Waffentechnik

Motor aus Hanau in Hisbollah-Kampfdrohne entdeckt

Ende Juli tötete eine Hisbollah-Drohne mehrere Kinder in einem Dorf auf den Golan-Höhen Foto: Copyright (c) Flash 90 2024

Nir Eylon staunte nicht schlecht. Der Israeli wurde am Sonntagmorgen im Norden Israels Zeuge einer Attacke der Hisbollah mit Kampfdrohnen. Als Eylon wenig später die Bruchteile einer solchen Drohne auf dem Asphalt einer Straße in Augenschein nimmt, fällt ihm der Aufdruck auf dem Motor ins Auge: »Made in Germany« heißt es da, neben dem Warnhinweis »Vorsicht, Hochspannung«.

Und auch der Name des Herstellers des Motors der Drohne ist angegeben. Es handelt sich um die 3W Professional GmbH. Die im hessischen Hanau ansässige Firma baut eigenen Angaben zufolge seit 35 Jahren Motoren für Modellflugzeuge.

Eine Kampfdrohne der schiitischen Terrororganisation, die mit deutscher Technologie bestückt ist? Er habe eher ein Fabrikat mit einer arabischen oder persischen Beschriftung erwartet, sagte Nir Eylon der Journalistin Antonia Yamin. Die im Libanon ansässige Hisbollah-Miliz wird vom iranischen Regime finanziert und ausgestattet. »Ich konnte es nicht glauben, als ich sah, dass darauf ›Made in Germany‹ stand. Ich dachte, Deutschland sei Mitglied der Nato. Wie kann es sein, dass deutsche Teile in die Hände von Terroristen gelangen?«

Kibbuzbewohner ruft Hersteller an

Nir Eylon fragt daraufhin seinen Freund Alon, der im Kibbuz Dan fast direkt neben der libanesischen Grenzen lebt und gut Deutsch spricht. Dieser ruft kurzentschlossen den Geschäftsführer von 3W in Deutschland an, filmt das Gespräch und veröffentlicht den Clip auf seinem Instagram-Account.

»Hallo, hier ist der Alon. Ich war vorhin im Norden Israels unterwegs, und die Hisbollah hat eine Drohne geschossen mit deinen Motoren...« Wie es denn sein könne, dass eine Terrororganisation an die Motoren von 3W komme? »Verkaufen Sie an Terrororganisationen?«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Der Geschäftsführer fühlt sich offensichtlich überrumpelt und fragt mehrmals pampig zurück: »Wie kommen Sie an meine Telefonnummer?« Später fügt er noch hinzu: »Sie wollen andere Leute einfach am Sonntag anrufen?«

Doch er beantwortet dennoch eine Frage: Natürlich verkaufe sein Unternehmen keine Motoren an Terrororganisationen. Wie der Elektromotor aus seinem Haus in die mit Sprengstoff beladene Kampfdrohne der Hisbollah gelangt war, kann der Geschäftsführer am Telefon aber nicht sagen. Eine schriftliche Anfrage dieser Zeitung lässt er zunächst unbeantwortet.

Motoren im freien Verkauf erhältlich

Gut unterrichtete Kreise teilten der Jüdischen Allgemeinen jedoch mit, dass der Unternehmer seine »Überraschung« und sein »Bedauern« zum Ausdruck gebracht habe, dass terroristische Organisationen die Motoren für solche Angriffe einsetzten. Man habe aber keine Kontrolle über die Weiterverbreitung der Motoren.

Diese sind aber im freien Verkauf erhältlich und gelten nicht als sogenannte »Dual Use«-Güter, deren Export von der Europäischen Union gesetzlich geregelt ist und in Deutschland vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) überwacht wird.

Allerdings fand die Organisation »Conflict Armament Research« (CAR) in einer von der Bundesregierung mitfinanzierten Untersuchung bereits 2021 heraus, dass pro-russische Separatisten in der Ostukraine Kampfdrohnen eingesetzt hatten, in denen sich auch Komponenten von 3W Professional befanden.

Auf Nachfrage der CAR teilte die Firma damals mit, ihren Einzylindermotor 3W-55i, der aktuell für einen Preis von gut 900 Euro erhältlich ist, bereits 2013 an eine Firma im tschechischen Karlsbad verkauft zu haben. Diese hatte laut CAR-Recherchen drei russische Staatsangehörige als Geschäftsführer, von denen einer Verbindungen zu russischen Sicherheitskreisen hatte. Die Firma wurde 2018 aufgelöst.

Festnahme von Hisbollah-Mitglied in Salzgitter

Offenbar versucht die Hisbollah, auch direkt in Deutschland an Bauteile für Kampfdrohnen und anderes Kriegsgerät zu kommen. Die Bundesanwaltschaft teilte Mitte Juli mit, dass das Bundeskriminalamt ein mutmaßliches Mitglied der Terrormiliz in Salzgitter festgenommen habe. Im Auftrag der Hisbollah habe der Mann in den Monaten vor seiner Verhaftung in Deutschland »Komponenten zum Bau militärischer Drohnen, insbesondere Motoren«, beschaffen sollen, welche in den Libanon verbracht und bei Angriffen auf Israel eingesetzt werden sollten, so die Karlsruher Behörde in einer Mitteilung vom 15. Juli.

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft (DIG) hat nach Angaben ihres Präsidenten Volker Beck den Fund eines deutschen Motors in der Hisbollah-Drohne beim Zoll und beim Staatsschutz angezeigt. »Der Sachverhalt ist ja unabhängig von der mutmaßlichen bisherigen Nichtlistung der Komponenten als Dual-Use-Güter möglicherweise als Unterstützung einer ausländischen terroristischen Vereinigung strafbar«, so Beck in einer Rundmail. Die Bearbeitung sei an die Fachdirektion Außenwirtschaftsrecht der Generalzolldirektion weitergegeben worden, so der DIG-Präsident.

Dass die 3W Professional GmbH in Hanau ihre Motoren bewusst an Terroristen verkauft hat, glaubt Alon vom Kibbuz Dan nicht. Nach seinem sonntäglichen Telefonat mit dem 3W-Geschäftsführer betont er in seinem Instagram-Video ausdrücklich: »Bitte kein Shaming! Er produziert Motoren, und die kommen in die falschen Hände. Aber man muss das wissen.«

Josef Schuster

»Was bedeutet die Schoa heute noch für Deutschland?«

In seiner Rede zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ Bergen-Belsen reflektiert der Zentralratspräsident die Herausforderungen und Gefahren, vor denen die Erinnerung an die Schoa heute steht. Eine Dokumentation

von Josef Schuster  29.04.2025

Mauthausen

Überlebenswunderkind Eva Clarke: Geburt im KZ vor 80 Jahren

Es war eines der größten und gefürchtetsten Konzentrationslager der Nazizeit. Im Mai 1945 wurde es von US-Soldaten befreit. Unter den Überlebenden waren eine Mutter und ihr Neugeborenes

von Albert Otti  29.04.2025

Umfrage

Mehrheit hält AfD wegen deutscher Geschichte für unwählbar

Zum 80. Jahrestag des Kriegsendes fragt die »Memo«-Studie Menschen in Deutschland nach dem Blick zurück

 29.04.2025

Potsdam

Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert besseren Schutz für Synagoge

Vermutlich wurde in Halle ein zweiter Anschlag auf die Synagoge verhindert. Brandenburgs CDU-Chef Redmann fordert deshalb dazu auf, auch die Potsdamer Synagoge besser zu schützen

 29.04.2025

Menschenrechte

Immer schriller: Amnesty zeigt erneut mit dem Finger auf Israel

Im neuesten Jahresbericht der Menschenrechtsorganisation wirft sie Israel vor, einen »live übertragenen Völkermord« zu begehen

von Michael Thaidigsmann  29.04.2025

Berlin

Streit um geforderte Yad-Vashem-Straße

Zwischen dem Freundeskreis Yad Vashem und dem Roten Rathaus herrscht Unmut

von Imanuel Marcus  29.04.2025

Den Haag

Strafgerichtshof verpflichtet Chefankläger zur Vertraulichkeit

Karim Khan, der unter anderem gegen Benjamin Netanjahu einen Haftbefehl erwirkt hat, darf einem Bericht des »Guardian« zufolge künftig nicht mehr öffentlich dazu Stellung nehmen

 29.04.2025

Urteil

»Impfen macht frei«-Bild ist Volksverhetzung

Ein 65-Jähriger hatte während der Corona-Pandemie die Schutzmaßnahmen der Regierung mit dem Holocaust verglichen

 29.04.2025

Schweiz

Junger Mann wegen geplanten Anschlags auf Synagoge Halle verhaftet

Die Anschlagspläne soll er laut Staatsanwaltschaft zwischen Juli 2024 und Februar 2025 wiederholt in einer Telegram-Chatgruppe angekündigt haben

 29.04.2025