Meinung

Massenmord verjährt nicht

Efraim Zuroff Foto: Marco Limberg

Wenn wieder einmal ein greiser Nazi-Kriegsverbrecher ausfindig gemacht wird, stellt sich von Jahr zu Jahr deutlicher die Frage, ob der Aufwand, eine solche Person zu verfolgen, noch lohne – angesichts des fortgeschrittenen Alters und der oft angegriffenen Gesundheit. Diese Reaktion gab es auch, als bekannt wurde, dass das Simon Wiesenthal Center, dokumentiert von der britischen Boulevardzeitung »The Sun«, den 97-jährigen László Csatáry in Budapest aufgespürt hat.

Trotz dieser nachvollziehbaren Nachfragen bleiben wir dabei, dass Nazi-Kriegsverbrecher zur Rechenschaft gezogen werden müssen. Erstens mindert die Zeit in keiner Weise ihre Schuld. Wenn eine Person im Jahr 1941 oder 1944 eine Straftat begangen hat und nie dafür belangt wurde, so bleibt sie schuldig bis heute. Zweitens sollte das Alter keinen Schutz bieten für Menschen, die einen Mord oder gar Massenmord begangen haben.

Holocaust Ein Mörder, auch wenn er 90 Jahre alt ist, wird mit den Jahren kein Gerechter unter den Völkern. Mein drittes Argument verweist auf den Respekt vor den Opfern des Nationalsozialismus: Jedes Schoa-Opfer verdient, dass die Mörder, die unschuldige Menschen getötet haben, gefunden werden. Diese Bemühungen sind, viertens, ein starkes und wichtiges Signal für die Gegenwart: Wenn Verbrechen wie der Holocaust begangen werden, muss klar sein, dass sie auch noch 60 oder 70 Jahre später gesühnt werden.

Vielleicht hätten, wenn alle NS-Verbrecher erwischt und bestraft worden wären, Tragödien wie in Kambodscha, Ruanda oder Bosnien nicht stattgefunden. Fünftens schließlich geht es auch um die historische Wahrheit: Wenn heute noch Täter aufgespürt und vor Gericht gestellt werden, ist das wichtig im Kampf gegen alle, die die Schoa leugnen.

Jeder dieser genannten Gründe trifft auf einen Täter wie László Csatáry zu. Er hat im Frühjahr 1944 bei der Deportation von rund 15.700 Juden aus Košice und Umgebung in das Vernichtungslager Auschwitz eine wichtige Funktion innegehabt. Und dass er im Sommer 1941 an der Ermordung von weiteren 300 Juden in der Ukraine beteiligt war, gilt als sicher.

Der Autor ist Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Jerusalem.

Von ihm ist soeben erschienen: »Operation Last Chance« (Prospero Verlag), www.operationlastchance.org

Nahost

Netanjahu nach Washington abgereist - Treffen mit Trump 

Der israelische Regierungschef trifft den US-Präsidenten zum dritten Mal in sechs Monaten. Die Beziehungen sind eng. Mit Blick auf den Nahen Osten knüpfen sich an den Besuch große Erwartungen

 06.07.2025

Politik

AfD will im Bundestag »gemäßigt« auftreten

Die rechtsextreme Partei will sich im Parlament weniger krawallig präsentieren und beschließt dafür einen Verhaltenskodex

 06.07.2025

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Meinung

Israel, Iran und das Völkerrecht

Die Präventivschläge Israels gegen das Atomprogramm der Mullahs verstießen nicht gegen das Völkerrecht, sondern waren ebenso notwendig wie angemessen

von Daniel Neumann  06.07.2025

Westjordanland

Kritik nach Angriff auf Deutsche-Welle-Mitarbeiter

Eine Korrespondentin und ein Kameramann wurden am Freitag von radikalen Siedlern mit Steinen beworfen

 06.07.2025

Interview

Antisemitismusforscher: »Seit dem 7. Oktober gibt es eine Mobilisierung gegen Juden«

Günther Jikeli über die Auswirkungen des 7. Oktober 2023 auf die deutsche Gesellschaft, israelfeindliche Proteste an Hochschulen und Defizite in der Wissensvermittlung

von Pascal Beck  06.07.2025

Nuklearprogramm

Atominspektoren der IAEA verlassen den Iran

Nach dem Krieg mit Israel setzt Teheran weiter auf Konfrontation mit der Internationalen Atomenergiebehörde

 05.07.2025

Extremismus

BSW-Chefin Wagenknecht will Brandmauer zur AfD einreißen 

Gespräche zwischen BSW und AfD? Landespolitiker in Thüringen haben es vorgemacht. Selbstverständlich sei das auch auf Bundesebene möglich, sagen beide Seiten

von Torsten Holtz  04.07.2025

Meinung

Der falsche Feind

Warum der deutsche Pazifismus blind für die Realitäten in Nahost ist – und deshalb moralisch Schiffbruch erleiden muss

von Mirna Funk  06.07.2025 Aktualisiert