von der gewaltsamen Verhinderung des Blockadebruchs vor Gaza die Schlagzeilen beherrschen, finden sich deutsche Juden oft in einer schwierigen Position wieder: Von Nichtjuden werden sie häufig für das, was der Staat Israel tut, mitverantwortlich gemacht und haben das Gefühl, sich rechtfertigen zu müssen.

Vorbereitet Wolfgang Nossen, Vorsitzender der Erfurter Gemeinde, war jedoch überrascht: Kein einziger Journalist rief an, um seine Meinung zu dem Vorfall einzuholen, »dabei war ich so gut vorbereitet, denn in der Vergangenheit meldete sich immer jemand, um kritische Fragen zu stellen«, sagt er. Um die zu beantworten, hatte er sich sogar extra »die Charta von Helsinki besorgt, in der Blockaden geregelt werden«, und war nach der Lektüre davon überzeugt, dass Israel rechtmäßig gehandelt hatte. Natürlich sei in den beiden örtlichen Tageszeitungen über die Vorkommnisse berichtet worden. Doch Nossen ist beruhigt: »Es waren keine hetzerischen Artikel.«

Ganz andere Töne geben einschlägige Internetforen wieder. Bei Facebook stehen Mordparolen wie »die scheiß Juden alle wieder vergasen« und »nur ein toter Jude ist ein guter Jude«. Die Jüdische Gemeinde zu Berlin hat inzwischen die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Gemeindevorsitzende Lala Süsskind kritisiert, dass ein überwiegender Teil der Berichterstattung Israel an den internationalen Pranger stelle, »während gleichzeitig Fakten über die Organisatoren dieser politischen Aktion ungenannt bleiben«. »Wir sind entsetzt darüber, wie Menschen in Deutschland ihre Kritik an der israelischen Politik in judenfeindlichen Äußerungen formulieren«, zeigt sich die Orthodoxe Rabbinerkonferenz Deutschlands empört über die unreflektierte Reaktion auf den Zwischenfall.

Vorgeschoben Der Arbeitskreis jüdischer Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten fordert, Menschenleben nicht für propagandistische Zwecke zu missbrauchen. »Auch gilt es gerade in Deutschland mit aller Kraft zu verhindern, dass die tragischen Ereignisse im Mittelmeer zu einem Vorwand für die Verbreitung von antisemitischer und israelfeindlicher Haltung missbraucht werden«, erklärt der Verein.

Um ein »Fairplay für Israel – für Wahrheit und Solidarität« setzt sich unter anderen die Synagogen-Gemeinde Köln ein. Sie ruft am kommenden Sonntag, 13. Juni, ab 14 Uhr zu einer Israel-Solidaritätskundgebung auf dem Roncalliplatz und einer anschließenden Demonstration durch die Kölner Innenstadt auf. ja

Umfrage

Studie: Für die meisten muslimischen Schüler ist der Koran wichtiger als deutsche Gesetze

Fast die Hälfte der Befragten will einen islamischen Gottesstaat

 22.04.2024

Vereinte Nationen

»Whitewash«: UNRWA-Prüfbericht vorgelegt

Eine Untersuchung sollte die schweren Vorwürfe gegen das UN-Hilfswerk aufklären - vorab sickerten erste Details durch

von Michael Thaidigsmann  22.04.2024

Berlin

Ausstellung will Leben in Geiselhaft simulieren

In der Fasanenstraße werden in einem Container die Bedingungen der Geiseln in Gaza simuliert

von Pascal Beck  22.04.2024

Rechtsextremismus

»Höckes Sprachgebrauch ist ein klarer Angriff - und erfolgreich«

Der Soziologe Andreas Kemper zu Strategien des AfD-Politikers

von Nils Sandrisser  22.04.2024

Frankreich

Französischer Bürgermeister zeigt Hitlergruß - Rücktrittsforderungen

Die Präfektur Val-de-Marne will die Justiz einschalten

 22.04.2024

Meinung

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Fall Samir

Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

Österreich

Vier Deutsche nach Gedenkbesuch bei Hitlers Geburtshaus angezeigt

Die Verdächtigen waren nach Braunau gefahren, um dort weiße Rosen niederzulegen

 22.04.2024

Berlin

Große KZ-Gedenkstätten gegen Schüler-Pflichtbesuche

Die Unionsfraktion hatte sich dafür ausgesprochen

 22.04.2024

Meinung

Erinnert euch an Ägypten

Nur eine Handvoll Mitglieder zählen die Gemeinden in Kairo und Alexandria heute. Jedoch haben die wenigsten Juden ihre Heimat aus religiöser Sehnsucht verlassen – sie wurden gewaltvoll vertrieben

von Mascha Malburg  22.04.2024