Pädagogik

Schulen müssen mehr über Judentum aufklären

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Thomas Lohnes/Zentraltrat der Juden

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat im Kampf gegen Antisemitismus zu einer besseren Aufklärung über das Judentum in den Schulen aufgerufen. »Judentum ist viel mehr als die Schoa. Und es ist etwas anderes als der Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern«, sagte Schuster am Mittwoch in Berlin.

Die Geschichte und Kultur Deutschlands sei ohne das Judentum nicht denkbar, betonte der Zentralratspräsident bei einer gemeinsamen Tagung von Zentralrat und Kultusministerkonferenz (KMK) über »Jüdische Geschichte, Religion und Kultur in der Schule«.

Schuster betonte: »Alleine kann niemand von uns auch nur im Ansatz die Situation verbessern. Wir als jüdische Gemeinschaft brauchen im Kampf gegen den Antisemitismus ebenso die Unterstützung der gesamten Gesellschaft und der Politik wie die Schulen. Mit gezielter Fortbildung müssen wir die Lehrkräfte zu ›Stoppt-Antisemitismus-Experten‹ machen.«

Internet Seit Mittwoch steht Schulen bundesweit im Internet eine neue Materialsammlung über das Judentum zur Verfügung. Sie soll für eine bessere Vermittlung jüdischer Geschichte, Religion und Kultur im Schulunterricht sorgen. Initiator der Website sind Zentralrat und KMK.

Thüringens Bildungsminister Helmut Holter (Linke) erklärte als KMK-Vorsitzender, die neue Internetseite werde »einen wichtigen Beitrag für Verständnis und Abbau von Vorurteilen leisten«. Die Thematisierung der Schoa im Unterricht sei unerlässlich, aber es müsse um viel mehr gehen, betonte der KMK-Vorsitzende, »um die wichtige Rolle des Judentums in der deutschen und europäischen Geschichte und Kultur, um die Vielfalt jüdischen Lebens in unserer heutigen Zeit«.

An der Tagung nahmen unter anderem auch Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) und der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, teil. Fachleute diskutierten in Foren verschiedene Aspekte der Frage, wie die jüdische Geschichte, Religion und Kultur in der Schule besser vermittelt werden kann. Dabei ging es zentral um die Bekämpfung von Antisemitismus und judenfeindliche Stereotypen.

unterrichtsmaterialien Schuster rief Schulen auf, antisemitische Vorfälle nicht unter den Teppich zu kehren, um den guten Ruf zu wahren. Die neuen Unterrichtsmaterialien seien kein Patentrezept gegen Antisemitismus an Schulen. Ein solches gebe es nicht. »Doch wir möchten die Lehrerinnen und Lehrer handlungs- und sprechfähig machen«, betonte Schuster.

Er appellierte an die Schulbehörden in den Ländern, die Unterrichtsmaterialien zu verbreiten. Zudem müssten Judentum und Antisemitismus »stärker und verpflichtend« Gegenstand der Lehrerausbildung und -fortbildung werden. epd/ja

www.zentralratderjuden-kmk.de

Lesen Sie auch:
Helmut Holter über Judenhass in Schulen und eine bundesweite Anzeigepflicht
www.juedische-allgemeine.de/article/view/id/31282

Essay

Ausweg Palästina

Große Teile der Linken sind mit der Komplexität der Gegenwart überfordert. Orientierung suchen sie ausgerechnet im Hass auf den jüdischen Staat. Mit progressiver Politik hat das wenig zu tun

von Jessica Ramczik, Monty Ott  13.09.2025

Sachsenhausen

120 Minuten Holocaust

Angesichts des grassierenden Antisemitismus sollen Schüler zum Besuch einer NS-Gedenkstätte verpflichtet werden. Doch was kann eine Führung vor Ort tatsächlich bewirken?

von Mascha Malburg  13.09.2025

Brüssel

»Gegen EU-Grundwerte«: Kommission verurteilt Festival

Eine Sprecherin der Europäischen Kommission hat den Boykott der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani in die Nähe von Antisemitismus gerückt und scharf verurteilt

von Michael Thaidigsmann  12.09.2025

Belgien

»Ruf unseres Landes beschmutzt«: Premier rügt Gent-Festival

Premier Bart de Wever kritisiert die Leiter eines belgischen Festivals dafür, die Münchner Philharmoniker und ihren Dirigent Lahav Shani ausgeladen zu haben

 12.09.2025

Berlin

Humboldt-Universität will gegen Antisemitismus vorgehen

Präsidentin Julia von Blumenthal sieht ihre Hochschule für künftige Auseinandersetzungen rund um den Nahost-Konflikt gut vorbereitet

von Lukas Philippi  12.09.2025

Kommentar

Die Genozid-Lüge

Wie die Hamas nach dem 7. Oktober vom Täter zum Opfer wurde – und Israel zur Verkörperung des Bösen schlechthin

von Stephan Lehnstaedt  12.09.2025

Nachkriegsjustiz

Verhandlung über Massenmord: Vor 80 Jahren begann der Belsen-Prozess

Fünf Monate nach der Befreiung des Konzentrationslagers Bergen-Belsen erhob ein britisches Militärgericht in Lüneburg Anklage gegen die Täter. In einer Turnhalle begann damit vor 80 Jahren der erste große NS-Kriegsverbrecherprozess in Deutschland

von Karen Miether  12.09.2025

Belgien

Deutsche Botschaft beendet Partnerschaft mit Gent-Festival

Die Deutsche Botschaft in Brüssel hat nach der Ausladung der Münchner Philharmoniker ihre Zusammenarbeit mit dem Flandern-Festival in Gent eingestellt

von Michael Thaidigsmann  11.09.2025

Debatte

Zentralrat: Ausladung Shanis ist »fatales Signal«

Wer einen Künstler aufgrund seiner Staatsangehörigkeit oder seiner jüdischen Religion ausgrenzt und diskreditiert, trete die Demokratie mit Füßen

 11.09.2025