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Masal tow, Ebi!

Vom Hudson River an den Rhein: Abraham Lehrer kam in New York zur Welt und ist seit Kindestagen Kölner. Foto: Gregor Zielke

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Masal tow, Ebi!

Zentralratsvizepräsident Abraham Lehrer ist 70 geworden. Eine Würdigung von Ministerpräsident Hendrik Wüst

von Hendrik Wüst  02.05.2024 11:24 Uhr

Im Frühjahr 1954, ziemlich genau vor 70 Jahren, kommt in New York City ein kleiner Junge zur Welt – so weit, so gewöhnlich. Kurz nach seiner Geburt, noch im selben Jahr, siedelt seine Familie nach Köln um – schon ein bisschen ungewöhnlicher. Was die Sache außergewöhnlich und für die Zeit spektakulär macht: Der kleine Junge ist Abraham Lehrer, seine Mutter hatte Auschwitz überlebt, sein Vater mehrere Arbeitslager nur deshalb überstanden, weil er aus ihnen fliehen konnte.

Es ist ein nahezu ungeheurer Schritt damals in den 50er-Jahren, für viele Jüdinnen und Juden auf der ganzen Welt schier unverständlich, ein Schritt, der sicherlich viel Kraft brauchte. Nach den unvorstellbaren Gräueltaten des Holocaust, nach dem beispiellosen Menschheitsverbrechen kehrt die Familie von Abraham Lehrer in das Land der Täter zurück.

Die Geschichte seiner Eltern muss eine schwere Bürde für den jungen Abraham Lehrer gewesen sein und gewichtiger Grund, Deutschland zu verachten. Aber er wählt einen anderen Weg: Schon in seinen Jugendjahren engagiert Abraham Lehrer sich für seinen Glauben, für seine Gemeinde, für die Zukunft jüdischer Menschen in Köln, in Nordrhein-Westfalen, in Deutschland.

Es ist Persönlichkeiten wie ihm zu verdanken, dass jüdisches Leben wieder so sichtbar ist.

Die Kölner Synagogen-Gemeinde wird schnell zu seiner Heimat, und in vielen verschiedenen Ämtern und Funktionen prägt er über viele Jahre hinweg auch seine Gemeinde. Die Entscheidung seiner Eltern für Köln vor 70 Jahren hatte großen Einfluss auf das jahrzehntelange, segensreiche Wirken ihres Sohnes Abraham – und wegen seines herausragenden Engagements große Wirkung auf die Entfaltung jüdischen Lebens bei uns in Nordrhein-Westfalen und in ganz Deutschland.

In Köln, der größten Stadt Nordrhein-Westfalens, hatte das jüdische Leben auf deutschem Boden seine Anfänge vor über 1700 Jahren. Es war Abraham Lehrer, der 2018 den Verein »321–2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« gründete. Ein außergewöhnliches und besonderes Jubiläum, das in Nordrhein-Westfalen mehr als nur ein Jahr lang gefeiert und mit vielfältigen Veranstaltungen und Ausstellungen gewürdigt wurde.

Vor allem aber war und bleibt es ein Jubiläum, das etwas Wichtiges hervorhob und in Erinnerung rief: dass das Judentum seit 1700 Jahren ein fester Bestandteil der deutschen Geschichte und Kultur ist. Alles begann in Köln mit dem Dekret des römischen Kaisers Konstantin vom 11. Dezember 321. Darin erlaubte er, dass Juden städtische Ämter in der Kurie, der damaligen Stadtverwaltung Kölns, bekleiden durften und sollten.

Die Jüdische Gemeinde in Köln, die Gemeinde Abraham Lehrers, ist damit die älteste nördlich der Alpen. Die Dimension des Festjahres »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland« reicht also weit über Nordrhein-Westfalen und Deutschland hinaus. Es hatte und hat Bedeutung für ganz Europa.

Doch ist ein viel zu großer Teil unserer gemeinsamen Geschichte von der Verfolgung und Unterdrückung von Jüdinnen und Juden geprägt, die im Holocaust ihren grausamen Höhepunkt fand. Er begründet eine besondere geschichtliche Verantwortung der deutschen Gesellschaft und des Staates für das jüdische Leben in Deutschland. Dass es heute wieder eine vielfältige jüdische Gemeinschaft in unserem Land gibt, ist alles andere als eine Selbstverständlichkeit. Es ist ein Geschenk und ein Grund zu großer Freude und Dankbarkeit. Und eine immerwährende Verpflichtung, sie vor jeder Form von Antisemitismus zu schützen.

Unsere Verantwortung für jüdisches Leben ist in jüngster Zeit, nach dem barbarischen Angriff der Mordkommandos der Hamas, der Tötung von über 1200 Menschen und der Entführung von über 250 Israelis auf dramatische Weise noch einmal wichtiger geworden. Es ist entsetzlich und zutiefst beschämend, dass jüdische Menschen hierzulande Angst um ihr Leben und das ihrer Kinder haben müssen, Angst vor Populisten, vor ideologischen und religiösen Fanatikern.

Dafür gab es bereits vor dem 7. Oktober 2023 gute Gründe, von Anschlägen auf Synagogen wie jener in Halle über die alltägliche Erfahrung von Vorurteilen und Verschwörungserzählungen bis hin zu Hetze und blankem Hass im Netz. Und das Erstarken einer neuen Nazi-Partei mit bürgerlicher Maskerade.

Umso überzeugter und konsequenter werden wir das jüdische Leben bei uns in Nordrhein-Westfalen weiterhin nach Kräften schützen und fördern. Unser Land und Israel verbindet eine lange Freundschaft. Bereits 1965 haben der Staat Israel und die Bundesrepublik Deutschland diplomatische Beziehungen aufgenommen. Nordrhein-Westfalen hat diese Bemühungen um Aussöhnung von Beginn an mit ganzer Kraft unterstützt und gefördert.

So wurde es möglich, dass dem früheren Ministerpräsidenten Johannes Rau eine ganz besondere Ehre zuteilwurde: Als erster Deutscher überhaupt sprach er im Februar 2000 als Bundespräsident vor der Knesset.

Abraham Lehrer hat sich um unser Land verdient gemacht.

Schon für seine Vorgänger war es eine Selbstverständlichkeit, den Neubau von Synagogen zu unterstützen. So konnte etwa die Kölner Synagoge in der Roon­straße auf ihren Trümmern wiedererrichtet werden und ist heute ein besonderes Juwel der Stadt. Inzwischen hat jede der 22 Gemeinden der Jüdischen Landesverbände in Nordrhein-Westfalen eine eigene Synagoge.

In den Jahren 2012 und 2015 wurden in Nordrhein-Westfalen erstmals seit 1945 wieder Rabbiner und Rabbinerinnen ordiniert. Auch das hat das religiöse Leben der jüdischen Gemeinden weiter gestärkt. An vielen Orten Nordrhein-Westfalens zeugen jüdische Kindertagesstätten und Schulen davon, dass jüdisches Leben bei uns eine Heimat gefunden hat.

Es sind Persönlichkeiten wie Abraham Lehrer, denen wir zu verdanken haben, dass jüdisches Leben in Deutschland wieder so sichtbar ist wie heute. Die sich unermüdlich für die Gemeinschaft von Religionen und für ein friedliches Zusammenleben einsetzen. Die konsequent auf Antisemitismus hinweisen und sich ihm immer wieder und mit voller Kraft entgegensetzen.

Abraham Lehrer gelingt es seit vielen Jahren als Vorsitzender der Synagogen-Gemeinde Köln, als Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und als Einzelpersönlichkeit, jüdisches Leben einer großen Öffentlichkeit näherzubringen, die großen Verdienste unserer jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger um unser Land, unsere Demokratie, unsere Kultur und für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft zu würdigen und bewusst zu machen.

Er, der vor 70 Jahren nach Nordrhein-Westfalen kam, hat sich um unser Land verdient gemacht. Sein 70. Geburtstag ist Anlass für Dankbarkeit. Ich gratuliere herzlich und mit großem Respekt vor dem Lebenswerk von Abraham Lehrer.

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