Thüringen

Mit Bildung gegen Judenhass

Foto: RIAS

In Corona-Zeiten zeigt sich Judenhass aus Sicht des Thüringer Antisemitismusbeauftragten Benjamin-Immanuel Hoff (Linke) vor allem in zwei Ausprägungen: Wie in den Jahrhunderten zuvor würden Jüdinnen und Juden für alles Übel – aktuell die Verbreitung des infektiösen Virus – verantwortlich gemacht, sagte er am Dienstag in Erfurt.

Zudem gerierten sich Gegner der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie »geschichtsvergessen« als Erben des Widerstands gegen die NS-Diktatur, was kaum weniger schlimm sei.

alltag Thüringen müsse daher seine Anstrengungen im Kampf gegen Antisemitismus im Alltag verstärken. Zugleich brauche es die Förderung jüdischen Lebens im Freistaat, forderte Hoff. Auch am Jahrestag des Novemberpogroms von 1938 reiche es nicht aus, im Zusammenhang mit dem Thema nur in der Vergangenheit zu sprechen.

Die Unterzeichnung eines Kooperationsvertrages der Perspektivwechsel-Praxisstelle Thüringen am Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment und der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Thüringen geht für Hoff daher auch in die richtige Richtung: Während RIAS zum Thema forsche und als Voraussetzung dafür die antisemitischen Vorfälle im Freistaat erfasse und dokumentiere, stehe die Praxisstelle für sich daraus ableitende Bildungsangebote, sagte Hoff, der das Papier mitzeichnete.

Das Monitoring von Antisemitismus und die Schulung von pädagogischen Fachkräften sowie Mitarbeitenden von Justiz und Polizei stellten dabei die zwei zentralen Säulen der Kooperation dar. Mit der Vereinbarung werde die Basis für die weitere Zusammenarbeit der beiden zivilgesellschaftlichen Organisationen gestärkt, unterstrich Hoff.

dunkelfeld So soll vor allem das Dunkelfeld der antisemitischen Vorfälle ausgeleuchtet werden, die sich unterhalb der Grenzen der Strafbarkeit bewegten oder von den Betroffenen nicht zur Anzeige gebracht würden. Von den RIAS-Erkenntnissen, die Informationsstelle hatte erst Ende 2020 in Jena die Arbeit aufgenommen, verspreche er sich mehr Klarheit über das Ausmaß von Antisemitismus in Thüringen.

Die Praxisstelle in Trägerschaft der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland (ZWST) wird nach Hoffs Angaben bereits seit 2007 im Rahmen des Landesprogramms »Denk Bunt« gefördert.

Die Kooperation mit der Praxisstelle Thüringen ist für die RIAS-Leiterin Anja Thiele »eine unerlässliche Bedingung für die effektive Bekämpfung von Antisemitismus im Freistaat«. Dort, wo ihre Kolleginnen und Kollegen Antisemitismus sichtbar und beschreibbar machten, entstünde oft Handlungsbedarf. Ihm könne durch die professionelle Zusammenarbeit mit der Praxisstelle begegnet werden.

bestandsaufnahme Die langjährige Tätigkeit der Praxisstelle lasse sich nun um die laufende Bestandsaufnahme zu Antisemitismus auf Grundlage der RIAS-Berichte erweitern, sagte deren Projektleiterin Jana Scheuring.

So könne in den Fortbildungen die lokale Situation noch zielführender erfasst und den Zielgruppen der Bildungsangebote rückgespiegelt werden. Noch ist das aber auch ein Stück Zukunftsmusik: Ihren ersten Bericht zur Lage in Thüringen kündigte Thiele für das kommende Jahr an. epd

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Gaza/Westjordanland

Umfrage: Mehr als die Hälfte der Palästinenser befürwortet die Massaker vom 7. Oktober 2023

Klare Mehrheit der Palästinenser zudem gegen Entwaffnung der Hamas

 21.12.2025

Interview

»Die Zustände für Juden sind unhaltbar. Es braucht einen Aufstand der Anständigen«

Zentralratspräsident Josef Schuster über den islamistischen Anschlag von Sydney und das jüdische Leben in Deutschland nach dem 7. Oktober

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Faktencheck

Berichte über israelischen Pass Selenskyjs sind Fälschung

Ukrainische Behörden ermitteln wegen hochrangiger Korruption. Doch unter diesen Fakten mischen sich Fälschungen: So ist erfunden, dass bei einer Razzia ein israelischer Pass Selenskyjs gefunden wurde

 20.12.2025

Analyse

Ankaras Machtspiele

Manche befürchten schon einen »neuen Iran«. Warum Israel die Türkei zunehmend als Bedrohung wahrnimmt

von Ralf Balke  20.12.2025

Bundestag

Zentralrat verteidigt Weimers Gedenkstättenkonzept

Der Ausschuss für Kultur und Medien hörte Experten zu der Frage an, ob über den Holocaust hinaus auch andere Verbrechen Teil der deutschen Erinnerungskultur sein sollen

 19.12.2025

Frankreich

Drei Jahre Haft für antisemitisches Kindermädchen

Ein französisches Gericht hat eine Algerierin zur einer Gefängnisstrafe verurteilt, weil sie einer jüdischen Familie Reinigungsmittel ins Essen, Trinken und die Kosmetika mischte

 19.12.2025

Berlin

Bericht über Missbrauch internationaler Hilfe durch Hamas im Bundestag vorgestellt

Olga Deutsch von der Organisation NGO Monitor sagt, während die Bundesregierung über Beiträge zum Wiederaufbau Gazas berate, sei es entscheidend, auf bestehende Risiken hinzuweisen

von Imanuel Marcus  19.12.2025