Fernsehen

Propaganda zur Primetime

Nur als Opfer sympathisch: Briten verhaften 1946 jüdische Einwanderer (Szene aus der Serie). Foto: arte

»Zu den Wurzeln des Nahostkonflikts« führen soll der Vierteiler Gelobtes Land, verspricht der deutsch-französische Kulturkanal arte, der den 2011 im britischen Channel Four gesendeten Fernsehfilm von Peter Kosminsky (Originaltitel The Promise) an diesem und am kommenden Freitag zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr ausstrahlt.

Erzählt wird die Geschichte der 18-jährigen Britin Erin (Claire Fox), die mit ihrer israelischen Freundin Eliza (Perdita Weeks) in deren Land reist, wo Eliza ihren Wehrdienst antritt. Mit im Gepäck hat Erin das Tagebuch ihres Großvaters Len (Christian Cooke), der von 1946 bis 1948 als Sergeant der Royal Army im damaligen Mandatsgebiet Palästina stationiert war. Über vier jeweils anderthalbstündige Folgen wechselt sich Erins heutiges Erleben des Nahostkonflikts ab mit Rückblenden in die Zeit vor der Gründung Israels aus der Sicht Lens.

tendenz Die handwerklich exzellent komponierte Miniserie beginnt zunächst mit ruhigem Adagio und einem nicht unsympathischen Bild Israels. Erin wird von Elizas liberalen, wohlhabenden Eltern in deren Villa herzlich aufgenommen und stürzt sich mit ihrer Freundin in das Clubleben von Tel Aviv. Parallel sehen wir Len 1946 in Haifa, wo er illegale jüdische Einwanderer internieren muss – sehr zu seinem Widerwillen, war er doch bei der Befreiung Bergen-Belsens dabei und empfindet Mitgefühl für die Überlebenden der Schoa. Zudem verliebt sich der Soldat in die Jüdin Clara (Katharina Schüttler).

Doch mit allmählich sich steigerndem Tempo verändern sich auch sukzessive die Blickrichtung der Protagonisten und die Tendenz des Vierteilers. Clara wird an einem Checkpoint zu den Autonomiegebieten Zeugin von Demütigungen, denen Palästinenser, vor allem alte Frauen und Kinder, ausgesetzt sind. In Hebron sieht sie, wie militante orthodoxe Siedler Araber – wieder Frauen und Kinder – schikanieren, ungehindert von der israelischen Armee. Len überlebt derweil nur knapp einen blutigen Anschlag der Irgun, dem viele seinerKameraden zum Opfer fallen.

Mit Clara und Len erlebt der Zuschauer jetzt die Juden – es ist im Film stets von »Juden«, nicht »Israelis« die Rede – immer mehr als aggressiv und grausam. Im Finale Furioso schließlich muss Clara hilflos zusehen, wie das Haus einer palästinensischen Familie von israelischen Soldaten in die Luft gesprengt wird, weil deren Tochter in Tel Aviv ein Attentat verübt hat.

Vergeblich versucht sie, das weinende kleine Mädchen der Familie in den Armen, die Vergeltungsmaßnahme zu verhindern. In der Rückblende wird Len derweil Zeuge, wie jüdische Freischärler in einem arabischen Dorf systematisch die Zivilbevölkerung massakrieren.

In seinem Tagebuch formuliert der Fallschirmjäger als Fazit: »Vor drei Jahren hätte ich noch gesagt: Gebt den Juden, was sie wollen, nach allem, was sie durchgemacht haben. Doch heute denke ich: Ihr Staat ist auf Gewalt und Grausamkeit gegen ihre Nachbarn aufgebaut. Ich wüsste nicht, wie er so gedeihen soll.« Das ist die Botschaft der TV-Serie: Israel hat moralisch keine Existenzberechtigung.

geschichtsfälschung Im arte-Programmheft heißt es, Regisseur Kosminsky habe acht Jahre lang in Archiven und vor Ort für die Produktion recherchiert. In der Tat lassen sich praktisch alle Szenen mit dokumentierten Fakten belegen. Die Perfidie liegt in der Auswahl. Der von beiden Seiten geführte Krieg 1948 wird dargestellt als Angriff einer jüdischen Übermacht auf unbewaffnete Araber; von den palästinensischen Massakern an Juden vor 1948 ist nur in einem einzigen Halbsatz einmal die Rede; aktuell kommt ebenfalls nur einmal am Rande ein Selbstmordanschlag vor.

Damit ist die Grenze von der selektiven Wahrnehmung zur Geschichtsfälschung überschritten. Die Juden/Israelis erscheinen in Gelobtes Land fast durchweg als militant und unmenschlich, die Palästinenser in der Regel als wehrlose Opfer. Als einziger guter Israeli tritt Elizas Bruder Paul (Itay Tiran) auf, ein militanter jüdischer Antizionist. Man muss diese Produktion nennen, was sie ist: einseitige Propaganda.

Zumindest hätte arte Gelobtes Land als Darstellung des Nahostkonflikts aus der Sicht der Araber ankündigen sollen. Das wäre fair gewesen. So aber haben wir jetzt, 14 Tage nach dem Grass-Gedicht, das zweite mediale anti-israelische Großereignis der Saison.

»Gelobtes Land«, arte, Freitag, 20. und 27. April, jeweils 20.15 Uhr

Sicherheit

»Keine jüdische Veranstaltung soll je abgesagt werden müssen«

Nach dem Massaker von Sydney wendet sich Zentralratspräsident Josef Schuster in einer persönlichen Botschaft an alle Juden in Deutschland: Lasst euch die Freude an Chanukka nicht nehmen!

von Josef Schuster  17.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 17.12.2025

Berlin

Klöckner zu Attentat: »Sydney hätte auch in Deutschland liegen können«

Bei einem antisemitischen Anschlag in Australien starben 15 Menschen. Die Bundestagspräsidentin warnt, dass sich Judenhass auch in Deutschland immer weiter ausbreite

 17.12.2025

Faktencheck

Bei den Sydney-Attentätern führt die Spur zum IS

Nach dem Blutbad am Bondi Beach werden auch Verschwörungsmythen verbreitet. Dass der jüngere Attentäter ein israelischer Soldat sei, der im Gazastreifen eingesetzt wurde, entspricht nicht der Wahrheit

 17.12.2025

Analyse

Rückkehr des Dschihadismus?

Wer steckt hinter den Anschlägen von Sydney – und was bedeuten sie für Deutschland und Europa? Terrorexperten warnen

von Michael Thaidigsmann  17.12.2025

Bulletin

Terrorangriff in Sydney: 20 Verletzte weiter im Krankenhaus

Fünf Patienten befinden sich nach Angaben der Gesundheitsbehörden in kritischem Zustand

 17.12.2025

Bondi Beach

Sydney-Attentäter wegen 15-fachen Mordes angeklagt

15-facher Mord, Terrorismus, Sprengstoffeinsatz - dem überlebenden Sydney-Attentäter werden 59 Tatbestände zur Last gelegt

 17.12.2025

Meinung

Die Empörung über Antisemitismus muss lauter werden

Der Anschlag von Sydney war in einem weltweiten Klima des Juden- und Israelhasses erwartbar. Nun ist es an der Zeit, endlich Haltung zu zeigen

von Claire Schaub-Moore  17.12.2025

Washington D.C.

Trump ruft zu Vorgehen gegen islamistischen Terror auf

Bei einer Chanukka-Feier im Weißen Haus spricht der Präsident den Hinterbliebenen der Opfer vom Anschlag in Sydney sei Beileid aus

 17.12.2025