Meinung

Sean Spicer und der Holocaust

Moritz Piehler Foto: pr

Donald Trumps Pressesprecher Sean Spicer ist in seiner kurzen Amtszeit schon mit diversen ungelenken Auftritten aufgefallen. Man kann es sich leicht machen und über jeden Versprecher und Fauxpas schmunzeln. Es lohnt sich aber, genauer hinzuhören, besonders, wenn es um Ausfälle geht wie in der vergangenen Woche. Da unterstellte Spicer dem syrischen Diktator Assad, schlimmer als Hitler zu sein.

Dieser hätte sich nicht dazu »herabgelassen«, chemische Waffen zu benutzen. Allein dieser Vergleich wäre schon verstörend genug. Aber selbst, als ihm eine Reporterin die Chance gab, sich zu korrigieren oder gar zu entschuldigen, brachte sich Spicer immer weiter in die Bredouille, nannte schließlich Konzentrationslager »Holocaust Center« und krönte seine Verteidigungsrede damit, zu behaupten, dass Hitler das Gas »wenigstens nicht gegen seine eigenen Leute« zum Einsatz gebracht hätte.

system Es lohnt sich auch deshalb, genauer hinzuschauen, weil es in Trumps politischer Rhetorik oft um ebensolche Kategorien geht: Wer darf zu den »eigenen Leuten« gehören? Dieses »Wir gegen die« lässt sich nur durch Ungenauigkeit und grobe Verallgemeinerung aufrechterhalten. Wer dahinter kein System vermutet oder meint, dass irgendeine Minderheit davor gefeit sei, wird eine böse Überraschung erleben.

Denn Spicer ist als Pressesprecher die Stimme dieser Regierung und prägt deren Sprache entscheidend mit. Es ist die Regierung eines Präsidenten, der große Teile seines Wahlkampfes auf das gefährliche Spiel mit Ressentiments vor allem gegen Mexikaner, Afroamerikaner und Muslime aufgebaut hat, und der sich nicht scheut, auf der Klaviatur der rassistischen White-Supremacy-Bewegung zu spielen.

Es wäre ein grober Fehler, zu glauben, dieses Pendel könne bei Bedarf nicht auch gegen die jüdische Bevölkerung ausschlagen. Dafür muss man nur einige von Trumps Tweets und Kommentaren der Vergangenheit bemühen. Der US-Präsident stellt sich gerne als Freund Israels dar, hat aber andererseits kein Problem damit, sich in den Kreisen der Alt-Right-Bewegung zu tummeln und deren antisemitische Propaganda zu bedienen.

rhetorik Und es ist keineswegs so, dass dies keine Auswirkungen auf die Realität hat. Seit der Präsidentschaftswahl ist ein Anstieg an Angriffen und Drohungen gegen jüdische Einrichtungen in den USA zu verzeichnen. Wie ernst die Rhetorik der Trump-Administration und deren Anhänger genommen wird, zeigte sich in der Folge des Spicer-Eklats in den lauter werdenden Forderungen nach seiner Entlassung durch jüdische Einrichtungen und Journalisten.

Zu Recht. Denn es muss höchste Priorität von Medien und Zivilgesellschaft sein, sicherzustellen, dass Entgleisungen, die den Holocaust verwässern, Sprache und Diskurs in Richtung der neuen Rechten lenken, nicht einfach hingenommen werden. Ob vom Pressesprecher des Weißen Hauses, Facebook-Kommentatoren oder Wutbürgern auf der Straße.

Stuttgart

Polizei plant Großeinsatz bei Maccabi-Spiel

Vor den Europa-League-Auftritten gegen Maccabi Tel Aviv sind der VfB Stuttgart und der SC Freiburg alarmiert. Ein Fan-Ausschluss wie zuletzt in Birmingham ist momentan nicht geplant

 19.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  19.11.2025

Kommentar

Danke, Berlin!

Der Entscheidung der Behörden, einem Hamas-Fanboy die Staatsbürgerschaft zu entziehen, sendet ein unmissverständliches und notwendiges Signal an alle Israelhasser. Mit Mahnwachen allein können wir die Demokratie nicht verteidigen

von Imanuel Marcus  19.11.2025

München

LMU sagt Veranstaltung zu palästinensischer Wissenschaft ab

Die Universität verwies in ihrer Stellungnahme darauf, dass es erhebliche Zweifel gegeben habe, »ob es sich um eine wissenschaftliche Veranstaltung auf dem erforderlichen Niveau gehandelt hätte«

 19.11.2025

Internet

Expertin: Islamisten ködern Jugendliche über Lifestyle

Durch weibliche Stimmen werden auch Mädchen von Islamistinnen verstärkt angesprochen. Worauf Eltern achten sollten

 19.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  19.11.2025

Religion

Rabbiner: Macht keinen Unterschied, ob Ministerin Prien jüdisch ist

Karin Priens jüdische Wurzeln sind für Rabbiner Julian-Chaim Soussan nicht entscheidend. Warum er sich wünscht, dass Religionszugehörigkeit in der Politik bedeutungslos werden sollte

von Karin Wollschläger  19.11.2025

Riad/Istanbul

Scheinbar doch kein Treffen zwischen Witkoff und Hamas-Führer

Es geht um die Umsetzung der nächsten Schritte des Trump-Plans. Den zentralen Punkt der Entwaffnung der Hamas lehnt die Terrororganisation ab

 19.11.2025 Aktualisiert

Berlin

450 Einsatzkräfte schützen jüdische Einrichtungen

Zudem seien im laufenden Jahr zwei Millionen Euro in bauliche Sicherheitsleistungen für jüdische Einrichtungen investiert worden sowie 1,5 Millionen Euro in mobile Sicherheitsleistungen für jüdische Gemeindeeinrichtungen

 19.11.2025