Ali Ertan Toprak

Kriegserklärung an den Westen

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat schon vor Jahren einseitig den kulturellen Krieg gegen den Westen erklärt. Nur ignoriert der Westen diese Realität bisher beharrlich aus Feigheit oder Opportunismus. Die neuerliche türkische Entscheidung der Umwandlung der Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee ist keineswegs nur eine Provokation. Es ist Erdogans erneute Unterstreichung einer kulturellen Kriegserklärung an die westliche Welt.

Und die richtet sich nicht nur gegen Christen, sondern auch und vor allem gegen Juden und den Staat Israel. Nicht umsonst hat Erdoğan in seiner ersten Erklärung zur aktuellen Entscheidung gesagt, dass diese »Wiederbelebung« die Befreiung der Al-Aqsa-Moschee in Jerusalem einläuten solle.

ISRAEL Die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee hat eine politische Botschaft: Es geht Erdoğan um eine Machtdemonstration und symbolische Erniedrigung des Westens und um eine Drohung in Richtung Israel. Die Umweihung der sehr symbolträchtigen Hagia Sophia ist der Startschuss zur Wiedererrichtung des Osmanischen Kalifats.

Die Umwandlung der Hagia Sophia in eine Moschee hat eine politische Botschaft.

Wenn die Welt weiter zuschaut, wird Erdoğan seine Expansionspolitik endlos fortsetzen. Das tut er gerade faktisch unwidersprochen in Syrien, Kurdistan, Libyen und in griechisch-zypriotischen Gewässern. Erdoğan rückt Israel aus allen Himmelsrichtungen näher. In naher Zukunft wird Erdoğan für Israel vermutlich noch gefährlicher und bedrohlicher sein als der Iran.

APPEASEMENT Im Westen drischt man gerne auf Trump ein, aber Deutschland und Europa tragen eine Mitschuld. Der EU-Türkei-Deal hat nichts bewirkt. Es ist absurd, die türkische Regierung mit Milliarden an Steuergeldern zu unterstützen, obwohl sie uns verachtet, ständig erpresst und bedroht. Ich bin immer wieder sprachlos, wie tatenlos und schwach Europa gegen Erdoğan auftritt. Spätestens diese Woche hätten die Außenminister der EU-Länder ihn gemeinsam in die Schranken weisen müssen. Die NATO-Mitgliedschaft der Türkei müsste sofort infrage gestellt werden. Der türkische Präsident versteht nur klare Botschaften – ihm müssen die Konsequenzen klar gemacht werden.

Deutschland sollte die EU-Ratspräsidentschaft nutzen, um Präsident Erdoğan endlich die Grenzen aufzuzeigen

Diese »Appeasement-Politik« muss ein Ende haben, wir benötigen eine aktive werteorientierte Türkeipolitik. Daher sollte die deutsche EU-Ratspräsidentschaft für den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei genutzt werden. Wir müssen uns endlich ehrlich eingestehen: Die Türkei wird nicht EU-Mitglied werden, schon gar nicht unter Erdoğan! Außerdem müssen wir den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte in die Türkei beschließen. Wenn nicht schon die Vertreibung und Vernichtung der Kurden und anderer Minderheiten im Nahen Osten uns dazu veranlasst, sollte man doch allerspätestens reagieren, wenn sich diese Waffen gegen uns richten.

SELBSTERHALTUNG Auf Frankreich wurden im libyschen Meer erst vor wenigen Wochen türkische Waffen gerichtet, Griechenland muss dieses Spielchen schon seit Jahren über sich ergehen lassen. Wenn der Westen schon nicht bereit ist, eigene Werte zu verteidigen, sollte sie doch mittlerweile aus Selbsterhaltungstrieb heraus endlich konsequent sein. Was soll noch passieren? Muss Erdoğan mit einem Selbstmordgürtel beim NATO-Treffen erscheinen, damit der Westen endlich kapiert, was Erdogan beabsichtigt?

Der Autor ist CDU-Politiker und Präsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände (Bagiv).

Deutschland

Rechtsextremismus beunruhigt Deutsche stärker als Zuwanderer

Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu, während die Angst vor Rechtsextremismus bei Deutschen ohne Migrationshintergrund besonders hoch ist. Was verrät die neue KAS-Studie noch?

 09.12.2025

Medien

Äußerst ungewöhnlicher Schritt: Irans Staatssender gesteht Fehler bei Kriegsberichterstattung ein

Nach dem Krieg gegen Israel gesteht der Präsident des iranischen Staatssenders eine Falschmeldung ein. Die Hintergründe

 09.12.2025

Umfrage

KAS-Studie: Antisemitische Vorurteile nehmen bei Türkeistämmigen zu

Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat eine neue Studie zum Zusammenleben in der Einwanderungsgesellschaft vorgelegt. Dabei wurden auch Einstellungen zu Juden abgefragt

 09.12.2025

Naher Osten

Bericht: Keine Rolle für Tony Blair bei Gaza-Friedensrat

Anstelle Blairs ist der bulgarische Diplomat und ehemalige Nahostgesandte Nickolay Mladenov im Gespräch, wie die »Financial Times« vermeldete

 09.12.2025

Frankfurt am Main

Lufthansa Cargo stoppt Militärtransporte nach Israel

Während die politischen Beziehungen zwischen Berlin und Jerusalem eine Annäherung erleben, ist dies im Luftfahrt-Bereich nicht der Fall. Warum?

 08.12.2025

Berlin

Presseschau zum Israel-Besuch von Kanzler Friedrich Merz

Wie bewerten deutsche Leit- und Regionalmedien Merz‘ Antrittsbesuch bei Ministerpräsident Benjamin Netanjahu?

 08.12.2025

Toronto

Miriam Mattova aus Uber geworfen, weil sie Jüdin ist

»Was passiert ist, ist nicht nur ein unangenehmer Moment. Es ist eine Erinnerung daran, warum es wichtig ist, sich zu äußern«, sagt das Model

 08.12.2025

Gaza

Wie die Hamas Hilfsorganisationen gefügig machte

Einer Auswertung von »NGO Monitor« zufolge konnten ausländische Organisationen in Gaza nur Hilsprojekte durchführen, wenn sie sich der Kontrolle durch die Hamas unterwarfen

von Michael Thaidigsmann  08.12.2025

Jerusalem

Ein neuer Sound?

Unterwegs mit Bundeskanzler Friedrich Merz bei seiner Antrittsreise in Israel

von Philipp Peyman Engel  07.12.2025