Internationaler Strafgerichtshof

Zentralrat der Juden nennt Haftbefehl gegen Netanjahu »Absurdität«

Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland Foto: picture alliance/dpa

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die Haftbefehle des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) gegen den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und seinen früheren Verteidigungsminister Yoav Gallant scharf verurteilt.

Gegenüber der Jüdischen Allgemeinen bezeichnete Schuster den Haftbefehl als »Absurdität« und sagte: »Israel verteidigt sich nach einem Massaker durch die Hamas, die nicht nur Israel, sondern auch die eigene Bevölkerung als menschliche Schutzschilde missbraucht hat.«

Lesen Sie auch

Er kritisierte besonders den »semantischen Dualismus«, der Israel auf eine Stufe mit der Hamas stelle, und bezeichnete dies als »Unverfrorenheit«. Diese Gleichsetzung von Israel mit der Hamas, so Schuster, sei »vollkommen verfehlten Amtsverständnis eines internationalen Strafgerichtshofs« und das Ergebnis von »Anti-Israel-Propaganda«.

Abschließend rief er die Bundesregierung dazu auf, sich klar gegen diese Entscheidung zu stellen: »Die Bundesregierung darf diese Täter-Opfer-Umkehr nicht akzeptieren«, so Schuster.

Haftbefehle wegen angeblicher Kriegsverbrechen

Eine Kammer des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) in Den Haag hat am Donnerstag Einsprüche des Staates Israel zurückgewiesen und Haftbefehle gegen Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu sowie seinen früheren Verteidigungsminister Yoav Gallant wegen angeblicher Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Gazastreifen erlassen.

Lesen Sie auch

Auch gegen den Hamas-Militärchef Mohammed Deif erlies das Gericht Haftbefehl. Deif ist allerdings seit Monaten verschollen. Israel hat ihn bereits für tot erklärt. In seinem Antrag hatte Chefankäger Karim Khan zudem zwei weiteren Hamas-Führern - Yahya Sinwar und Ismail Haniyeh - schwere Verbrechen vorgeworfen. Sie seien »verantwortlich für die Tötung Hunderter israelischer Zivilisten» am 7. Oktober 2023. Sinwar und Haniyeh wurden aber zwischenzeitlich von Israel getötet.

Für die Netanjahu und Gallant zur Last gelegten Verbrechen gebe es »hinreichende Gründe«, teilte die aus drei Richtern bestehende Kammer des Gerichtshofs mit. Laut Chefankläger Khan, der die Haftbefehle im Mai beantragt hatte, sollen beide Politiker in verantwortlicher Position das Aushungern der Bevölkerung als Methode der Kriegsführung und andere unmenschliche Handlungen sowie einen Angriff auf die Zivilbevölkerung angeordnet haben.

Israel hatte die Zuständigkeit des Gerichtshofs für israelische Staatsangehörige infrage gestellt und ihn aufgefordert, alle Verfahren gegen seine Staatsangehörigen einzustellen, einschließlich der Prüfung der Anträge Khans auf Haftbefehl gegen Netanjahu und Gallant.

Die Regierung in Jerusalem hatte argumentiert, dass der IStGH nach Artikel 19 des Römischen Statuts nicht zuständig sei. Zudem handele es sich um eine neue Untersuchung, bei vor einer möglichen Ausstellung von Haftbefehlen Israel offiziell über die Vorwürfe hätte informiert werden müssen.

Israel geht in Gaza gegen den palästinensischen Terror vor, um durch den militärischen Druck die Geiseln zu befreien und um seine Bevölkerung vor weiteren Massakern zu schützen, die die Hamas bereits angekündigt hat. Terroristen der Hamas und anderer Gruppen verstecken sich in vielen Fällen in oder unter Wohn- und Schulgebäuden sowie Krankenhäusern, damit palästinensische Zivilisten zu Schaden kommen. Die Hamas ruft die eigene Bevölkerung ganz offen dazu auf, »Märtyrer« im Kampf gegen Israel zu werden, um den jüdischen Staat weiter zu isolieren.

Vor seinen Angriffen warnt Israel die Zivilbevölkerung, richtet Schutzzonen ein und ergreift zudem weitere Maßnahmen, um Zivilisten zu schützen. ja

Andreas Nachama

Gesine Schwan rechnet die Schoa gegen Israels Politik auf

Die SPD-Politikerin sollte die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit würdigen, doch ihre Rede geriet zur Anklage gegen Israel

von Rabbiner Andreas Nachama  07.12.2024

Debatte

Saarland verpflichtet alle Schüler zum Besuch von NS-Stätten

Eine Pflicht für Schüler zum Besuch von Gedenkstätten der NS-Zeit hat der saarländische Landtag auf den Weg gebracht. Künftig soll mindestens ein solcher Besuch in der Schullaufbahn stattfinden

von Matthias Jöran Berntsen  07.12.2024

Deutschland

Zentralratspräsident Josef Schuster: Halte AfD und BSW für gefährlich

Der Präsident des Zentralrats der Juden hat deutliche Worte für die AfD - aber auch für das BSW. Wie er auf die Neuwahlen im Februar blickt

von Leticia Witte  07.12.2024

Berlin

Bundesregierung teilt Völkermord-Vorwurf nicht

Eine »klare Absicht zur Ausrottung einer Volksgruppe« sei nicht erkennbar, heißt es

 06.12.2024

Vatikan

Jüdischer Weltkongress: Sorge über Papstwort zu Genozid

Mit seiner Forderung Genozid-Vorwürfe gegen Israel sorgfältig zu prüfen, hatte der Papst kürzlich für Kritik gesorgt. Eine Unterredung im Vatikan.

 06.12.2024

Australien

Anschlag auf Synagoge »völlig vorhersebare Entwicklung«

Die jüdische Gemeinde in Australien steht unter Schock. Auf die Synagoge in Melbourne wurde ein Anschlag verübt. Die Ermittlungen laufen

 06.12.2024

Berlin

Ron Prosor rechnet mit Amnesty International ab

Die Organisation verbreite in ihrem Israel-Bericht Narrative und Zahlen der Hamas, so der israelische Botschafter

von Imanuel Marcus  06.12.2024

Würzburg/Berlin

Zentralrat der Juden wirft Amnesty International Terrorrelativierung vor

Die »dämonisierende Verurteilung Israels« sprenge jeden Rahmen, kritisiert der Zentralratspräsident

 06.12.2024

Berlin

Güner Balci: Halb nackt und mit Bauchpiercing auf Hamas-Demo passt nicht

Die Publizistin und Integrationsbeauftragte bescheinigt linken Hamas-Sympathisanten ein schräges Weltbild

 06.12.2024