Für die Schweizer Parlamentarierin Samira Marti scheint klar: »Dem Aushungern als Kriegswaffe kann man nicht tatenlos zuschauen.« Deshalb appellierte die SP-Politikerin am Dienstag an die anderen Schweizer Parteien und forderte gemeinsam mit den Grünen eine außerordentliche Session des Parlaments, um die humanitäre Lage in Gaza auf die politische Agenda zu setzen. Diese außerordentliche Session sei ein Aufruf an alle: »Es ist Zeit, zu handeln – wer wegschaut, macht sich mitschuldig», sagte Marti am Dienstag gegenüber der Schweizer Tageszeitung »Blick«.
Wie bereits zahlreiche SP-Politikerinnen und Politiker vor ihr will Marti den »mutmaßlichen Genozid in Gaza« auf die politische Agenda setzen und kritisiert dabei die Haltung des Schweizer Bundesrats: Dieser verurteilt zwar allfällige Verletzungen des humanitären Völkerrechts, lehnt aber in seiner Stellungnahme die konkreten Forderungen von SP und Grünen ab.
Maßnahmen zur Umsetzung des humanitären Völkerrechts
Darum ist die Co-Fraktionschefin der SP im Schweizer Bundeshaus führend daran beteiligt, konkrete Maßnahmen zur Umsetzung des humanitären Völkerrechts – insbesondere des Genfer Abkommens, Artikel 1 – zu beraten und sicherzustellen. Dieser Artikel besagt: «Die hohen Vertragsparteien verpflichten sich, das vorliegende Abkommen unter allen Umständen einzuhalten und seine Einhaltung durchzusetzen.»
Vor diesem Hintergrund fordert Marti von der Schweizer Regierung fünf konkrete Maßnahmen, darunter die Einhaltung des humanitären Völkerrechts und den Schutz der Zivilbevölkerung. Nach Parlamentsordnung ist eine solche Session möglich, wenn ein Viertel der Ratsmitglieder sie verlangt. Im Nationalrat wären das 50 von 200 Mitgliedern. SP (41 Sitze) und Grüne (26 Sitze) erfüllen diese Voraussetzung.
SP engagiert sich stark zu Gaza
Samira Martis Forderung nach einer außerordentlichen Session des Parlaments zur Krise in Gaza fügt sich in das bisherige Engagement der SP in der Palästina-Frage ein: Im Rahmen der Frühjahrssession 2025 reichten drei SP-Parlamentarierinnen und Parlamentarier – Valérie Piller Carrard, Jean Tschopp und Fabian Molina – je eine Interpellation ein. Sie fordern darin eine klare Positionierung des Bundesrates zur humanitären Krise in Gaza – einschließlich eines sofortigen Einsatzes zur Beendigung der Kämpfe
Auch der Streit um die UNRWA-Zahlungen machte in Bern die Spannungen zwischen humanitärer Verpflichtung und politischen Entscheidungen deutlich. Bereits im Herbst 2024 hatte der Nationalrat beschlossen, künftige Zahlungen an das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA einzustellen. Der Entscheid wurde damals mit 99 zu 88 Stimmen bei sieben Enthaltungen gefällt, und richtete sich gegen die links-grünen Parteien.
Neben direkten Interpellationen und parlamentarischen Entscheidungen betonte die SP immer wieder die Verantwortung der Schweiz als Depositarstaat der Genfer Konventionen. Im Mai 2025 wandte sich die SP in einem Aufruf explizit an den Bundesrat und forderte eine deutlichere Verurteilung von Menschenrechtsverletzungen und eine umfassendere Unterstützung der humanitären Hilfe – insbesondere durch die UNRWA.
Samira Martis Vorstoß der außerordentlichen Session als Instrument ist ein Versuch, diese Diskussion erneut ins politische Zentrum zu rücken – ob mit direkter politischer Wirkung wird sich zeigen.