Erinnerung

»Umgebracht in einer einzigen Nacht«

Foto: Jacob Schröter

Bundesratspräsident Bodo Ramelow (Linke) hat der im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma gedacht. Bei einer Gedenkzeremonie zum Europäischen Holocaust-Gedenktag für Sinti und Roma in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau betonte der Thüringer Ministerpräsident am Dienstag: »Genau wie Juden und andere Minderheiten wurden Sinti und Roma bis in den Tod verfolgt, weil eine rassistische Ideologie ihnen das Recht zu leben absprach.«

Ramelow war den Angaben zufolge der erste deutsche Bundesratspräsident, der in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau eine Rede hielt.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Den wieder erstarkenden Antiziganismus zu ächten, müsse für alle Europäer gerade dort ein vorrangiges Ziel sein, wo der Opfer des Holocaust gedacht werde, sagte der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, in Auschwitz. Nicht nur die europäische Politik, sondern alle Menschen müssten sich der Diskriminierung entgegenstellen und das Verständnis von Gleichheit und Recht, das für alle Menschen gültig sein müsse, durchsetzen.

Zugleich erinnerte Rose an jene Sinti und Roma, die in der Ukraine für die Verteidigung ihrer Heimat und gegen die russische Invasion kämpften. Trotz allem würden Roma in der Ukraine weiterhin ausgegrenzt und diskriminiert.

Der 1944 im Ghetto von Lublin geborene Sinto Christian Pfeil schilderte bei der Gedenkveranstaltung die Ängste seines Vaters, der nach 1945 in seine Heimatstadt Trier zurückgekehrt sei. Behördengänge habe dieser nie ohne seinen Krückstock erledigt.

Er habe sich zur Not verteidigen können wollen gegen die Menschen, die ihn in der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt hätten »und jetzt in den Ämtern saßen«. Diese Menschen hätten über die Bewilligung seiner Anträge entschieden. Die heutige Jugend rief Pfeil dazu auf, sich stark zu machen für Demokratie und Antiziganismus, Antisemitismus und Rassismus. Dafür brauche es Mut.

Im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau waren am 2. August 1944 rund 4300 Sinti und Roma von der SS ermordet worden. »Kinder, Frauen und Männer - umgebracht in einer einzigen Nacht«, sagte Ramelow. Insgesamt wurden während der NS-Diktatur eine halbe Million Sinti und Roma ermordet.

Der thüringische Ministerpräsident verwies darauf, dass die Wurzeln des Rassismus tief reichten. »Er beginnt, wo Menschen unfähig sind, mit denen zusammenzuleben, die als anders empfunden werden«, sagte Ramelow und fügte hinzu: »Rassismus ist eine Form der Ausgrenzung, die stets zu Gewalt führt und im Nationalsozialismus als Staatsverbrechen organisiert wurde.«

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Mit Blick auf die Behandlung von Sinti und Roma nach der NS-Zeit sprach der Bundesratspräsident von einer »zweiten Verfolgung«, die aufgearbeitet werden müsse. Nötig sei mehr Forschungsinteresse an dem Thema.

»Sinti und Roma leben sei über 1000 Jahren unter uns und mit uns«, betonte Ramelow. Dennoch gebe es viel zu wenig Literatur, Film- und Fernsehbeiträge über die Geschichte, Kultur und Lebenswirklichkeit der Sinti und Roma, der Jenischen und anderer Minderheiten in Deutschland und Europa.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Auch die Erinnerungskultur müsse umfassender werden, forderte Ramelow. Er sprach sich für den Erhalt und die Pflege der Grabstätten NS-verfolgter Sinti und Roma aus. Auch an Schulen und anderen Bildungseinrichtungen müsse das Interesse an der Minderheit ankommen.

Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg mahnte der Bundesratspräsident besonders hinzuschauen, »wie alle Beteiligen während des Krieges gegen die Ukraine mit den Roma und anderen Minderheiten umgehen«. Der Krieg dürfe nicht als Vorwand für eine Vertreibung der Roma aus der Ukraine dienen.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Bei der internationalen Gedenkfeier legte Ramelow den Angaben zufolge auch einen Kranz für alle Opfer des Vernichtungslagers nieder. Neben dem Bundesratspräsidenten waren unter anderen die EU-Kommissarin für Gleichstellung, Helena Dalli, der Holocaustüberlebende Christian Pfeil, der Vorsitzende des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, Romani Rose, sowie der Vorsitzende des Verbandes der Roma in Polen, Roman Kwiatkowski, als Gäste geladen. kna/epd/ja

Lesen Sie mehr zum Thema in unserer nächsten Printausgabe am Donnerstag.

Interview

»Ich stehe zur Verfügung«

Felix Klein über seine künftigen Vorhaben, Erfolge und Misserfolge im Kampf gegen Judenhass sowie die umstrittene Antisemitismus-Konferenz in Jerusalem

von Nils Kottmann  18.03.2025

Meinung

Jürgen Trittin verharmlost den NS-Terror

Der Ex-Bundesumweltminister stellt Donald Trump auf eine Stufe mit den Nazis. Das ist völlig daneben

von Michael Thaidigsmann  18.03.2025

New York

Annalena Baerbock soll Präsidentin der UN-Generalversammlung werden

Nach der Bundestagswahl hatte Außenministerin Annalena Baerbock erklärt, sie wolle einen Gang zurückschalten. Nun ist klar: Die Grünen-Politikerin will auf einen Posten nach New York wechseln

 18.03.2025

Oberschleißheim/München

NS-Raubgut? »Wissenschafts-Krimi« um altes Militärflugzeug

Deutsche und niederländische Forscher untersuchen ein verdächtiges Militärflugzeug aus der Flugwerft Schleißheim. Ist es Nazi-Raubgut? Oder ein Geschenk für einen Kriegsverbrecher?

von Britta Schultejans  18.03.2025

USA

US-Regierung verteidigt Festnahme von Hamas-Unterstützer

Amerikanischen Medien zufolge sitzt der israelfeindliche Aktivist Machmud Chalil weiterhin ohne offizielle Anklage in Haft

 18.03.2025

Washington D.C./Paris

Trump-Sprecherin: Freiheitsstatue bleibt in den USA

Der französische Politiker Raphaël Glucksmann hatte die USA mehr oder weniger ernsthaft aufgefordert, die Freiheitsstatue zurückgeben

 18.03.2025

Jerusalem

Wegen Operation »Kraft und Schwert«: Ben Gvir wird wieder Teil der Regierung

Auch die anderen Minister der Partei Otzma Yehudit nehmen ihre Arbeit in der Koalition wieder auf

 18.03.2025

Washington D.C./Teheran

Trump droht Iran wegen Huthi

Das US-Militär greift seit dem Wochenende erneut Ziele der Terroristen im Jemen an. Die Wut des US-Präsidenten richtet sich auch gegen den Iran. Dessen Führung droht mit Gegenmaßnahmen

 18.03.2025

Buenos Aires

Gedenken an Anschlag auf israelische Botschaft

Vor 33 Jahren steuerte ein Selbstmordattentäter ein mit Sprengstoff beladenes Auto in die diplomatische Vertretung, 29 Menschen kamen ums Leben. Hinter dem Anschlag soll die Hisbollah gesteckt haben

 18.03.2025