Düsseldorf

»Mutige und exzellente Journalistin«

Es ist nicht ihre erste Auszeichnung: Andrea Röpke war bereits »Journalistin des Jahres«, erhielt den »Alternativen Medienpreis« und wurde für »Das unerschrockene Wort« geehrt. Aber der Paul-Spiegel-Preis, den sie am Mittwoch in der Synagoge der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf entgegennehmen konnte, sei für sie doch eine ganz besondere Würdigung: »Denn ich bewundere Paul Spiegel, der, nachdem er die Gräuel des Nationalsozialismus erlebt hatte, sich zeitlebens gegen Rassismus engagierte.«

Der Zentralrat der Juden verleiht den Preis in Erinnerung an den früheren Zentralratspräsidenten Paul Spiegel sel. A. und dessen Engagement gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Die diesjährige Preisträgerin wird für ihre jahrelange Arbeit gegen Rechtsextremismus ausgezeichnet.

Recherchen Zentralratspräsident Josef Schuster würdigte Andrea Röpke als eine »mutige und exzellente Journalistin«. Besonders lobte er die Zivilcourage, mit der sie ihre Arbeit ausübe. Denn mehrfach wurde Röpke im Zuge ihrer Recherchen von Rechtsextremen bedroht oder direkt angegriffen. Schuster verwies darauf, wie die Journalistin zum Beispiel 2006 in Brandenburg von einem Neonazi zu Boden gestoßen und ins Gesicht geschlagen wurde.

Die Gesellschaft brauche Aufklärung über die rechtsextremen Umtriebe, so Schuster. »Denn nur so werden Lokalpolitiker, Polizei, Vereine und Bürger sensibilisiert, um die manchmal gut getarnten Rechten zu erkennen und gegen sie vorgehen zu können.«

Deshalb sei es so wichtig, dass Journalisten wie Andrea Röpke weiterhin ihre Arbeit ausüben können. Wenn jedoch Verlage ihre Redaktionen immer mehr verkleinerten, wenn Honorare immer geringer würden, dann sei ein solch investigativer und hochwertiger Journalismus in seiner Existenz bedroht. Schuster forderte die großen Verlage in Deutschland dazu auf, ihre Verpflichtung darin zu sehen, für die Demokratie einzutreten.

Auch weitere Redner der Preisverleihung würdigten die besondere Leistung von Andrea Röpke: Der Düsseldorfer Gemeindevorsitzende Oded Horowitz sagte, dass die Journalistin mit ihrem Einsatz nicht nur für Juden, sondern für alle Menschen in diesem Land ein Vorbild sei.

Überzeugung Gisèle Spiegel, die Witwe des Namensgebers des Preises, sagte, dass sie großen Respekt vor der Arbeit und Zivilcourage der Publizistin habe und die Entscheidung des Zentralrats für die Preisvergabe begrüßt habe: »Ich weiß ganz genau, dass mein Mann diese Entscheidung aus vollster Überzeugung und mit viel Freude und Dankbarkeit unterstützt hätte.«

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Nordrhein-Westfalens, Sylvia Löhrmann, gratulierte Röpke zu ihrem Mut, ihrer Entschlossenheit, Unverzagtheit und ihrem Engagement. Die Grünen-Politikerin nannte den Paul-Spiegel-Preis ein »Symbol für das, was wir jeden Tag brauchen: Entschlossenheit im Eintreten für die demokratische Gesellschaft und Achtsamkeit gegenüber jeder Form von Ausgrenzung«.

Vor den rund 200 Gästen, darunter auch Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel, hielt der Berliner Politikwissenschaftler Hajo Funke die Laudatio auf die Preisträgerin. Er hob hervor, dass Andrea Röpke auch gegen Widerstände in der Politik die Präsenz und Gefahr von Alt- und Neonazis »in nahezu unglaublicher Beharrlichkeit erforscht, aufgedeckt und präsent gemacht hat«.

Kampfesmut Der öffentliche Kampf um weniger Aggressionen und Hass sei für eine Republik, die liberal bleiben wolle, existenziell und müsse immer wieder neu geführt werden. Röpke repräsentiere diesen Kampfesmut um die Republik. »Sie gibt auch nicht auf, wenn sie sich in einer absoluten Minderheit sieht. Das macht Zivilcourage aus. Und das hat sie mit Paul Spiegel, an den wir mit diesem Preis erinnern, gemeinsam.«

Der Paul-Spiegel-Preis wird seit 2009 verliehen. In den Vorjahren ging die mit 5000 Euro dotierte Auszeichung an die Berliner Initiative gegen Antisemitismus und die Initiative »Wir für Lübtheen«, an das Ehepaar Horst und Birgit Lohmeyer aus Jamel und an Bernd Merbitz, den damaligen Polizeipräsidenten des Freistaates Sachsen.

»Alle unsere Preisträger haben eines gemeinsam«, so Josef Schuster, »sie wurden wegen ihres Engagements von den Rechtsextremen angefeindet, bedroht oder sogar angegriffen.« Aber keiner von ihnen habe sich davon einschüchtern lassen. »Die Menschen, die aktiv und mutig den Rechtsextremismus bekämpfen, brauchen unseren ganzen Rückhalt«, betonte der Zentralratspräsident: »Sie gehören zu den wichtigsten Stützen unserer Zivilgesellschaft. Sie verteidigen unsere Demokratie und unsere Freiheit!«

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert