Dresden

Mehrjährige Haftstrafen gegen rechtsextreme »Revolution Chemnitz«

Das Urteil gegen die mutmaßlichen Mitglieder der rechten Terrorgruppe »Revolution Chemnitz« ist noch nicht rechtskräftig. Foto: imago images / HärtelPRESS

Mehrjährige Haftstrafen für die Neonazis der »Revolution Chemnitz«: Im Prozess um die rechtsextreme Terror-Vereinigung hat das Oberlandesgericht Dresden (OLG) die acht Angeklagten zu Freiheitsstrafen von zwei Jahren und drei Monaten bis zu fünfeinhalb Jahren verurteilt. Damit ahndete der Staatsschutzsenat am Dienstag die unterschiedliche Tatbeteiligung der 22 bis 32 Jahre alten Männer.

Die Richter sahen bei allen Beschuldigten die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung als erwiesen an – aber nur beim Rädelsführer auch die ebenfalls angeklagte Gründung. Fünf der Männer wurden zudem wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt und einer wegen Körperverletzung.

Revision Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig. Drei der Angeklagten kommen vorerst frei. Der Senat setzte die Haftbefehle gegen sie unter Auflagen außer Vollzug. Einige Verteidiger hatten in den Plädoyers durchblicken lassen, dass sie möglicherweise in Revision gehen.

Die Generalbundesanwälte hatten Freiheitsstrafen zwischen drei und fünfeinhalb Jahren beantragt und den Beschuldigten eine »offen nationalsozialistische Gesinnung« attestiert. In den meisten Fällen blieb das Gericht unter den Anträgen. Bundesanwalt Kai Lohse zeigte sich dennoch zufrieden. Es sei gelungen, eine terroristische Vereinigung frühzeitig zu zerschlagen, sagte er nach Prozessende. Die Verteidiger hatten Freisprüche oder mildere Strafen gefordert.

Der Rädelsführer hat es nach Einschätzung des Vorsitzenden Hans Schlüter-Staats offensichtlich ernst gemeint. »Das, was vorgesehen war, sollte real umgesetzt werden. Es ging nicht nur um Hirngespinste, sondern zur Umsetzung gedachte Vorschläge«, sagte der Richter.

Ausschreitungen Die Gruppe hatte sich im September 2018 gegründet, als es in Chemnitz zu ausländerfeindlichen Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen war. Hintergrund war der gewaltsame Tod eines 35 Jahre alten Deutschen bei einer Auseinandersetzung mit Flüchtlingen am Rande des Chemnitzer Stadtfestes Ende August. Für die Tat wurde ein junger Mann aus Syrien 2019 wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt.

Die Gruppe hatte sich im September 2018 gegründet, als es in Chemnitz zu ausländerfeindlichen Demonstrationen und Ausschreitungen gekommen war.

Der Anklage zufolge hatte sich die »Revolution Chemnitz« am 10. September 2018 in einem Chat formiert. Der mutmaßliche Rädelsführer stellte eine Art Pamphlet in den Chat. Die sieben Mitangeklagten sollten dann entscheiden, ob sie mitmachen oder nicht. Widerspruch gab es keinen – auch wenn Verteidiger im Prozess geltend machen wollten, ihre Mandanten hätten den Text nicht ernst genommen oder nicht richtig verstanden.

Das Schriftstück ließ es aber an Deutlichkeit nicht vermissen. Es sei an der Zeit, nicht nur Worte sprechen zu lassen, sondern Taten. »Linke, Parasiten, Merkel-Zombies, die Mediendiktatur und deren Sklaven« sollten ins Visier genommen werden – auch mit Waffengewalt. Der NSU sollte dagegen wie eine »Kindergarten-Vorschulgruppe« wirken. Für den 3. Oktober 2018 war eine Aktion in Berlin geplant. Die Anklage war überzeugt, dass es zu einem Umsturzversuch kommen sollte.

straftaten Bereits am 14. September erfolgte ein sogenannter Probelauf auf der Chemnitzer Schlossteichinsel, der als schwerer Landesfriedensbruch angeklagt war. Bei der Aktion wurden Flüchtlinge und eine Gruppe von Jugendlichen attackiert. Noch bevor die »Revolution Chemnitz« weitere Straftaten begingen konnte, klickten am Abend die Handschellen.

Der Prozess fand unter Sicherheitsvorkehrungen in einem speziellen Saal des OLG statt. Hier war vor zwei Jahren bereits das Urteil gegen die rechtsextreme Terrororganisation »Gruppe Freital« ergangen. Im jetzigen Prozess wurde wiederholt ein Vergleich zwischen beiden Gruppierungen gezogen. Anders als im Fall von Freital war die »Revolution Chemnitz« schon wenige Tage nach ihrer Gründung am Ende.  dpa

Neuss

Auktion von Besitztümern von NS-Opfern abgesagt

Im Fall der geplanten Auktion von Besitztümern von NS-Opfern hat sich die polnische Regierung eingeschaltet. Auch das Auschwitz-Komitee will die Versteigerung verhindern

 16.11.2025 Aktualisiert

Meinung

Mit Martin Hikel geht einer, der Tacheles redet

Der Neuköllner Bürgermeister will nicht erneut antreten, nachdem ihm die Parteilinke die Unterstützung entzogen hat. Eine fatale Nachricht für alle, die sich gegen Islamismus und Antisemitismus im Bezirk einsetzen

von Joshua Schultheis  16.11.2025

Berlin

Merz verspricht Schutz jüdischen Lebens in Deutschland

Bei der diesjährigen Verleihung des Preises für Verständigung und Toleranz im Jüdischen Museum Berlin an Amy Gutmann und David Zajfman gab Bundeskanzler Friedrich Merz ein klares Versprechen ab

 16.11.2025

Meinung

Die Ukrainer brauchen unsere Hilfe

Die Solidarität mit ukrainischen Geflüchteten in Deutschland nimmt ab. Aus einer jüdischen Perspektive bleibt es jedoch wichtig, auch weiterhin nicht von ihrer Seite abzuweichen

von Rabbinerin Rebecca Blady  16.11.2025

Berlin

Angriff auf Leiter deutsch-arabischer Schule in Neukölln

Al-Mashhadani gilt als Kritiker islamistischer Netzwerke und setzt sich für einen arabisch-israelischen Austausch ein

 15.11.2025

Debatte

»Hitler hatte eine unentdeckte genetische sexuelle Störung«

Eine neue britische Dokumentation über Adolf Hitler sorgt für Diskussionen: Kann die Analyse seiner DNA Aufschluss über die Persönlichkeit des Massenmörders geben?

 15.11.2025

Deutschland

Auschwitz-Komitee: Geplante Auktion ist schamlos 

Ein Neusser Auktionshaus will einen »Judenstern« und Briefe von KZ-Häftlingen und deren Angehörigen versteigern. Das internationale Auschwitz-Komitee reagiert

 15.11.2025

Debatte

Verbot durch US-Präsident Trump: Wie gefährlich ist die »Antifa-Ost« wirklich?

In einem ungewöhnlichen Schritt stuft die Trump-Regierung vier linksextreme Organisationen als Terrorgruppen ein - in Europa. Betroffen ist auch eine Gruppierung in Deutschland

von Luzia Geier  14.11.2025

Nahostkonflikt

Indonesien will 20.000 Soldaten für Gaza-Truppe bereitstellen

Der US-Plan für die Stabilisierung des Küstenstreifens sieht eine internationale Eingreiftruppe vor. Einige Staaten haben bereits Interesse bekundet

 14.11.2025