Neonazis

Rechts-Nachfolger

Mit »Die Rechte« will Christian Worch (l.) der NPD Konkurrenz machen. Foto: ddp

Sein Gewerbe hatte Michael Brück bereits zum 1. April 2008 angemeldet. Der Zweck: »Handel im Internet mit Textilien und Fanartikeln«. Und seit 1. Januar 2013 ist Brücks Gewerbe online: Unter der Internetadresse »antisem.it« können Aufkleber und Plakate mit rechten Sprüchen erworben werden. Die NPD hat sofort Anwälte bemüht, um Brück den Verkauf von NPD-Devotionalien zu untersagen.

Brück ist nämlich nicht irgendein Neonazi, der versucht, sich mit einem Internethandel etwas Geld dazuzuverdienen, sondern Konkurrent der NPD: Er ist Vizechef des Landesverbands NRW der neuen Partei »Die Rechte«. Bei der Kommunalwahl 2014 will sie in Dortmund antreten und die zwei Sitze der NPD im Stadtrat übernehmen.

Als Christian Worch, seit Jahrzehnten in der Neonaziszene aktiv, im vergangenen Sommer »Die Rechte« gründete, nahm das kaum jemand ernst. Aus Sicherheitskreisen hieß es damals: »Wir halten die Parteigründung für wenig Erfolg versprechend.« Tatsächlich hat die Partei bundesweit kaum Mitglieder, und ihre Internetseite ist nach Hackerangriffen seit Wochen offline.

dortmund In NRW jedoch sieht die Lage anders aus: Hier hat die Partei zahlreiche Mitglieder aus dem Kreis der im August 2012 von Innenminister Ralf Jäger (SPD) verbotenen Kameradschaften Nationaler Widerstand Dortmund (NWDO) und Kameradschaft Hamm für »Die Rechte« gewonnen: Chef der Partei in Dortmund ist Siegfried Borchardt, bekannt als »SS-Sigi«, der in den 80er-Jahren mit der Nazi-Fußballschlägertruppe »Borussenfront« für Schlagzeilen sorgte. Zur Spitze des NRW-Landesverbandes zählt neben Brück der Parteivorsitzende Dennis Giemsch, ein ehemaliger NWDO-Anführer. Kassierer ist Sascha Krolzig, der die Kameradschaft Hamm leitete und dort auch Vorsitzender der Partei ist. Präsent ist die Partei auch in Mülheim und im Rheinland.

»Die Rechte«, sagt der Rechtsextremismus-Experte Alexander Häusler von der FH Düsseldorf, ist dabei, Grenzen auszutesten: »Man versucht ganz bewusst zu schauen, wie weit man gehen kann, spielt mit dem Feuer und signalisiert Innenminister Jäger: ›Wir machen weiter, die Verbote interessieren uns nicht. Unter dem Schutz der Partei könnt ihr uns nichts.‹«

Das betrifft nicht nur den Nazi-Shop mit dem Namen »antisem.it«. Worch bezieht sich in Interviews sogar positiv auf Walther Rathenau, Jude, Außenminister in der Weimarer Republik und Mitglied der linksliberalen Deutschen Demokratischen Partei (DDP), der 1922 von Rechtsradikalen ermordet wurde. »Walther Rathenau hat sich ja auch als Nationaler Sozialist bezeichnet«, so Worch.

Auf der der Partei nahestehenden Internetseite »Dortmund-Echo« werden mehr als deutlich antisemitische Töne angeschlagen: Von einem »Schuldmythos« ist die Rede, wenn es um die Zerstörung der Dortmunder Synagogen in der Pogromnacht 1938 geht; und zu Gedenkveranstaltungen heißt es: »Die unzähligen deutschen Opfer des – auch von der internationalen Hochfinanz mit zu verantwortenden – 1. und 2. Weltkrieges sowie der Vertreibung der Deutschen bis 1949 werden nicht im Ansatz erwähnt.«

verbot Politik und Polizei in Dortmund und NRW reagieren bislang hilflos auf die Parteigründung. Dortmunds Polizeipräsident Norbert Wesseler, der seit seinem Amtsantritt im Januar 2012, anders als sein Vorgänger, engagiert gegen die Nazis in der Stadt vorgeht, hat kein Rezept gegen »Die Rechte«. »Wir werden auch in diesem Jahr den Rechtsextremismus mit allen polizeilichen Mitteln bekämpfen«, sagt Wesseler, aber ein Verbot der Partei könne nicht die Polizei erlassen, sondern nur das Innenministerium.

Wesseler macht Druck, jedes Vergehen wird zur Anzeige gebracht, Nazis verloren ihren Führerschein und ihre Waffenscheine. Aber solange sich die Kader der Partei an die Gesetze halten, kann er wenig machen. Immer wieder gibt es Überfälle auf linke Jugendliche und ihre Treffs, aber prominente Mitglieder von »Die Rechte« sind bei solchen Aktionen nicht dabei oder bleiben im Hintergrund.

Jäger würde »Die Rechte« gerne verbieten und sucht nach Gründen für ein Verbot. Gefunden hat er sie noch nicht, und weiter zu dem Thema auslassen mag man sich im NRW-Innenministerium dazu auch nicht. »Über Verbote redet man nicht, die macht man.«

Deutschland

Rechtsextremismus beunruhigt Deutsche stärker als Zuwanderer

Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu, während die Angst vor Rechtsextremismus bei Deutschen ohne Migrationshintergrund besonders hoch ist. Was verrät die neue KAS-Studie noch?

 09.12.2025

Medien

Äußerst ungewöhnlicher Schritt: Irans Staatssender gesteht Fehler bei Kriegsberichterstattung ein

Nach dem Krieg gegen Israel gesteht der Präsident des iranischen Staatssenders eine Falschmeldung ein. Die Hintergründe

 09.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025