Die Gründung des Zentralrats der Juden in Deutschland vor 75 Jahren ist nach Worten von Kulturstaatsminister Wolfram Weimer »ein Wunder der deutschen Geschichte«. Die Stimme des Zentralrats sei unersetzlich, erklärte Weimer am Freitag in Berlin. Seit seiner Gründung habe der Dachverband entscheidend dazu beigetragen, dass Deutschland heute wieder die Heimat vieler Jüdinnen und Juden sei. »Wer glaubt, jüdisches Leben sei ein historisches Anhängsel, hat weder unsere Vergangenheit verstanden noch unsere Gegenwart begriffen.« Der Zentralrat sei heute auch »ein moralischer Seismograf für unser demokratisches Selbstverständnis«.
Normalisierung antisemitischer Denkmuster
Angesichts einer stark gestiegenen Zahl judenfeindlicher Delikte und Vorfälle betonte Weimer: »Antisemitismus ist keine Randnotiz - er ist eine Gefahr für unsere offene Gesellschaft.« Deutschland erlebe derzeit eine gefährliche Normalisierung antisemitischer Denkmuster. Ob auf Konzertbühnen, in Ausstellungen oder im Internet - Angriffe auf jüdisches Leben würden »teils direkter, manchmal subtiler, aber definitiv nicht harmloser«. Weimer kündigte an, antisemitischen Tendenzen in Kultur und Medien entschlossen entgegenzutreten.
»Jüdisches Leben ist kein Gnadenakt«
»Jüdisches Leben ist kein Gnadenakt, sondern ein zentraler Bestandteil unserer Gesellschaft. Wer jüdisches Leben in Deutschland angreift, greift unsere Republik an. Wer es schützt, schützt unsere Freiheit«, stellte der Kulturstaatsminister klar.
Der Zentralrat war fünf Jahre nach dem Ende der Schoah in Frankfurt am Main gegründet worden - als Interessenvertretung für die Übergangszeit bis zur Ausreise von überlebenden Jüdinnen und Juden aus Deutschland. »Heute ist der Zentralrat die politische, religiöse und gesellschaftliche Vertretung der Interessen der Jüdinnen und Juden in Deutschland«, sagte Schuster kürzlich der Katholischen Nachrichten-Agentur. Der mittlerweile in Berlin angesiedelte Dachverband hat aktuell 105 Gemeinden mit etwa 100.000 Mitgliedern. kna