Ein »deutliches Signal« sieht Charlotte Knobloch in der emotional vorgetragenen Rede von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) am Montagabend in der Münchner Synagoge Reichenbachstraße. Die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern sagte am Dienstag, Merz habe zur Wiedereröffnung der restaurierten Synagoge in unmissverständlichen Worten dem Antisemitismus in Deutschland den Kampf angesagt. »Mit seinem bewegten und bewegenden Vortrag hat er ein deutliches Signal gesendet, auch an die jüdische Gemeinschaft, die auf eine klare Positionierung der Politik angewiesen bleibt.«
Knobloch ergänzte: »Solche Klarheit wünsche ich mir auch und weiterhin in der konkreten politischen Arbeit der Bundesregierung gegen den wachsenden Judenhass und, damit verbunden, in der guten Zusammenarbeit mit dem jüdischen Staat Israel.« Beide Fragen seien entscheidend dafür, dass jüdische Menschen in Deutschland in Zukunft sicher und frei leben könnten.
Merz rang mit den Tränen
Bei der Zeremonie zur Wiedereröffnung der Synagoge hatte der Bundeskanzler zeitweise mit den Tränen gerungen. »Wir erleben seit dem 7. Oktober - Sie erleben seitdem - eine neue Welle des Antisemitismus - im alten und in neuem Gewand; unverhohlen und dürftig versteckt; in Worten und in Taten; in den sozialen Medien, an den Universitäten, im öffentlichen Raum«, so Merz. »Ich möchte Ihnen sagen, wie sehr mich das beschämt - als Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, aber auch als Deutscher; als Kind der Nachkriegsgeneration, das aufgewachsen ist mit dem ›Nie wieder‹ als Auftrag, als Pflicht, als Versprechen.«
Der Bundeskanzler betonte: »Ich sage deshalb von dieser Stelle aus jeder Form des alten und des neuen Antisemitismus in Deutschland namens der gesamten Bundesregierung der Bundesrepublik Deutschland den Kampf an - politisch ohnehin, aber auch strafrechtlich und in jedweder gesetzgeberischen Form, die uns möglich ist und die notwendig sein sollte.« Man werde Antisemitismus auch im Gewand der vermeintlichen Freiheit der Kunst, der Kultur und der Wissenschaft nicht dulden.
Von den Nazis verwüstet
Die ursprünglich 1931 eröffnete Synagoge an der Reichenbachstraße im Münchner Stadtteil Isarvorstadt war 1938 von den Nazis verwüstet und nach dem Zweiten Weltkrieg nur notdürftig instand gesetzt worden. Seit 2006 war das jüdische Gotteshaus außer Betrieb und verfiel. Die Publizistin Rachel Salamander und der Rechtsanwalt Ron Jakubowicz gründeten später den Verein Synagoge Reichenbachstraße, um den Bau denkmalgerecht wiederherzustellen, der als weltweit einmaliges kunstgeschichtliches Zeugnis jüdischer Moderne gilt. Die Restaurierung kostete rund 14 Millionen Euro; je 30 Prozent kamen von der Stadt, dem Land und dem Bund, 10 Prozent übernahm der Verein.