Justiz

Letzte Worte der Überlebenden im Prozess um Halle-Anschlag

Zeugin des antisemitischen Anschlags: Christina Feist Foto: picture alliance/dpa

Wenige Tage vor der geplanten Urteilsverkündung im Prozess um den antisemitischen Anschlag von Halle kommen ein letztes Mal die Überlebenden zu Wort. Dabei werden vor dem Oberlandesgericht (OLG) Naumburg die Schlussvorträge der Anwälte von weiteren Besuchern aus der Synagoge und einem Gast aus dem Döner-Imbiss erwartet.

Außerdem soll am Dienstag unter anderem die Vertretung zweier Polizisten plädieren, die den Attentäter bei einem Schusswechsel am Hals getroffen und damit nach dessen Aussage entscheidend geschwächt hatten.

RÜCKBLICK Am 9. Oktober 2019 hatte ein Terrorist versucht, 51 Menschen zu töten, die in der Synagoge von Halle Jom Kippur feierten. Er scheiterte an der massiven Tür, erschoss daraufhin die Passantin Jana L. und später in einem Döner-Imbiss Kevin S.. Auf der anschließenden Flucht lieferte er sich unter anderem einen Schusswechsel mit der Polizei und schoss später noch zwei Menschen an.

Am Dienstag soll die Nebenklägerin Christina Feist das Wort bekommen.

Der Prozess am OLG Naumburg läuft seit Juli, findet aus Platzgründen aber in Magdeburg statt. Der Deutsche Stephan B. hat die Taten gestanden und mit antisemitischen, rassistischen und antifeministischen Verschwörungserzählungen begründet.

Unter anderem Ismet Tekin, ein Überlebender vom Tatort Döner-Imbiss, hatte sich bei den Plädoyers der Nebenklage-Anwälte selbst zu Wort gemeldet und dem Gericht für die Gelegenheit gedankt, am Prozess so aktiv teilnehmen zu können. Am Dienstag soll die Nebenklägerin Christina Feist das Wort bekommen.

KRITIK Die Philosophin hatte den Anschlag in der Synagoge überlebt. Feist hatte den Prozess an den meisten Tagen im Saal verfolgt und sich als Zeugin vor Gericht sowie als Rednerin auf zahlreichen Kundgebungen und in der Presse zum 9. Oktober geäußert und dabei vor allem das Verhalten der Polizei immer wieder heftig kritisiert. Diese habe sich unsensibel, unprofessionell und respektlos gegenüber der jüdischen Liturgie verhalten, hatte Freist kritisiert.

Die Polizei habe sich unsensibel, unprofessionell und respektlos gegenüber der jüdischen Liturgie verhalten, hatte Freist kritisiert.

Fest war Teil einer Berliner Gruppe junger Menschen gewesen, die den höchsten jüdischen Feiertag bewusst in einer kleinen Gemeinde hatte begehen wollen. Mit ihrem Besuch in der Synagoge von Halle hatten sie das jüdische Leben in der kleinen Gemeinde mit überwiegend älteren Betern beleben wollen. Die meisten davon waren Studenten, viele waren erst Monate vorher aus den USA nach Deutschland gezogen.

Die gebürtige Österreicherin Feist hatte unter anderem kritisiert, dass die Polizei die Überlebenden erst nach Stunden aus der Synagoge gebracht hatte. Die Beamten hätten zunächst nicht erlaubt, das vorbereitete koschere Essen mitzunehmen.

SCHUTZ Dass die Behörden den Juden als Seelsorgerin eine Nonne schickten, sei ebenso unsensibel gewesen wie die Evakuierung in einem normalen Linienbus, der keinen Schutz vor den Blicken und Kameras der Presse geboten hatte. Der Bus hatte die Beter in das Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle gebracht. Erst dort, sagten viele aus der Berliner Gruppe aus, hätten sie sich gut behandelt gefühlt.

Mit einem Urteil wird am 21. Dezember gerechnet.

Die Bundesanwaltschaft hatte in ihrem mehrstündigen Plädoyer die Höchststrafe gefordert: Lebenslange Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Dem haben sich die Anwälte der Nebenklage in den bisherigen Schlussvorträgen angeschlossen.

Am Mittwoch soll dann die Verteidigung plädieren und der Angeklagte sein letztes Wort bekommen. Mit einem Urteil wird am 21. Dezember gerechnet.

Brüssel

Genozid-Debatte: EU-Kommission distanziert sich von Ribera

Die Europäische Kommission will sich die Einschätzung ihrer spanischen Vizepräsidentin nicht zu eigen machen, wonach Israel einen Genozid an den Palästinensern verübe

 05.09.2025

Schweden

Jazz-Musiker David Hermlin wirft Festival Cancelling vor

Der Musiker habe auf einem Swing-Festival propalästinensischen Aktivisten Fragen gestellt. Plötzlich sei ihm »Einschüchterung« vorgeworfen worden

 05.09.2025

Besuch

Neue Schulpartnerschaften zwischen Israel und Hessen

Solidarität in schwierigen Zeiten: Hessens Bildungsminister Schwarz besucht Israel und vereinbart mit seinem dortigen Amtskollegen eine neue Kooperation

von Matthias Jöran Berntsen  05.09.2025

Bericht

Senat: Rund 200 Hamas-Aktivisten in Berlin

Der ebenfalls als terroristische Organisation eingestuften »Volksfront zur Befreiung Palästinas« (PFLP) würden rund 30 Personen zugerechnet

 05.09.2025

München

Israelische Konsulin warnt vor wachsendem Judenhass

»Da wünsche ich mir mehr Haltung«, sagt Talya Lador-Fresher

 05.09.2025

Frankfurt am Main

Vor 80 Jahren: Erster Gottesdienst in Westendsynagoge

Ein Besuch in der größten Synagoge der Stadt und ein Gespräch über Verbundenheit sowie den 7. Oktober

von Leticia Witte  05.09.2025

Paris

EU-Kommissionsvize greift Israel scharf an

Teresa Ribera spricht bei einem Votrag in Zusammenhang mit dem Vorgehen des jüdischen Staates gegen den Terror in Gaza von einem »Genozid«

 05.09.2025

Diplomatie

Israel: Kein Macron-Besuch ohne Kurswechsel Frankreichs

Warum Staatspräsident Macron in Israel derzeit offiziell unerwünscht ist

 04.09.2025

Ferdinand von Schirach

»Sie werden von mir kein Wort gegen Israel hören«

Der Jurist und Schriftsteller war zu Gast bei Markus Lanz - es war eine in mehrfacher Hinsicht bemerkenswerte Sendung

von Michael Thaidigsmann  04.09.2025