Meinung

Opfer ist nicht gleich Opfer

Roger Bordage Foto: dpa

Wir KZ-Überlebenden freuen uns darüber, dass sich nach der Öffnung des »Eisernen Vorhangs« die Erinnerung an die Vergangenheit in ihrer Pluralität frei entfalten kann. Zugleich kritisieren wir jedoch, dass es Bemühungen gibt, durch Beschlüsse von Parlamenten und Regierungen ein einheitliches europäisches Gedächtnis zu erzwingen. Wir wenden uns gegen jegliche Gleichsetzung und jeglichen Zwang zur Vereinheitlichung der unterschiedlichen Erinnerungen. Deshalb lehnen wir die Einführung eines übergreifenden »Gedenktages für die Opfer aller totalitären und autoritären Diktaturen« entschieden ab. Insbesondere lehnen wir den 23. August, den Tag des Hitler-Stalin-Paktes, als möglichen Gedenktag, wie ihn das EU-Parlament im April 2009 beschlossen hat, ab.

Terror Auch wir, die Opfer des Nationalsozialismus, unterstützen die Bestrebungen der neuen Mitgliedsländer der EU, ihre Erfahrungen vollständig in das europäische Gedächtnis einzubringen. Und dass die Millionen Opfer des stalinistischen Terrors ebenso wie die Opfer anderer staatlicher Verbrechen in gleichem Maße ein Anrecht auf Gedenken und Erinnerung haben wie die NS-Opfer – wer wollte daran zweifeln?

Durch den geplanten Gedenktag für die »Opfer des Totalitarismus« aber werden historische Ereignisse aus ihren Zusammenhängen gerissen, Ursachen und Wirkungen miteinander vermischt. Ein solcher Gedenktag führt die unterschiedlichen Erinnerungen an Krieg und Terrorherrschaft nicht im Dialog zusammen. Er vertieft vielmehr Gegensätze, reißt alte Wunden wieder auf und führt zu neuen Auseinandersetzungen und Konfrontationen. Das ist eines Gedenkens an die Millionen Opfer staatlicher Verbrechen in einem freiheitlichen, pluralistischen Europa unwürdig. Wir regen an, dass das Europäische Parlament den 27. Januar 2012 dazu nutzt, um über die Entwicklung der Erinnerungskultur in Europa und über einen einheitlichen europäischen Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus zu diskutieren.

Der Autor ist Präsident des Internationalen Sachsenhausen-Komitees.

Berlin

Verhandlung über Waffenlieferungen an Israel

Insgesamt sechs Kläger wollen vor dem Berliner Verwaltungsgericht in zwei Fällen feststellen lassen, dass der Export deutscher Rüstungsgüter an Israel rechtswidrig war. Eine Entscheidung wird noch für Mittwoch erwartet

 12.11.2025

Interview

»Erinnern, ohne zu relativieren«

Kulturstaatsminister Wolfram Weimer über das neue Gedenkstättenkonzept der Bundesregierung, Kritik an seiner Vorgängerin Claudia Roth und die Zeit des Kolonialismus in der deutschen Erinnerungskultur

von Ayala Goldmann  12.11.2025

Erinnerungspolitik

Weimer: Gedenkstätten sind zentrale Pfeiler der Demokratie

Das Bundeskabinett hat ein neues Konzept für Orte der Erinnerung an die NS-Verbrechen und die SED-Diktatur beschlossen. Die Hintergründe

von Verena Schmitt-Roschmann  12.11.2025 Aktualisiert

Wien

Juden protestieren gegen FPÖ-Veranstaltung für Antisemiten im Parlament

Als »radikalen Antisemiten« hatte sich der Österreicher Franz Dinghofer einst selbst bezeichnet - auch der NSDAP trat er bei. Die rechtsextreme FPÖ gedenkt des Politikers nun - und wird dafür hart kritisiert

 11.11.2025

Projekte gegen Antisemitismus

Berliner Kultursenatorin räumt Defizite bei Fördermittel-Vergabe ein

In Berlin sollen Mittel für Projekte gegen Antisemitismus nach unklaren Kriterien und auf Druck und Wunsch aus der CDU-Fraktion vergeben worden sein. Kultursenatorin Wedl-Wilson will nun »aufräumen«

 11.11.2025

Initiative

Knesset stimmt über Gesetz zu Todesstrafe ab

Wer in Israel tötet, um dem Staat und »der Wiedergeburt des jüdischen Volkes« zu schaden, soll künftig die Todesstrafe erhalten können. Das sieht zumindest ein umstrittener Gesetzentwurf vor

 11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Terror

Netanjahu: Israels Kampf gegen Feinde noch nicht vorbei

Laut Ministerpräsident Netanjahu beabsichtigen die Hamas und die Hisbollah weiterhin, Israel zu vernichten. Die Waffenruhe-Abkommen mit beiden will Israel demnach durchsetzen - solange diese gelten

 11.11.2025

Diplomatie

Al-Schaara schließt normale Beziehungen zu Israel aus

Der syrische Staatschef wurde von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Bei dem historischen Treffen ging es auch um die Abraham-Abkommen

 11.11.2025