Bayern hat erstmals einen Beauftragten für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus: Das neue Amt bekleidet künftig der frühere Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU), der am Montag offiziell von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) vorgestellt wurde. In Sachen Antisemitismus gebe es »akuten Handlungsbedarf«, sagte Söder in der Münchner Staatskanzlei.
Als Beispiel nannte Söder unter anderem zunehmendes Mobbing von jüdischen Schülern. Es sei daher dringend notwendig gewesen, ein Signal zu setzen. Für das Amt sei ihm kein anderer als Ludwig Spaenle eingefallen, »der die Power, das Wissen und die Akzeptanz« in der jüdischen Gemeinde habe, betonte der bayerische Ministerpräsident.
Signal Bei der Vorstellung Spaenles waren hochrangige Gäste anwesend: der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch und die Generalkonsulin des Staates Israel, Sandra Simovich. Schuster bezeichnete Spaenles Bestellung als Antisemitismusbeauftragten als »wichtiges Signal«. Zugleich habe er aber auch »zwiespältige Gefühle«. Denn die Vorstellung, dass in Bayern einmal ein Antisemitismusbeauftragter nötig werde, hätte er vor ein paar Jahren noch ins »Reich der Fabel« geschoben.
IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch begrüßte die Entscheidung ebenfalls, Spaenle als Antisemitismusbeauftragten zu berufen. »Ludwig Spaenle ist für diese Position die beste Besetzung«, sagte Knobloch. Bedauerlich seien allerdings die schmerzlichen gesellschaftlichen Entwicklungen, die einen derartigen Beauftragten notwendig machten. Spaenle selbst bezeichnete Antisemitismus als »Krebsgeschwür für die freie Gesellschaft«. Es brauche eine Kultur des Hinschauens.
Dass Spaenle »Beauftragter für Jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe« der bayerischen Staatsregierung wird, ist seit Tagen klar. Am vergangenen Dienstag hatte Söder die Personalie per Twitter bestätigt. An diesem Dienstag soll sie in der Kabinettssitzung endgültig beschlossen werden.
Gründung Bereits am Wochenende hatte CSU- Generalsekretär Markus Blume in München bekannt gegeben, dass es künftig ein »jüdisches Forum« in der Christlich-Sozialen Union geben werde. Dies solle jüdischen Mitgliedern und jüdischen Themen in der Parteiarbeit mehr Gewicht verschaffen, so Blume.
»Ich bin sehr froh über diese Aktivität, weil sie an der Basis der Partei entstanden ist«, erklärte der Generalsekretär in München. Die Idee für das Forum »entspringt einer festen Grundüberzeugung, die in der CSU immer schon verankert war, dass das Judentum in Bayern Teil unserer Leitkultur ist«.
Zu der Gründung des Jüdischen Forums sagte Andre Freud, Hauptgeschäftsführer der Israelitischen Kultusgemeinde in Nürnberg und Mitglied im Nürnberger CSU-Bezirksvorstand: »Juden wollen Verantwortung für Bayern übernehmen. Das Forum ist aber auch ein klares Bekenntnis der CSU gegen Ausgrenzung und Antisemitismus.«
In der Gründungspräambel des Forums heißt es: »Das Judentum in Bayern ist Teil unserer Leitkultur. Der Kampf gegen alten und neuen Antisemitismus in unserem Land gehört zur Grundhaltung der CSU.« Dem Forum können auch Nicht-Juden sowie Nicht-CSU-Mitglieder beitreten.
Hass Ebenfalls am Wochenende hatte Landesjustizminister Winfried Bausback (CSU) angekündigt, antisemitische Hetze im Internet unter Strafe zu stellen und künftig härter zu bestrafen. Dies gelte insbesondere bei judenfeindlichem Hass, der im Internet vom Ausland aus verbreitet wird.
»Die Strafverfolgungsbehörden brauchen die passenden Gesetze, um diese abscheulichen Straftaten effektiv verfolgen zu können«, sagte Bausback. Seinen Worten zufolge gebe es beim Straftatbestand der Volksverhetzung und beim Verbreiten von Propagandamitteln mit antisemitischem Inhalt »im geltenden Recht gefährliche Strafbarkeitslücken, die der Bund schleunigst schließen muss«. epd/ja