Meinung

Politischer Offenbarungseid

Volker Beck Foto: Stephan Pramme

Im April wird die Bundesregierung den 2. Bericht der »Expertenkommission Antisemitismus« vorlegen. Ein Grund zu bilanzieren, was eigentlich aus den Empfehlungen des ersten Berichtes geworden ist. Das Ergebnis ist nicht berauschend, im Gegenteil: Die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage hierzu ist ein politischer Offenbarungseid.

Aus ihr geht hervor, dass ein Großteil der Empfehlungen unzureichend umgesetzt wurde. Die Koordination mit den Ländern etwa scheint beim Kampf gegen Antisemitismus eine völlige Leerstelle zu sein: Weniger Koordination, Engagement und Überblick war selten. Es ist zudem unklar, wer in der Bundesregierung federführend zuständig sein will.

priorität Diese unzureichende Umsetzung ist angesichts des erwarteten 2. Berichts, der neue Empfehlungen enthalten wird, mehr als bedenklich. Als Parlamentarier alarmiert mich das. Die Implantierung der Empfehlungen muss prioritäres Thema bei der Diskussion des 2. Berichtes werden. Wir brauchen nachhaltige Schritte statt Lippenbekenntnisse und formelhafte Verurteilungen des Antisemitismus.

Alle vier Jahre ein neuer Expertenkreis, dessen Empfehlungen dann ignoriert werden – das kann es nicht sein. Wenn die Regierung ernsthaft Antisemitismus bekämpfen will, braucht sie eine solide Faktenbasis. Auch hier hapert es. Es ist bezeichnend, dass ein zivilgesellschaftliches Projekt wie RIAS nötig war, damit die Berliner Polizei ihre Zahlen der Realität angepasst hat. Eine stärkere Einbindung zivilgesellschaftlicher Akteure kann aber nicht an den Grenzen Berlins haltmachen. Sie ist bundesweit erforderlich.

israelkritik Auch fehlt noch immer eine offizielle Antisemitismusdefinition, die auch Israel-»Kritik« umfasst; bislang wird die Bedeutung des Antizionismus für die Verbreitung von judenfeindlichen Ressentiments regierungsamtlich nicht hinreichend erkannt. Antisemitismus aber ist in Deutschland nicht nur in der extremen Rechten, bei Islamisten oder Verschwörungstheoretikern anzutreffen, sondern in allen Teilen der Gesellschaft.

Um endlich nachhaltiger und effektiver gegen Antisemitismus vorgehen zu können, braucht es eine neue institutionelle Antwort: Erfahrungen, Instrumente und Aktivitäten müssen gebündelt und das Zusammenwirken von Behörden und Zivilgesellschaft zentral koordiniert werden.

Der Autor ist religionspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag.

Regierung

Mit Davidstern ins Kabinett

Karin Prien wird Deutschlands erste Bundesministerin mit jüdischen Wurzeln. Erst seit wenigen Jahren spricht die CDU-Politikerin öffentlich über ihre Familiengeschichte

von Michael Thaidigsmann  30.04.2025

Iran

Mullahs lassen angeblichen Mossad-Informanten hinrichten

Die Zahl der Hinrichtungen hat in den vergangenen Jahren drastisch zugelegt

 30.04.2025

Buenos Aires

Argentinien stellt Dokumente über geflohene Nazis online

Viele hochrangige Nationalsozialisten flohen nach dem Zweiten Weltkrieg vor Strafverfolgung – vor allem nach Südamerika. In Argentinien sind Dokumente zu den NS-Tätern nun digital zugänglich

 30.04.2025

Hanau

Antisemitisches Plakat an Schule: Staatsschutz ermittelt

In einem angrenzenden Park gab es eine Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde. Besteht ein Zusammenhang?

 30.04.2025

Jom Hasikaron

Israel gedenkt der Terroropfer und Kriegstoten

Seit dem 7. Oktober 2023 sind 850 israelische Soldaten und 82 Sicherheitskräfte getötet worden

 30.04.2025

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025