Die OSZE ruft ihre Mitgliedsstaaten zum verstärkten Kampf gegen antisemitisch motivierte Hassverbrechen auf. Am Montag veröffentlichte das OSZE-Büro für Demokratische Institutionen und Menschenrechte (ODIHR) in Berlin einen entsprechenden Leitfaden.
Einer der Schwerpunkte der Publikation sind zehn Maßnahmen, die die Autoren den Regierungen der 57 Mitgliedsstaaten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) empfehlen.
Attacken Die tödlichen Attacken auf jüdische Einrichtungen in den vergangenen Jahren in Toulouse, Brüssel, Paris oder Kopenhagen zeigten auf dramatische Weise die Notwendigkeit für mehr Einsatz gegen Antisemitismus, hieß es. Die Angriffe hätten eine nachhaltige Verunsicherung innerhalb der jüdischen Gemeinden verursacht, sagte der ODIHR-Direktor Michael Georg Link.
Bei einem anschließenden Podiumsgespräch dankte Zentralratsvizepräsident Abraham Lehrer der Bundesregierung ausdrücklich für ihre finanzielle Unterstützung der Arbeit von ODIHR. Er begrüße es, dass das Problem des Antisemitismus von den Regierungen mittlerweile nicht nur offiziell anerkannt werde, sondern dass bei seiner Bekämpfung die jüdischen Gemeinden aktiv einbezogen würden.
Der ODIHR-Leitfaden gibt Ratschläge, wie sich antisemitische Straftaten als solche erkennen lassen und wie Vorfälle zu registrieren und zu dokumentieren sind. Die Staaten werden zudem aufgefordert, das Bewusstsein für das Problem des Antisemitismus zu stärken. Auch solle eine Verschärfung von Sicherheitsmaßnahmen zum Schutz jüdischer Gemeinden und Einrichtungen in Betracht gezogen werden, heißt es in dem Bericht.
Man müsse die Bedrohungslage ernst nehmen, betonte Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke) bei der Veröffentlichung des Leitfadens. »Es geht uns alle an, wenn einzelne Menschen in Angst und Schrecken leben müssen.« Sie beklagte unter anderem, dass nur ein Bruchteil der antisemitischen Verbrechen in Europa angezeigt würden.
Sicherheit Ähnlich äußerte sich der Sonderbeauftragte für den deutschen OSZE-Vorsitz 2016, Gernot Erler (SPD). Es sei die vorrangige Aufgabe des Staates und der Regierung, die Sicherheit jüdischer Gemeinden zu gewährleisten, sagte Erler. Er hoffe, dass der Leitfaden dazu beitragen werde, die derzeitige Situation zu verbessern.
Erler verwies auf den Abschlussbericht des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus im Bundestag, der Ende April vorgestellt wurde. Darin kommen die Autoren unter anderem zu dem Schluss, dass in Umfragen rund 40 Prozent der Menschen in Deutschland einen israelbezogenen Antisemitismus äußern, der die politischen Entscheidungen des Staates Israel per se als jüdisches Handeln kritisiert. Zugenommen hätten zudem antisemitische Äußerungen im Internet und den sozialen Medien.
Der OSZE-Leitfaden »Antisemitische Hassverbrechen begegnen – jüdische Gemeinden schützen« wurde im Rahmen des Projektes »Taten statt Worte gegen Antisemitismus« entwickelt. Das Projekt wurde 2016 während des deutschen OSZE-Vorsitzes initiiert und wird von der Bundesregierung gefördert. epd/ag
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