Meinung

Schulz: Falsche Worte am falschen Ort

Martin Schulz, der Präsident des Europäischen Parlaments, SPD-Spitzenkandidat bei den anstehenden Europawahlen und aussichtsreicher Bewerber um das Amt des Kommissionspräsidenten, durfte in der Knesset in Jerusalem eine Rede halten, sogar in deutscher Sprache. Das war eine große Ehre und Chance – doch er hat sie leider nicht genutzt. Mit einer lapidaren Bemerkung, in der er das Gespräch mit einem palästinensischen Jugendlichen über ungleiche Wasserversorgung wiedergab, hat Martin Schulz vieles von dem, was er hätte erreichen können, leider kaputt gemacht.

unprofessionell Es geht nämlich nicht darum, ob Schulz inhaltlich recht hat, wie auch viele Israelis, etwa aus Meretz oder der Arbeitspartei, finden. Und es geht auch nicht darum, dass ein Politiker der israelischen Rechten wie Naftali Bennett dies für seine Zwecke ausgenutzt hat. Das war vorherzusehen – doch es war von Schulz unglaublich unprofessionell zu glauben, dass seine Bemerkung folgenlos bliebe.

Selbstverständlich kann und darf das für Israelis und Palästinenser sehr wichtige Wasserthema auch von einem politisch Verantwortlichen aus Brüssel, Berlin, London, Paris oder Washington angesprochen werden. Aber weil Politik viel mit Symbolik zu tun hat, muss man sich dafür andere Orte als die Knesset suchen. Und andere Formen als die ungeprüfte Wiedergabe irgendwelcher Behauptungen, die man am Vortag aufgeschnappt hat.

boykott Israel und sein Parlament befinden sich auf dem Präsentierteller der internationalen Politik, vor allem vor dem Hintergrund der Differenzen zu US-Außenminister John Kerry und US-Präsident Barack Obama. Gerade deshalb war die Rede dieses bedeutenden Europapolitikers eine große Chance. Ihm wurde ja auch in der israelischen Politik zugutegehalten, dass er sich klar gegen jeden Boykott Israels aussprach. Damit ging er über das hinaus, was man von der EU-Kommission sonst hört. Wer in Schulz’ Worte nun hineininterpretieren möchte, es ginge gar nicht um Boykott, sondern um Kennzeichnungspflicht, würde Schulz, der immer ein Freund Israels war und ist, nicht gerecht.

Aber wer vor der Knesset sprechen darf, zumal in deutscher Sprache, muss sich seiner Verantwortung bewusst sein. Schulz’ Bemerkung jedoch war eines Präsidenten des Europäischen Parlaments unwürdig.

Der Autor ist Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft und war als SPD-Abgeordneter Wehrbeauftragter des Deutschen Bundestags.

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025

Meinung

Heute Juden, morgen Christen

Judenhass führt konsequent zum Mord. Dafür darf es kein Alibi geben

von Rafael Seligmann  19.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 19.12.2025

Tel Aviv/Berlin

Israel unterzeichnet weiteren Vertrag mit Deutschland über Raketenabwehr

Es handelt sich um das größte Rüstungsgeschäft in der Geschichte des jüdischen Staates

 19.12.2025

Sydney/Canberra

Nach Terroranschlag von Bondi Beach: Australien plant nationalen Trauertag

Die Regierung kündigt zudem umfassende Maßnahmen an. Dazu gehört eine landesweite Rückkaufaktion für Schusswaffen

 19.12.2025

New York

Antisemitische Äußerungen: Mitglied von Mamdanis Team tritt zurück

Die Tiraden von Catherine Almonte Da Costa sorgen für Entsetzen

 19.12.2025