Tourismus

Reise nach Jerusalem

»Ich schaue sehr gerne Filme aus dem Mittelalter, die liebe ich«, sagt Michael Tenzer: »Heroische Darstellungen von Menschen, die ganze Völker retten.« Ungewohnt Persönliches entflutschte dem Deutschland-Chef des Reiseveranstalters Thomas Cook da am Rande der Pressekonferenz zur Vorstellung des Urlaubsangebots im bevorstehenden Winter.

Tenzer versucht derzeit, Teile des klassischen Reiseveranstaltergeschäfts zu retten. Das große Thema der traditionsreichen Urlaubsanbieter ist die im Internet erwachsene Konkurrenz. Insbesondere jüngere, flexible Kundschaft bucht im Web – und dort nicht zwingend bei den alten Hasen. Das Strickmuster einer Ferienreise ist ja nur eine Sache von wenigen Klicks. Selbst digitalen Amateuren gelingt es, das Passende aus dem Netz zu fischen.

marginal Bei Israel-Reisen könnte man mit Veranstalterbetreuung dagegen punkten. Schnell tauchen hier Fragen – zumeist zur Sicherheit – jenseits des Standardspektrums im »Warmwasserbereich« auf, wie Anbieter flapsig die Brot-und-Butter-Ziele an südlichen Gestaden nennen.

Doch Israel kommt in den Katalogen deutscher Reiseunternehmen, wenn überhaupt, nur am Rande vor. Man habe das Land nicht im Programm, »weil es bis heute keine signifikante Nachfrage für Pauschalreiseurlaub gibt«, sagt Stefan Suska von alltours. Dank großer Nachfrage für die »bekannten und beliebten Mittelmeerdestinationen wie Türkei, Griechenland, Spanien, müssen Risiken für zusätzliche Ziele mit zudem längerer Flugzeit nicht eingegangen werden«. Beim Münchner Veranstalter FTI ist »Israel in absehbarer Zeit nicht geplant«.

Auch bei Thomas Cook ist Israel nur ein marginales Thema. Das Land stehe »nicht auf der Agenda des Durchschnittsreisenden«, sagt Produktmanager Sascha Büsseler. Immerhin hat Büsseler Israel auf die Agenda der Thomas-Cook-Luxussparte gehievt: versuchsweise erstmals integriert in den exklusiven Katalog »Selection Europa & Nordafrika« als Edel-Option in der Wintersaison. »Nicht tauglich für den Massenmarkt« sei die Destination zwar, so Büsseler. Doch »eine Handvoll ausgewählter Premiumhotels«, das wird jetzt einmal riskiert. Ein Schritt heraus aus der Ängstlichkeit, die auch damit zu tun hat, dass sich das Geschäft für die Ferienkonzerne rechnen muss, Israel aber als »kleines Ziel« gilt.

luxussegment Offenbar traut man indes einer gewissen Einkommensschicht souveränes Buchungsverhalten zu und sieht auf hohem Niveau weniger Hemmschwellen. »Die Motivation ist das Hotel«, sagt Büsseler. Sonst gäbe es das Reiseangebot für Anspruchsvolle bei dem Oberurseler Konzern gar nicht. Deutsche Pauschalgäste können künftig in den Fünf-Sterne-Hotels Dan Tel Aviv und King David Jerusalem wohnen. Im aktuellen Städtereisen-Angebot sind bereits Häuser in beiden Städten buchbar. »Die Nachfrage für Hotels ist für Jerusalem und Tel Aviv am größten«, heißt es in Büsselers Büro auf Anfrage. Mehr gibt es nicht im Programm. Dabei besteht sicher noch Potenzial, insbesondere bei Rundreisen, räumt Europas zweitgrößter Reisekonzern ein.

Der Branchenprimus TUI nimmt erst seit knapp zehn Jahren überhaupt wahr, dass Israel ein Urlaubsziel von Deutschen sein kann. Schwierig ist es schon, im Katalog Reiseziele dort zu finden. TUI packt sie zu »Fernreisen Orient und Indischer Ozean«. Aktuell gibt es mit der Mietwagenrundreise »Land, Leute und Kibuzze« ein Angebot für die individuelle Erkundung. »Trendige Szenekultur, gutes Straßennetz, Einkaufs- und Shoppingmöglichkeiten in den touristischen Orten, eine Vielzahl von Restaurants, gute medizinische Versorgung und Telekommunikation haben das Hannoveraner Unternehmen zu seinem Israel-Vorstoß ermutigt.

Derweil bleiben allerdings viele touristische Schätze ungehoben, etwa das Tauchrevier Eilat. Diese Region wird von deutschen Veranstaltern eher gemieden, auch aufgrund der Nähe zum Sinai, der spätestens in den letzten Wochen seine touristische Unschuld verloren hat und für den «vor dem Hintergrund der sehr unbeständigen Sicherheitslage» eine Reisewarnung des Auswärtigen Amtes gilt.

«krisenregion» Generell hat es das Ferienziel Israel schwer, weil es «durch die geografische Lage als Krisenregion wahrgenommen» wird, so TUI. «Die Entwicklung als Reiseziel steht im engen Zusammenhang mit der politischen Nahost-Entwicklung», analysiert der Konzern und beklagt, dass im laufenden Sommer die Buchungszahlen unter den vergleichbaren Vorjahreswerten lagen. Man hofft deshalb auf eine «Verbesserung der politischen Situation, da dann die touristische Ent wicklung fortgeführt werden kann». Ansonsten rät TUI potenziellen Israelreisenden «grundsätzlich, sich die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes anzuschauen».

Auch bei Studiosus-Reisen ist man sich natürlich bewusst, dass Politik sich auf die Urlauberzahl auswirkt. «Dass eine Reise nach Israel ein gewisses Gefahrenpotenzial hat, weiß jeder Zeitungsleser», sagt Manfred Schreiber. Unter Beachtung der üblichen Vorkehrungen seien die Gefahren aber «überschaubar und kalkulierbar», so der Studiosus-Gebietsleiter. Man könnte leicht mehr Gäste nach Israel bringen, glaubt Schreiber, doch «Voraussetzung wäre, dass die politischen Rahmenbedingungen, insbesondere die Sicherheitslage, stimmen».

Keine Angst vor Israel hat man bei «Biblische Reisen», wo vorwiegend Rundreiseklassiker wie «Auf den Spuren Jesu» und Wandertouren auf dem Programm stehen sowie seit Neuestem ein Negev-Trip für das «Erlebnis der Wüste». Dass Israel von Menschen, «die sich nicht intensiv mit dem Land beschäftigen subjektiv als unsicher empfunden» wird, bestätigt Sprecher Klemens Olschewski. «Die Gästezahlen unterliegen starken Schwankungen, eine stabile politische Lage in der gesamten Region würde den Tourismus stärken.»

Hotspot tel aviv Dass Touristen ihre Sicherheitssorgen auch zu Hause lassen können, wenn nur das Angebot stimmt, zeigt für Olschewski das Beispiel Tel Aviv. Die Mittelmeermetropole habe sich «in den letzten Jahren zu einem touristischen Hotspot entwickelt», sei dank Kultur, Gastronomie, Nachtleben und der guten Erreichbarkeit aus Europa hoch attraktiv für Städtereisende. Solchem Optimismus widerspricht allerdings Manfred Schreiber von Studiosus.

Die Schwalbe Tel Aviv garantiere nicht bereits einen Buchungssommer. «Deutsche Urlauber unterscheiden bei der Bewertung der Sicherheitslage nicht nach Städten, so weit wird nicht differenziert. Es geht immer darum, wie sich ein Land insgesamt darstellt.»

Bleibt die Frage: Welcher führende Reiseveranstalter in Deutschland wagt es endlich, heroisch den Israel-Tourismus aus der Versenkung zu holen? Laut Thomas-Cook-Chef Tenzer ist es doch so einfach: «Der Urlauber versucht nicht, ein Land politisch aufzuarbeiten, er möchte einfach die schönste Zeit des Jahres gestalten.»

Sydney

Opera House erstrahlt mit Bild von Chanukkia

Es ist ein Zeichen der Solidarität mit der jüdischen Gemeinschaft

 16.12.2025

Berlin

Reiche will Wirtschaftsbeziehungen mit Israel ausbauen

Die Wirtschaftsministerin will bei einem Besuch über Hightech und die Industrie sprechen - und auch über den Schutz wichtiger Versorgungsbereiche

 16.12.2025

Japan

Lodge lehnt israelische Gäste ab – Jerusalem protestiert

Israels Botschafter in Tokyo, Gilad Cohen, legt formell Protest ein

 16.12.2025

Sydney

Terrorattacke in Bondi Beach: Ermittler finden Sprengsätze und IS-Propaganda

Im Fahrzeug der Täter entdecken Ermittler auch improvisierte Sprengvorrichtungen

 16.12.2025

Vatikanstadt

Papst Leo XIV. verurteilt Terroranschlag in Sydney

Bei einem Terroranschlag auf eine Chanukka-Feier in Australien gibt es mindestens 15 Todesopfer. Der Papst findet deutliche Worte

 15.12.2025

USA

Ministerin: Silvester-Terrorattacke in Kalifornien vereitelt

Eine »linksextreme, propalästinensische, regierungsfeindliche und antikapitalistische« Gruppe soll Terroranschläge an der Westküste der USA vorbereitet haben

 15.12.2025

Australien

Faktencheck zum Terroranschlag in Sydney

Nach dem Blutbad am Bondi Beach ist noch vieles unklar. Solche Situationen nutzen Menschen in sozialen Netzwerken, um Verschwörungsmythen zu verbreiten

 15.12.2025

Faktencheck

Ahmed Al Ahmed hat einen Angreifer am Bondi Beach entwaffnet

Ein Passant verhindert Schlimmeres - und wird im Netz umbenannt. Angeblich soll Edward Crabtree einen der Täter von Sydney entwaffnet haben. Doch die Geschichte stammt von einer Fake-Seite

 15.12.2025

Dresden

Hauptverfahren gegen »Sächsische Separatisten«

Acht Mitglieder einer rechtsextremistischen Gruppe sollen sich vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Dresden verantworten. An einem »Tag X« wollten sie laut Anklage gewaltsam an die Macht

 15.12.2025