Washington

Lufthansa: »Kein Platz für Antisemitismus«

Die deutsche Fluglinie hat angekündigt, künftig ihre Mitarbeiter im Hinblick auf Antisemitismus besser zu schulen. Foto: picture alliance/dpa

Der Lufthansa-Konzern hat am Donnerstag die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) zum Antisemitismus unterzeichnet. Eigenen Angaben zufolge ist das deutsche Unternehmen damit die erste Fluglinie weltweit, die sich dergestalt gegen den Judenhass engagiert.

Christina Foerster, Vorstandsmitglied der Lufthansa Group, unterzeichnete das Papier in der US-Hauptstadt Washington. »Ich spreche aus Überzeugung, wenn ich sage: Es gibt keinen Platz für Antisemitismus, Diskriminierung und Rassismus jedweder Form – weder in der Gesellschaft noch in der Lufthansa Group«, erklärte Foerster. »Um sich gegen Antisemitismus zu engagieren, muss man verstehen, was Antisemitismus ist und wie er sich manifestiert, sowohl in direkter Form als auch aufgrund unbewusster Vorurteile. Die IHRA-Definition berücksichtigt all das – das ist ihre besondere Stärke.«

ZUSAMMENARBEIT An der Unterzeichnung nahmen Regierungsvertreter aus den USA, Deutschland und Israel sowie führende Vertreter der jüdischen Gemeinschaft in den USA teil. Foerster kündigte außerdem die Zusammenarbeit zwischen der Lufthansa Group und dem American Jewish Committee an, um weitere Sensibilisierungstrainings für das Unternehmen zu entwickeln.

Die Sonderbeauftragte der Vereinigten Staaten zur Überwachung und Bekämpfung von Antisemitismus, Deborah Lipstadt, nahm an der Zeremonie ebenso teil wie die deutsche Botschafterin in Washington, Emily Haber, und der israelische Botschafter Michael Herzog.

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Auslöser für das Engagement der Lufthansa war ein Vorfall Anfang Mai, der weltweit Schlagzeilen gemacht und auch zu scharfen Protesten amerikanischer jüdischer Organisationen geführt hatte. Am Frankfurter Flughafen wurden 128 ultraorthodoxe Juden aus New York vom Weiterflug nach Budapest ausgeschlossen. Lufthansa-Mitarbeiter teilten den empörten Passagieren mit, es sei ein 24-stündiges Beförderungsverbot gegen alle Juden verhängt worden, weil sich jüdische Fluggäste während des Flugs von New York nach Frankfurt den Anweisungen des Kabinenpersonals widersetzt und die Maskenpflicht an Bord missachtet hätten.

VORFALL Die als Juden an ihrer Kleidung erkennbaren Passagiere wurden von Beamten der hessischen sowie der Bundespolizei am Flugsteig in Empfang genommen und am Einsteigen in das Flugzeug nach Budapest gehindert. Es kam zu heftigen verbalen Auseinandersetzungen, wie im Internet veröffentlichte Videos belegen.

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Eine Woche später entschuldigte sich die Lufthansa-Führung für den Vorfall, unter anderem bei Josef Schuster, dem Präsidenten des Zentralrats der Juden. Den betroffenen Passagieren wurde zudem die Übernahme der entstandenen Kosten zugesagt. Nähere Angaben zu dem Vorfall selbst und wie es zu dem Flugverbot gekommen war, machte der Konzern zunächst aber nicht.

Die Nichtbeförderung der Fluggäste sei »Resultat einer bedauerlichen Kette von ungenauer Kommunikation, Fehlinterpretationen und unbeabsichtigten Fehleinschätzungen zwischen verschiedenen Abteilungen« gewesen. Hinzugekommen seien »unsensible und unprofessionelle Äußerungen einzelner Mitarbeitender«, teilte ein Sprecher der Airline dieser Zeitung mit.

VORSCHRIFTEN Die Untersuchung habe aber »keine Anzeichen von Antisemitismus, Vorurteilen oder vorsätzlichem Verhalten von Lufthansa-Vertretern« ergeben, so der Sprecher. Vielmehr sei dem Ausspruch der Nichtbeförderung »ein Verhalten mehrerer jüdisch-orthodoxer Passagiere« an Bord des Fluges von New York nach Frankfurt vorausgegangen, welches »nicht den amerikanischen und deutschen Vorschriften« entsprochen habe.

Felix Klein war am Donnerstag per Video der Veranstaltung in Washington zugeschaltet. »Ich begrüße das entschlossene Engagement der Lufthansa gegen Antisemitismus und insbesondere die heutige Unterzeichnung der IHRA-Definition. Ich werbe schon seit Langem dafür, dass möglichst viele Unternehmen, Verbände, Sportvereine und viele mehr sich mit dieser Definition auseinandersetzen und sie für sich zur Orientierung verwenden«, sagte der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung.

Darüber hinaus habe die Lufthansa einen Antisemitismusbeauftragten im Konzern berufen und spezielle Schulungen und Trainings im Hinblick auf Antisemitismus und Diskriminierung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingeführt, so Klein. »Die Maßnahmen sind aus meiner Sicht eine gute und geeignete Grundlage, um Antisemitismus vorzubeugen und zu bekämpfen. Ich würde es sehr begrüßen, wenn weitere deutsche Unternehmen es der Lufthansa gleichtun würden.«

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