Einspruch

Mut zu klaren Positionen

Zentralratspräsident Josef Schuster Foto: Andreas Lohnes

Einspruch

Mut zu klaren Positionen

Josef Schuster wünscht sich von der neuen Regierung demokratische und europäische Akzente

von Josef Schuster  12.03.2018 20:09 Uhr

Nach dem ermüdenden Schauspiel dieser zähesten Regierungsbildung, die wir in Deutschland seit 1949 je hatten, macht sich ein Gefühl der Erleichterung breit: Man ist als Bürger einfach froh, dass jetzt überhaupt eine neue Bundesregierung im Amt ist.

Das Ergebnis der Bundestagswahl mit unklaren Mehrheitsverhältnissen hatte die Regierungsbildung so schwierig gemacht. Doch auch wenn die Parteien sich jetzt sortiert haben, sollten sie dieses Ergebnis nicht als abgehakt, sondern als Auftrag begreifen: Dass der politisch rechte Rand so sehr erstarkt ist, ist ein Alarmsignal für unsere Demokratie.

afd Die AfD hat längst damit angefangen, rechtsradikales Vokabular in den Bundestag einzuführen. Dabei wird sie es nicht belassen. Sie wird versuchen, die politische Agenda zu bestimmen. Dazu dürfen es die anderen Parteien nicht kommen lassen.

Gerade die neue Regierungskoalition ist aufgefordert, unseren demokratischen Werten wieder die Geltung zu verschaffen, die sie verdienen. Dazu gehören auch die Religionsfreiheit und der Schutz von Minderheiten. Weder darf sie angesichts der Anschläge auf Moscheen untätig bleiben, noch angesichts des wachsenden Antisemitismus.

israel Der neue Antisemitismusbeauftragte braucht daher den vollen Rückhalt aller Ministerien. Eifersüchteleien oder Machtspielchen zwischen den Ressorts wären völlig fehl am Platz. Ebenso darf es keinen Zweifel an der Solidarität Deutschlands mit Israel geben. Die Formulierungen im Koalitionsvertrag lassen hier leider Interpretationsspielraum.

Doch wenn schon die Regierungskoalition mit Blick auf Isra­el nicht eindeutig ist, erscheint es mir umso schwieriger, den israelbezogenen Antisemitismus in der Bevölkerung einzudämmen. Herumlavieren, Aussitzen – das ist als politische Taktik vielleicht manchmal der einfachste Weg. In diesen Zeiten wäre es verheerend. Die Regierungskoalition sollte den Mut zu klaren Positionen haben – pro-demokratisch und pro-europäisch.

Der Autor ist Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Deutschland

»Völlige Schamlosigkeit«: Zentralrat der Juden kritisiert AfD-Spitzenkandidat für NS-Verharmlosung

Der AfD-Spitzenkandidat aus Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, äußert sich einschlägig in einem Podcast zur NS-Zeit

von Verena Schmitt-Roschmann  21.11.2025

München

»Wir verlieren die Hoheit über unsere Narrative«

Der Publizist und Psychologe Ahmad Mansour warnte in München vor Gefahren für die Demokratie - vor allem durch die sozialen Netzwerke

von Sabina Wolf  21.11.2025

Tobias Kühn

Wenn Versöhnung zur Heuchelei wird

Jenaer Professoren wollen die Zusammenarbeit ihrer Universität mit israelischen Partnern prüfen lassen. Unter ihnen ist ausgerechnet ein evangelischer Theologe, der zum Thema Versöhnung lehrt

von Tobias Kühn  21.11.2025

Kommentar

Martin Hikel, Neukölln und die Kapitulation der Berliner SPD vor dem antisemitischen Zeitgeist

Der bisherige Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln ist abgestraft worden - weil er die Grundwerte der sozialdemokratischen Partei vertreten hat

von Renée Röske  21.11.2025

Gespräch

»Der Überlebenskampf dauert an«

Arye Sharuz Shalicar über sein neues Buch, Israels Krieg gegen den palästinensischen Terror und die verzerrte Nahost-Berichterstattung in den deutschen Medien

von Detlef David Kauschke  21.11.2025

Nazivergangenheit

Keine Ehrenmedaille für Rühmann und Riefenstahl

»NS-belastet« oder »NS-konform« – das trifft laut einer Studie auf 14 Persönlichkeiten der Filmbranche zu. Ihnen wird rückwirkend eine Auszeichnung aberkannt, die die Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) zukünftig nicht mehr vergeben will

von Niklas Hesselmann  21.11.2025

Deutschland

»Hitler ist niedergekämpft worden. Unsere Städte mussten in Schutt und Asche gelegt werden, leider«

Militanter Linker, Turnschuhminister, Vizekanzler und Außenminister: Das sind die Stationen im Leben des Grünenpolitikers Joschka Fischer. Warum er heute vom CDU-Kanzler Konrad Adenauer ein anderes Bild als früher hat

von Barbara Just  21.11.2025

Berlin

Bundesinnenministerium wechselt Islamismusberater aus

Beraterkreis statt Task Force: Die schwarz-rote Bundesregierung setzt einen anderen Akzent gegen islamistischen Extremismus als die Ampel. Ein neues Expertengremium, zu dem auch Güner Balci gehören wird, soll zunächst einen Aktionsplan erarbeiten

von Alexander Riedel  21.11.2025

Glosse

Auf, auf zum bewaffneten Kampf!

Eine deutsche Komikerin wechselte am Wochenende wieder einmal das Genre. Enissa Amani versuchte allen Ernstes, rund 150 Berlinern zu erklären, dass Nelson Mandela das Vorgehen der Hamas gegen Israel gutgeheißen hätte

von Michael Thaidigsmann  21.11.2025 Aktualisiert