Bundesbildungsministerium

Spitzenbeamtin soll gehen

Sabine Döring Foto: picture alliance / Geisler-Fotopress

Im Bundesbildungsministerium gibt es personelle Konsequenzen nach Kritik am Umgang mit einem offenen Brief zu den antisemitischen Hochschulprotesten an der FU Berlin.

Staatssekretärin Sabine Döring soll in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden, wie Ministerin Bettina Stark-Watzinger am späten Sonntagabend mitteilte. Darum habe sie Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gebeten.

Hintergrund ist ein interner Prüfauftrag zu möglichen förderrechtlichen Konsequenzen für Hochschullehrer, die die Räumung eines Protestcamps ebenso judenfeindlicher wie aggressiver Demonstranten an der FU Berlin kritisiert hatten.

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Zur Erinnerung: Bei den Protesten Mitte Mai zogen zahlreiche »propalästinensische« Demonstranten vor die FU Berlin, besetzten Räumlichkeiten, skandierten antisemitische Schlachtrufe, verherrlichten Gewalt gegen Juden, riefen zur Auslöschung des jüdischen Staates auf, begingen Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch.

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«Die Wissenschaftsfreiheit ist ein sehr hohes Gut und zu Recht verfassungsrechtlich geschützt», erklärte Stark-Watzinger. Der entstandene Eindruck sei geeignet, das Vertrauen von Wissenschaftlern in das Bundesbildungsministerium «nachhaltig zu beschädigen». «Wissenschaftsförderung erfolgt nach wissenschaftlichen Kriterien, nicht nach politischer Weltanschauung», betonte die Ressortchefin.

Strafrechtliche Relevanz

Stark-Watzinger hatte den im Mai veröffentlichten Brief scharf kritisiert: «Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost», sagte sie damals der «Bild»-Zeitung.

Auf Anfrage der Jüdischen Allgemeinen sagte Stark-Watzinger damals: »Dieses Statement macht fassungslos. Statt sich klar gegen Israel- und Judenhass zu stellen, werden Uni-Besetzer zu Opfern gemacht und Gewalt verharmlost.«

Kürzlich berichtete dann das ARD-Magazin «Panorama» unter Berufung auf interne E-Mails, im Bildungsministerium sei um eine Prüfung gebeten worden, inwieweit Aussagen im Brief strafrechtlich relevant sind und ob das Ministerium als Konsequenz Fördermittel streichen könnte. Das sorgte für Kritik.

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Stark-Watzinger erklärte nun, ihr sei eine E-Mail der Fachebene ihres Ministeriums zu diesem Thema am 11. Juni «zur Kenntnis gebracht worden». Sie habe veranlasst, dass der Sachverhalt gründlich und transparent aufgearbeitet werde. «Fest steht, dass eine Prüfung potentieller förderrechtlicher Konsequenzen bei den zuständigen Fachreferaten in der Tat erbeten wurde.»

Förderrechtliche Konsequenzen

Die für die Hochschulabteilung zuständige Staatssekretärin Döring habe den Prüfauftrag veranlasst. «Ebenfalls hat sie erklärt, dass sie sich bei ihrem Auftrag der rechtlichen Prüfung offenbar missverständlich ausgedrückt habe. Nichtsdestotrotz wurde der Eindruck erweckt, dass die Prüfung förderrechtlicher Konsequenzen auf der Basis eines von der Meinungsfreiheit gedeckten offenen Briefes im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) erwogen werde.»

Das widerspreche den Prinzipien der Wissenschaftsfreiheit, unterstrich die FDP-Politikerin. «Prüfungen förderrechtlicher Konsequenzen wegen von der Meinungsfreiheit gedeckten Äußerungen finden nicht statt.»

Döring hatte vergangene Woche erklärt, die Hausleitung habe «sehr zeitnah nach Erteilung des Prüfauftrags klargestellt, dass zuwendungsrechtliche Aspekte» nicht Bestandteil der rechtlichen Prüfung sein sollten. Diese habe ergeben, dass der Inhalt des Briefs von der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Ausblendung des Terrors

In einem «Statement von Lehrenden an Berliner Universitäten» hatten mehr als 100 Dozenten von mehreren Berliner Hochschulen im Mai die Räumung eines Protestcamps antisemitischer Demonstranten an der Freien Universität Berlin kritisiert.

«Unabhängig davon, ob wir mit den konkreten Forderungen des Protestcamps einverstanden sind, stellen wir uns vor unsere Studierenden und verteidigen ihr Recht auf friedlichen Protest, das auch die Besetzung von Uni-Gelände einschließt», schrieben sie. Und weiter: «Wir fordern die Berliner Universitätsleitungen auf, von Polizeieinsätzen gegen ihre eigenen Studierenden ebenso wie von weiterer strafrechtlicher Verfolgung abzusehen.»

Stark-Watzinger reagierte schon damals entsetzt auf den Unterstützerbrief. «Es macht mich bis heute fassungslos, wie einseitig in diesem Brief der Terror der Hamas ausgeblendet wurde», erklärte sie nun. «Und wie dort etwa pauschal gefordert wurde, Straftaten an den Universitäten nicht zu verfolgen, während gleichzeitig antisemitische Volksverhetzung und gewalttätige Übergriffe gegen jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger zu beobachten sind.»

»Legitimer Teil«

Sie betonte jetzt aber mit Blick auf den offenen Brief auch: «Das ist ein legitimer Teil von Debatte und Meinungsfreiheit. Genauso selbstverständlich ist es, dem eine andere Meinung gegenüberzustellen.» dpa/ja

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