Debatte

Rabbiner für Liberalisierung von Abtreibungsregelungen

Im jüdischen Religionsgesetz gilt der Fötus bis zur Geburt nicht als eigenständige Person. Foto: Getty Images

Die Liberale Rabbinervereinigung spricht sich für eine Reform der geltenden Abtreibungsregelungen aus. Die im März dieses Jahres gegründete Vereinigung fühlt sich der Union progressiver Juden zugehörig und unterstützt Empfehlungen einer Regierungskommission: SPD, Grüne und FDP hatten sich darauf verständigt, die derzeitige Regelung durch eine Kommission prüfen zu lassen. Das Gremium schlug eine Liberalisierung vor, die Regierung konnte sich aber nicht darüber verständigen. Jetzt liegt ein interfraktioneller Gesetzentwurf vor, der sich an die Empfehlungen der Kommission anlehnt.

Die Rabbinerinnen und Rabbiner teilten am Dienstag in Berlin mit, sie unterstützten etwa eine Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts, das bisher Frauen und Ärzte »unnötigem Druck« aussetze. »Eine Beratung sollte zwar verpflichtend bleiben, muss aber unverzüglich, ergebnisoffen sowie unter Wahrung der Würde der Schwangeren und ohne Bevormundung gewährleistet werden.« Auch sollten Abtreibungen als »Teil der regulären medizinischen Versorgung anerkannt und überall zugänglich« sein.

Rabbiner: Fötus bis zur Geburt keine eigenständige Person

»Im Judentum wird das Leben hochgeschätzt, doch es gibt keine absolute Priorisierung des ungeborenen Lebens gegenüber dem Leben und Wohlergehen der schwangeren Person«, so die Rabbinervereinigung. Im jüdischen Religionsgesetz gelte der Fötus bis zur Geburt nicht als eigenständige Person. »Schwangerschaftsabbrüche können daher aus jüdischer Sicht gerechtfertigt sein, insbesondere, wenn die physische oder psychische Gesundheit der Schwangeren gefährdet ist.«

Ein Schwangerschaftsabbruch sei niemals eine leichte Entscheidung, aber es sei essenziell, »dass diese Entscheidung in Freiheit und ohne unnötige gesetzliche Hürden« getroffen werden könne, betonen die Rabbinerinnen und Rabbiner. Sie forderten die Politik auf, die Empfehlungen umzusetzen. »Gleichzeitig appellieren wir an die Gesellschaft, mit Empathie und Respekt mit diesem sensiblen Thema umzugehen«, hieß es.

Mit Empathie und Respekt

In Deutschland sind derzeit Schwangerschaftsabbrüche laut Paragraf 218 des Strafgesetzbuchs rechtswidrig. Abtreibungen in den ersten zwölf Wochen bleiben aber straffrei, wenn die Frau sich zuvor beraten lässt. Ebenso straffrei bleibt der Eingriff aus medizinischen Gründen sowie nach einer Vergewaltigung.

Der interfraktionelle Entwurf stammt vor allem von Abgeordneten der SPD und der Grünen und sorgt derzeit für eine Kontroverse in Politik und Gesellschaft. In dem Papier heißt es, dass Abtreibungen bis zur zwölften Woche grundsätzlich rechtmäßig sein sollen. Eine Pflicht zur Beratung soll bleiben, allerdings ohne die derzeit geltende Wartezeit von drei Tagen bis zur Abtreibung. Damit geht der Entwurf nicht so weit wie die Empfehlungen, nach denen der Gesetzgeber bis zur 22. Woche entscheiden könne, unter welchen Voraussetzungen ein Abbruch straffrei sein solle.

Medien

Äußerst ungewöhnlicher Schritt: Irans Staatssender gesteht Fehler bei Kriegsberichterstattung ein

Nach dem Krieg gegen Israel gesteht der Präsident des iranischen Staatssenders eine Falschmeldung ein. Die Hintergründe

 09.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025

Jerusalem

Netanjahu: »Stellen Sie sich vor, jemand würde Deutschland vernichten wollen«

Bei der gemeinsamen Pressekonferenz lobte der Premierminister Bundeskanzler Merz als verständigen Gesprächspartner und rechtfertigte Israels hartes Vorgehen gegen die Hamas

 09.12.2025 Aktualisiert