Israel

Ruhe vor dem Sturm

Rufer in der Wüste – oder nur am Rande des Geschehens? In Ramallah wurde ein symbolischer UN-Mitgliedsstuhl aufgestellt. Foto: dpa

Wenn vermutlich am 23. September der Sicherheitsrat und die Vollversammlung der UN den Antrag auf Ausrufung eines palästinensischen Staates behandelt haben, drohen im Westjordanland militante Proteste. »Wir sind auf Unruhen in der Westbank vorbereitet«, sagt Yair Naveh, stellvertretender Generalstabschef Israels. Er will die Truppen im Westjordanland um rund 20 Prozent aufstocken. Sollten die Proteste zu einer dritten Intifada anwachsen, würde die Zahl der Soldaten sogar verdoppelt. Dann müsste die Armee auch Reservisten einberufen.

besonnen Dieses Szenario gilt auch für den Fall, dass Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im letzten Moment auf seinen UN-Vorstoß verzichten sollte. Selbst dann könnte die Unzufriedenheit der Palästinenser zu einem Aufstand führen, vermutet man seit einigen Wochen in Jerusalem.

Zusammen mit palästinensischen Sicherheitskräften bereiten die Israelis ihren Einsatz so vor, dass es möglichst keine Toten geben wird. Auf israelischer Seite sollen zum Beispiel in den ersten Reihen besonnene Offiziere stehen. Zudem wird stärker als früher auf Polizisten zurückgegriffen, die sich darauf verstehen, ohne Blutvergießen Kundgebungen aufzulösen oder zumindest unter Kontrolle zu halten.

Gewaltbereite israelische Siedler, die die Palästinenser eventuell provozieren, könnten als vorbeugende Maßnahme vorübergehend verhaftet werden, hieß es wenige Tage vor Abbas’ Auftritt in New York. Zur Aufrüstung der Truppen hat die Armee mehrere Hundert Millionen Schekel ausgegeben und die Soldaten einem Spezialtraining unterzogen.

Auch die palästinensischen Sicherheitskräfte werden aufgerüstet. Sie erhalten zur Auflösung von Kundgebungen aus Israel nicht-tödliche Waffen, die Demonstranten kampfunfähig machen sollen.

geheimverandlung Seit Monaten bereitet sich Israel auch diplomatisch auf den Tag vor, an dem Palästinenserführer Mahmud Abbas von der UN als vollwertiges Mitglied anerkannt werden möchte. Es soll auch zu Geheimverhandlungen zwischen Abbas und Verteidigungsminister Ehud Barak in Amman gekommen sein. Die US-Regierung hatte zwei erfahrene Unterhändler nach Ramallah entsandt, für die EU war Catherine Ashton zur palästinensischen Autonomiebehörde gereist, und Deutschland hatte Außenminister Guido Westerwelle geschickt.

Doch die Palästinenser wollten sich von ihrem UN-Plan nicht abbringen lassen. Die Position des Westens sei »nicht positiv«, beschwerte sich der palästinensische Außenminister Riad Malki in einem Interview über die Ratschläge aus Brüssel, Berlin oder Washington. Die USA und Europa hätten Abbas nämlich dazu überreden wollen, von einem Gang zum UN-Sicherheitsrat abzusehen.

Abbas verkündete vor einer Woche, dass er den Antrag, der auf die Anerkennung eines palästinensischen Staates hinausläuft, wie geplant in die UN-Vollversammlung bringen wolle. Die Rede wurde vom Fernsehsender Al Dschasira live übertragen.

Aus Sicht der USA, die ihr Veto im Sicherheitsrat angekündigt haben, kann die Anerkennung eines palästinensischen Staates nur am Ende von Friedensverhandlungen mit Israel stehen. Durch die Konfrontation laufen die Palästinenser Gefahr, ihren wichtigsten Geldgeber vor den Kopf zu stoßen.

Der Vorstoß könnte Washington zu einer Suspendierung der Finanzhilfe veranlassen – damit wären die palästinensischen Behörden praktisch zahlungsunfähig. Den israelischen Standpunkt will Premier Bibi Netanjahu vor der UN-Vollversammlung selbst vertreten. Ursprünglich war Präsident Schimon Peres vorgesehen gewesen.

siedlung Dass die – nicht bindende – Entscheidung der Hauptversammlung zugunsten des palästinensischen Antrags fällt, gilt mittlerweile als wahrscheinlich. Abbas geht es um einen palästinensischen Staat in den Grenzen von 1967. Dazu gehören außer dem Westjordanland auch Ost-Jerusalem und der Gazastreifen. Da Abbas Ost-Jerusalem als »Siedlung« bezeichnet, wäre von dieser Grenzziehung eine halbe Million Israelis betroffen, die Hälfte ihrer Hauptstadt.

Belgien

IS droht mit Anschlägen auf Synagogen und Kirchen

Die Hintergründe

 18.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025

Kairo

Ägypten: Angeblich Pläne für USA-Reise von Präsident al-Sisi

Seit Beginn des Gaza-Kriegs sollen Israels Premier und Ägyptens Staatschef keinen Kontakt gehabt haben. Wird sich al-Sisi mit Hilfe eines Gas-Deals zu einem Treffen in den USA bewegen lassen?

 18.12.2025

Bildungsministerkonferenz

Publizist Friedman: Leben jüdischer Kinder schlecht wie nie seit 1945

Schulen als Bildungsorte für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Antisemitismus: Der Publizist Michel Friedman sieht hier große Defizite in Deutschland

 18.12.2025

Australien

Polizei in Sydney stoppt Verdächtige – Pläne vereitelt?

Nur wenige Tage nach den tödlichen Schüssen an Sydneys weltberühmten Bondi Beach gibt es einen Einsatz von Anti-Terror-Einheiten. Die Verdächtigen sollen auf dem Weg zum Strand gewesen sein

 18.12.2025

Revision

Melanie Müller wehrt sich gegen Urteil zu Hitlergruß

Melanie Müller steht erneut vor Gericht: Die Schlagersängerin wehrt sich gegen das Urteil wegen Zeigens des Hitlergrußes und Drogenbesitzes. Was bisher bekannt ist

 18.12.2025

Thüringen

Klage der rechtsextremen AfD gegen Verfassungsschutzchef teils erfolgreich

In einem Punkt wurde den Klägern recht gegeben, in zwei anderen nicht. Es geht um Äußerungen von Stephan Kramer in einem Medienbericht

 18.12.2025

Verbundenheit

Chanukka und Advent: Licht gegen den Hass

Im Namen der Evangelischen Kirche in Deutschland versichert die Ratsvorsitzende Bischöfin Kirsten Fehr der jüdischen Gemeinschaft ihren Beistand und ihre Solidarität

von Bischöfin Kirsten Fehrs  18.12.2025

Landgericht Berlin

Gericht: »From the River to the Sea« ist Aufruf zur Judenvernichtung

Die 2. Große Strafkammer des LG Berlin I hat einen Mann wegen der Verwendung der Parole zu einer Geldstrafe verurteilt. Nun muss wohl der Bundesgerichtshof ein abschließendes Urteil fällen

 18.12.2025