Die große Koalition will die Wiedereinbürgerung von NS-Verfolgten und deren Nachfahren erleichtern, lehnt jedoch eine gesetzliche Regelung ab. Entsprechende Initiativen von FDP, Linken und Grünen scheiterten am Donnerstag im Bundestag an der Mehrheit von CDU/CSU und SPD.
Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg (CDU), erklärte, seit August letzten Jahres gebe es bereits zwei Erlasse, um alle schwierigen Einzelfälle zu regeln. Mit einem zusätzlichen Gesetz wären die Betroffenen »keinen Schritt weiter«. Dem widersprach die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt: Anders als ein Gesetz könne ein Erlass schnell wieder zurückgenommen werden, und einen Rechtsanspruch gebe es auch nicht. »Für NS-Verfolgte und ihre Nachfahren darf die Einbürgerung keine Bitte sein – es ist ihr gutes Recht.«
anspruch Für Juden und andere Verfolgte, die vor dem Nazi-Regime ins Ausland flohen und eine andere Staatsbürgerschaft annahmen, gab es über Jahrzehnte hinweg oft keinen Anspruch auf Wiedereinbürgerung. Grundgesetz-Artikel 116 sieht zwar eine Einbürgerung in Deutschland vor, wenn den Betroffenen ihre Staatsangehörigkeit zwischen 1933 und 1945 aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen wurde – doch in vielen Fällen wurden sie nicht formal ausgebürgert, sondern sie verloren die deutsche Staatsangehörigkeit durch die Annahme eines anderen Passes.
Aus Koalitionstreue stimmte auch die SPD gegen ein Gesetz für derartige Fälle, obwohl sie – im Gegensatz zu CDU und CSU – eine Regelung per Erlass eigentlich nicht für ausreichend hält. »Das Thema bleibt auf der Tagesordnung«, versicherte der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci. »Wir sind gewiss noch nicht am Ziel – darüber war in der Koalition aber keine Einigkeit zu erzielen.«