Meinung

Kirchliches Appeasement im Iran

Doron Kiesel Foto: Marco Limberg

Eine Delegation der Frankfurter evangelischen Kirche hat sich vor wenigen Tagen entschieden, eine Reise in den Iran anzutreten. Dies wäre sicherlich keine Meldung wert, wäre der Iran nicht ein Staat, dessen politische Führer den jüdischen Staat vernichten wollen, politische Widersacher verfolgen oder töten und Frauen steinigen lassen, die sich aus Sicht der iranischen Revolutionswächter den moralischen Vorschriften des Islam nicht unterordnen.

Die Führung des Iran unterstützt den syrischen Machthaber Assad, der für die Tötung Hunderttausender und die Vertreibung von Millionen von Syrern aus ihrer Heimat verantwortlich ist. Als wäre all dies noch nicht genug, rüstet der Iran die aus dem Libanon heraus agierende Hisbollah-Miliz auf, die sich mit hasserfüllter Ideologie das Ziel gesetzt hat, Israel militärisch zu bezwingen.

Motiv Mehrere Mitglieder der Delegation sind in den christlich-jüdischen Dialog involviert, scheinen aber in der Fahrt in den Iran keinen Widerspruch dazu zu erkennen. Das öffentlich erklärte Motiv dieser Reise liegt im Kennenlernen christlicher Gemeinden.

Diese Form kirchlicher Appeasementpolitik dient jedoch dem Regime des Iran. Während die Delegation an die nachhaltige Wirkung »ernster Gespräche« mit Vertretern der islamischen Diktatur glauben mag, interpretieren die Mullahs solche Besuche als Anerkennung ihrer Politik. Solche Reisegruppen spielen also das Spiel der Mächtigen mit.

Die Selbstverleugnung gipfelt in dem haltlosen und naiven Argument, man tue all dies im Sinne der Unterdrückten. In dieser zynischen Inszenierung tummeln sich reisefreudige Helden, die am Ende des Tages auch noch glauben machen, sie hätten etwas bewirkt. Diese Spielart eines selbstgefälligen Protestantismus benötigen wir nicht. Beruhigend ist gleichwohl, dass es eine ganze Reihe protestantischer Theologen und Theologinnen gibt, die sich von solchen Inszenierungen nicht blenden lassen. Doch meine Sorge bleibt: Mögen wir niemals von solchen begegnungswütigen und es vor allem mit sich selbst gut meinenden kirchlichen Aktivisten abhängig sein. Gott bewahre!

Der Autor ist Direktor der Bildungsabteilung im Zentralrat der Juden.

Interview

»Die Genozid-Rhetorik hat eine unglaubliche Sprengkraft«

Der Terrorismusforscher Peter Neumann über die Bedrohungslage für Juden nach dem Massaker von Sydney und die potenziellen Auswirkungen extremer Israel-Kritik

von Michael Thaidigsmann  16.12.2025

Wirtschaft

Hightech-Land Israel: Reiche sieht Potenzial für Kooperation

Deutschland hat eine starke Industrie, Israel viele junge Start-ups. Wie lassen sich beide Seiten noch besser zusammenbringen? Darum geht es bei der Reise der Bundeswirtschaftsministerin

 16.12.2025

Meinung

Der Stolz der australischen Juden ist ungebrochen

Der Terroranschlag von Sydney hat die jüdische Gemeinschaft des Landes erschüttert, aber resigniert oder verbittert ist sie nicht. Es bleibt zu hoffen, dass die Regierung künftig mehr für ihren Schutz tut

von Daniel Botmann  16.12.2025

IS-Gruppen

Attentäter von Sydney sollen auf den Philippinen trainiert worden sein

Die Hintergründe

 16.12.2025

Hamburg

Mutmaßlicher Entführer: Mussten im Block-Hotel nichts zahlen

Der israelische Chef einer Sicherheitsfirma, der die Entführung der Block-Kinder organisiert haben soll, sagt im Gericht aus. Die Richterin will wissen: Wer zahlte für die Unterbringung im Luxushotel der Familie?

 16.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Anschlag geplant? 21-Jähriger reiste legal ein

Mit einem Visum kam er nach Deutschland, dann informierte er sich über Waffen und glorifizierte Anschläge. Zu dem in Vorbereitungshaft genommenen Mann werden Details bekannt

 16.12.2025

Sydney

Jüdisches Ehepaar stirbt beim Versuch, einen der Angreifer zu stoppen

Boris und Sofia Gurman versuchten, das Massaker vom Bondi Beach zu verhindern, und bezahlten dafür mit ihrem Leben

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025